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Eine Parkuhr fuer mein Pferd

Eine Parkuhr fuer mein Pferd

Titel: Eine Parkuhr fuer mein Pferd
Autoren: Helmut Sakowski
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in die Jackentasche zurück. „Jung stimmt“, sagte er, „sportlich auch, aber mit links pack ich das nicht. Ich weiß ja nicht mal, wie man ohne Leiter in den Sattel kommt.“
„Leiter!“ Andreas tippte sich an die Stirn. „Du sollst auf einem Pferd reiten und nicht auf einem Elefanten. Hast du noch nie im Film gesehen, wie die Cowboys das machen? Ein kurzer Anlauf, ein Bocksprung über das Hinterviertel des Gauls, und schon sind sie im Sattel. Manche springen ja auch vom Balkon oder vom Dach einer Westernkneipe den Gäulen aufs Kreuz, wenn der Sheriff ihnen auf den Hacken ist. Aber damit brauchst du ja nicht anzufangen, das kannst du dir für später aufheben.“
Hans biß sich auf die Unterlippe. „Es hat sich schon mancher Reiter das Genick gebrochen“, sagte er. „Ich wollte meins eigentlich gern noch eine Zeitlang in seinem jetzigen Zustand erhalten.“
Andreas bewegte die Tür seiner Ente hin und her und ölte das neue Scharnier. „Soll ich den Sinn deiner Worte dahingehend deuten, daß du die Million in den Wind schlagen und zu Hause bleiben willst?“ fragte er. „Dann mach ich mich für dich auf die Reise. Für eine halbe Million tu ich das glatt!“
Hans schüttelte unsicher den Kopf. „Ich weiß nicht recht“, sagte er. „Natürlich ist das Angebot sehr verlockend. Wer kann schon in sechs Wochen eine Million verdienen? Aber es ist auch verdammt riskant.“
„Unsinn!“ widersprach Andreas. „Das kommt doch ganz auf das Pferd an, das du unterm Hintern hast. Du legst dir einen gutmütigen, braven Klepper zu und trottest mit dem ganz gemütlich durch die Botanik. Das wird der Alternativurlaub deines Lebens! Ganz nebenbei lernst du Land und Leute kennen und erfährst eine Menge über Pferde. Ich glaube nämlich, daß deine Erbtante genau das damit erreichen will. Sie möchte ihr Gestüt nicht jemandem zukommen lassen, der nichts von Pferden versteht. Wer es schafft, in sechs Wochen vom äußersten Norden Deutschlands in den äußersten Süden zu reiten, hat bewiesen, daß er mit einem Pferd umgehen kann. Kapiert? Deine Tante verlangt Tierliebe, reiterliches Können und einen Pferdeverstand. Bringst du das, bekommst du eine Million. Bringst du es nicht, hast du wenigstens einen unterhaltsamen Sommer verlebt.“
Hans trommelte mit den Fingerspitzen auf der Kühlerhaube herum. „Wenn du mit könntest“, sagte er, „wenn wir die Sache gemeinsam machen könnten, hätte ich keine Bedenken. Aber so allein bei Regen und Wind in Kälte und Nacht mit einem unbekannten und unberechenbaren Tier unterwegs zu sein … “
„Bei Regen und Wind! Gestatte, daß ich kichere! Wir haben Sommer, Mensch! Tag für Tag dreißig Grad im Schatten. Da ist dir jeder Regentropfen willkommen. Und über die Nächte brauchst du dir keine Gedanken zu machen, da liegst du nämlich kuschelig in einem Hotelbett oder in deinem wasserdichten Luxuszelt und gibst dich süßen Träumen hin, während dein vierbeiniger Untersatz auf einer nahen Wiese steht und Gras mampft.“
„Komm doch einfach mit“, sagte Hans.
„Nichts lieber als das“, antwortete Andreas. „Ich fürchte nur, daß du die Million dann in den Schornstein schreiben kannst. In dem Brief deiner Tante steht doch ausdrücklich, daß du allein reiten sollst. Daran mußt du dich wohl oder übel halten.“
„Meine Tante braucht ja nichts davon zu erfahren“, sagte Hans. „Kurz vor dem Ziel trennen wir uns, und alles ist paletti.“
„Unterschätze deine Tante nicht“, gab Andreas zu bedenken. „Wer sich solch eine Prüfung ausgedacht hat, weiß auch, wie er es anstellen muß, nicht übers Ohr gehauen zu werden. Ich an deiner Stelle würde nichts riskieren. Eine Million ist schließlich ein ganz ansehnliches Taschengeld.“
„Wie wär’s“, schlug Hans nach kurzem Nachdenken vor, „wenn du mit deiner Ente zufällig auch in Richtung Bodensee wolltest? Dabei könntest du immer ein paar Kilometer vor oder hinter mir fahren und wärst im Notfall zu erreichen. Dagegen dürfte meine Tante nichts haben. Wenn ein Schwimmer den Ärmelkanal überquert, schwimmt er zwar allein, hat aber immer ein Boot zur Seite, das ihn, wenn nötig, vor dem Schlimmsten bewahrt.“
Andreas kniff die Augen zusammen und grinste. „Ente und Pferd auf Deutschlandtrip“, sagte er. „Macht Pferd schlapp, kommt Ente und hilft. Gar nicht übel der Gedanke, und wenn ich es recht bedenke, verstößt er auch nicht gegen die Bedingungen, die deine Tante dir stellt, denn du reitest ja allein,
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