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Eine riskante Affäre (German Edition)

Eine riskante Affäre (German Edition)

Titel: Eine riskante Affäre (German Edition)
Autoren: Joanna Bourne
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diese Wahnsinnstat auf?«
    »In einer halben Stunde etwa. Falls er kommt.«
    »Ist also nicht mehr lang hin.«
    Was ihr jedoch sehr lang erschien. Sie lehnte sich an die Wand. An einem Fenster im dritten Stock flackerte eine Kerze auf. Da war wohl eines der Mädchen bei der Arbeit. Ein hölzerner Fensterladen knarrte im Wind. Schon lustig, wie trocken ihr Mund trotz all dieser Nässe war.
    »Doyle … «
    »Hm?«
    »Bleiben Sie ein gutes Stück hinter mir. Die Messer, mit denen Kennett so gut umzugehen weiß … Er wirft sie.«
    »Hab davon gehört und keine große Lust, eins in die Eingeweide zu kriegen.«
    »Ging mir auch immer so.« An der Ecke trieb der Wind den Nebel in einem Treppenschacht zusammen und drängte ihn zurück, sobald er zu entkommen versuchte. In einer Schenke die Katherine Lane weiter runter sangen sie eine recht ordentliche Version von » Rule, Britannia! «. Wer sich in dieser Straße aufhielt, war Abschaum, aber patriotischer Abschaum.
    Das war das Schlimmste an einem Job: das Warten, bis es endlich losging.
    »Tun Sie oft Dinge, vor denen Sie Angst haben, Doyle?«
    »Hin und wieder. Man merkt Ihnen nicht an, dass Sie nervös sind, Miss. Sehen absolut ruhig aus.«
    »Danke. Das viele Regenwasser würde sogar einen brennenden Ofen abkühlen.« Sie wischte sich ihren Anteil an Londons Nieselregen von der Nase und reckte den Kopf, um einen Blick auf die Katherine Lane zu werfen.
    Ein ganz räudiger Wind zog unter ihren Umhang und ließ sie zittern. Das sind nur die Nerven . Sogar Kedger fing an zu zittern, wenn er nervös wurde, was bei einem Frettchen wie von selbst einsetzte. Sobald sie sich bewegte, würde es ihr wieder gut gehen. »Ich kann diese Warterei nicht ausstehen.«
    »Und ich das nicht, was passiert, wenn sie vorbei ist.«
    Jess krümmte die Finger und gab vor, sie aufzuwärmen, womit sie sich selbst vorgaukelte, bereit für diese Sache zu sein. Wenige Stunden Übung hatten die alte Geschicklichkeit nicht zurückzubringen vermocht. Wird verdammt peinlich werden, wenn dieser Kapitän Kennett mich mit meinen Händen in seinen Taschen erwischt .
    Sie hörte sie, noch ehe jemand zu sehen war.
    Ein Stück die Straße hinunter nahmen zwei Männer im Nebel allmählich Gestalt an. Der große auf der rechten Seite ging zwar gerade, jedoch auf wackligen Beinen. Der dürr aussehende Kerl auf der Linken hielt sie beide aufrecht.
    Sie waren sturzbesoffen, was in dieser Straße nichts Besonderes war, und sangen.
    »… lief ein süßes Austernmädchen mir über’n Weg.
    Ich hob den Deckel ihres Korbes, blickte frech hinein,
    nur um zu seh’n, ob darin waren ein paar Auuuuustern fein.«
    Doyle ließ einen langen, stockenden Atemzug pfeifend durch die Zähne entweichen. »Das ist er. Kennett ist der Große auf der rechten Seite. Sternhagelvoll, beide.« Er wischte sich mit dem Ärmel seines Mantels übers Gesicht. »Genau das, was ich brauche. Trunkenbolde mit Messern.«
    »Wenn er blau genug ist, wird er wahrscheinlich nicht treffen.«
    »So sei es.«
    Verborgen unter dem Stoff ihres Umhangs, schlang sie sich die Arme fest um den Leib. Sie hatte schon Tausende von Taschendiebstählen begangen. Es würde schon alles glattgehen.
    Kennett war, wie alle sagten, ein recht großer Mann. Und er sah nach einem harten Kerl aus, auch wenn er sich gerade sehr albern benahm. Durch den Nebel hindurch konnte sie schwarzes Haar erkennen und düstere, hagere Gesichtszüge. Kein Hut. Sein Mantel stand offen, was – wenn man sie fragte – eine erstklassige Aufforderung zum Taschenleeren war. Den Kerl auf der linken Seite konnte Jess nicht besonders gut sehen, da Kennett ihn in Beschlag nahm. Er sah finster und drahtig aus, hielt den Kopf gesenkt und achtete auf seine Schritte.
    Stimmen, die der Regen herantrug. Jess kannte das Lied über das Austernmädchen. Darin ging es um einen Mann, der besser nicht dem jungen Ding getraut hätte, das ihm auf der Straße begegnet war. Traurig, aber wahr.
    »Manchmal«, stellte Doyle fest, »ist das Leben nur eine einzige große Prüfung.«
    »Wie recht Sie haben, Mr. Doyle!« Sie schob sich eine nasse Haarsträhne aus den Augen und wartete auf den richtigen Moment, um Zeter und Mordio zu schreien.

2
    Als sturzbesoffen würde Sebastian Kennett sich nun nicht bezeichnen. Andererseits war er auch nicht gerade nüchtern. Zwischen betrunken und stocknüchtern erstreckte sich ein riesiger, schiffbarer Ozean. In solchen Gewässern ließ sich gut segeln.
    Und war das etwa kein Tag
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