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Eine riskante Affäre (German Edition)

Eine riskante Affäre (German Edition)

Titel: Eine riskante Affäre (German Edition)
Autoren: Joanna Bourne
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zum Feiern? Riley, einer seiner Kapitäne, Herr über die Lively Dancer , war am Nachmittag ins Büro von Eaton Expediters gewankt und hatte ein Fass französischen Brandy sowie gute Neuigkeiten mitgebracht. Bei Tagesanbruch war Rileys Sohn just in dem Moment zur Welt gekommen, als der Mann bei Wapping den Anker setzte. Alle hatten ausgiebig auf den kleinen Thomas Francis Sebastian Riley angestoßen. Nachdem sie das Brandy-Fass im Reedereibüro geleert hatten, waren sie in die Schenke auf der gegenüberliegenden Straßenseite eingefallen – er, Riley, die Büroangestellten, ein Dutzend Schiffsoffiziere und ein paar völlig Fremde – und hatten ihr Zechgelage dort fortgesetzt. Nach dem, was Riley sagte, der sich fraglos mit Babys auskannte, war Thomas Francis Sebastian Riley ein lautstarkes, kräftiges Kerlchen. Baby Thomas Francis, armes Dingelchen, würde auch schreien müssen, was die Lungen hergaben, angesichts sechs älterer Schwestern. Ein paar Jahre, dann würde er wahrscheinlich weglaufen und zur See fahren.
    Ein schöner Tag. Ein herrlicher Tag. Mehr als Grund genug, um die Stimme zu erheben und die Katherine Lane mit einem Lied zu unterhalten.
    »Das sind die besten Austern, die dich jemals machten froh.
    Sonst kosten drei ’nen Penny, doch dir gebe ich sie so … «
    Er legte den Kopf in den Nacken und ließ sich den Regen ins Gesicht fallen. Himmel. Er war erst seit weniger als einer Woche aus dem stickigen, heißen Korfu und anderen östlich gelegenen Orten zurück. Die Kälte zog ihm die Gifte aus der Lunge. Es tat gut, Luft mit einem gewissen Gehalt zu atmen.
    Adrian sang schief und schlug im Rhythmus der Musik mit seinem Spazierstock gegen Lamellentüren und Fensterläden. Er war nicht betrunken. Adrian betrank sich niemals, nicht bei seinem Beruf. Nur konnte er überhaupt nicht singen.
    »Denn ich sehe, dass du Auuuuustern liebst.«
    Die Freudenhäuser waren Inseln der Wärme und der Lichter, die im Nebel schwebten. Oben im zweiten Stock lehnten sich ein paar dunkelhäutige Damen aus dem Fenster und ließen ihr langes, öliges Haar herabfallen. Die karminroten und gelben Gewänder über ihren Schultern stachen grell in diesen Straßen hervor. Die kleinen, dunklen Brüste lagen nackt auf den aufgestützten Armen und machten einen fröstelnden Eindruck. Wie krächzende Möwen riefen die Damen ihm im Vorbeigehen hinterher und boten sich an. Er winkte und sang weiter.
    »Haben Sie ein Zimmer, das gemütlich ist und frei,
    fürs hübsche Austernmädchen hier und mich ein Bett für zwei,
    wo feilschen können wir um diesen Korb voll Auuuuustern?«
    Unter ihm brandete die Straße hoch auf. Er ritt die Welle, ohne auch nur einmal ins Stolpern zu geraten. Das Klettern in der Takellage lehrte einen, sich auf den Beinen zu halten. Der Kapitän musste mit gutem Beispiel vorangehen. Adrian brauchte ihn nicht zu stützen. Und er brauchte auch nicht so zu grinsen.
    »Sie raubte meine Taschen aus und gleich schon war sie fort und ließ mich mit dem Korb voll … «
    Der angstvolle Schmerzensschrei einer Frau zerriss den Nebel.
    Er drang aus der schmalen Gasse dort drüben. Schlagartig waren alle Sinne Sebastians auf diesen einen Punkt fokussiert.
    Nebel bedeckte die Fassaden zu beiden Seiten der Straße. Scharfe, schwarze Ecken ragten aus dem Grau – ein schräg abfallendes Geländer, eine Stufe vor der Haustür, der Umriss eines Fensterladens. Aus einer Schenke in der Ferne drang der Lärm Betrunkener.
    Adrian trat zur Seite und machte sich kampfbereit. Wie ein Geist im Nebel war dieser Mann. Sie verharrten Rücken an Rücken. Sebastian legte die Hand locker an den Griff seines Messers; Adrian zog eines von seinen.
    In der Nähe hörte er schwach das Reiben von Stoff an Stoff. In dem schwarzen Spalt, der sich Gasse nannte, wartete jemand und beobachtete sie. Er konnte beinahe die Atemzüge hören.
    Im nächsten Augenblick setzten sich Füße mit einem kratzenden Geräusch aus völligem Stillstand heraus in Bewegung. Ein Mädchen kam um die Ecke gerast, als wäre der leibhaftige Teufel hinter ihm her. Ein dunkler Umhang umwehte sie und gab ihr blasses Kleid frei, sodass es hell wie die Flamme einer Kerze leuchtete. Die Kapuze fiel ihr ins Gesicht. Mit gesenktem Kopf und ausgestreckten Armen rannte sie direkt auf ihn zu und rammte ihn so heftig, dass sie ins Straucheln geriet.
    Dann klammerte sie sich an seinen Mantel. Er fing sie zuvorkommend auf, ehe sie auf das harte Pflaster stürzte. Reibungsloser Ablauf,
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