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Eine Parkuhr fuer mein Pferd

Eine Parkuhr fuer mein Pferd

Titel: Eine Parkuhr fuer mein Pferd
Autoren: Helmut Sakowski
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Anzeige auf, in der wir sagen, worauf es uns ankommt.“
    „Worauf kommt es uns denn an?“ fragte Hans. „Ich verstehe doch von Pferden überhaupt nichts.“
Andreas schlug ihm auf die Schulter. „Du brauchst ein sogenanntes Idiotenpferd, verstehst du?“
„Nein!“ rief Hans. „Ist das ein Tier mit einer Macke?“
„Im Gegenteil, das ist ein Tier ohne jede Macke, ein Viech, das sich von jedem Idioten reiten läßt.“
„Hm, sehr schmeichelhaft“, brummte Hans. „Bisher habe ich mich eigentlich nicht für einen Idioten gehalten.“
„Was deine Pferdekenntnisse angeht, bist du einer. Und darum brauchst du ein Tier, das lammfromm ist, dich nicht abwirft und sich alle Dummheiten, die du auf der langen Reise todsicher begehen wirst, ohne Murren gefallen läßt. Darüber hinaus muß es so klug sein, daß es dich korrigieren kann, wenn du im Begriff bist, lebensgefährliche Fehler zu machen. Natürlich muß es auch körperlich ein As sein, muß vor Zähigkeit und Kraft nur so strotzen, denn ein Marsch von Schleswig-Holstein bis zum Bodensee ist ja doch ein recht ausgedehnter Spaziergang. Kurz, du brauchst ein Superpferd, ein ganz und gar einmaliges Modell.“
„Okay“, stimmte Hans zu, „setzen wir also eine entsprechende Anzeige auf. Vielleicht so:“ „Junger Typ, im Reiten wenig geübt, sucht Idiotenpferd, sanft und klug, zäh und ausdauernd.“
„Nee, nee! Das ist viel zu trocken. Wenn wir das schreiben, bietet man dir einen Klepper an, der in seiner Jugend mal einen Milchwagen gezogen hat. Nee, wir machen das Ganze mit Pep, damit die Leute gleich wissen, daß sie uns nicht das Fell über die Ohren ziehen können. Ich denke, wir schreiben, literarisch gebildet wie wir sind:“
    Rosinante gesucht, dringend, gebraucht, aber möglichst aus erster Hand, Oldtimer unerwünscht, Extras nicht gefragt, Farbe unwesentlich, Preisabsprache bei Besichtigung.
    „Meinst du, daß man uns auf diese verrückte Anzeige hin den richtigen Gaul anbietet?“ fragte Hans zweifelnd. „Aber ja doch! Warte es nur ab!“
Zwei Tage nachdem sie die Anzeige aufgegeben hatten,
    flatterten ihnen drei Antworten ins Haus. Die erste lautete:
    Werter Herr, ich gehe doch wohl recht in der Annahme, daß Sie einen Gebrauchtwagen suchen? Obwohl man bei flüchtigem Lesen Ihrer Anzeige vermuten könnte, es ginge Ihnen um ein Pferd. Also, ich hätte da einen Ford Escort, acht Jahre alt und in recht ordentlichem Zustand preiswert abzugeben.
    Hans lachte, als er den Brief las. Andreas aber knüllte ihn zusammen und warf ihn in den Papierkorb.

    Im zweiten Brief stand:

    Sehr geehrter junger Mann!
    Ich möchte Ihnen nichts verkaufen, sondern Ihnen nur mitteilen, daß ich Sie für einen typischen Vertreter der heutigen Jugend halte, an technischen Dingen interessiert, sonst aber zynisch und dumm und ohne Mitgefühl für die Kreatur. Ein Pferd ist ein Tier und keine Maschine! Es braucht Liebe und Zuneigung. Es wie ein Auto zu beschreiben, zeugt von Brutalität und Herzlosigkeit. Sie sollten sich schämen!
    „Der Opa hat keinen Sinn für Humor!“ rief Andreas. „Los, Hans, lies den letzten Brief vor.“

    Hans schlitzte den Umschlag auf und las:
    Lieber Herr, ich habe genau das Pferd, das Sie suchen. Sehr gepflegtes Modell ohne nennenswerte Schäden, bisher unfallfrei, Baujahr 1975, rundum neubereift, geringer Treibstoffverbrauch, Höchstgeschwindigkeit 52 km/h, Scheinwerfer und Auspuff intakt, Länge 2 Meter 12, Höhe 1 Meter 54, Antriebsart: Hafermotor.
    „Na also“, sagte Andreas zufrieden. „Da haben wir das richtige Angebot. Auf geht’s! Wir fahren sofort hin, bevor uns ein anderer den Gaul vor der Nase wegschnappt.“
    Sie meldeten sich telefonisch an, erfuhren die Adresse des Pferdebesitzers und machten sich auf den Weg. Der war nicht leicht zu finden. Sie mußten weit in die Heide hinausfahren und gelangten endlich auf einen verlotterten Hof. Ein mittelgroßes braunes Pferd graste auf der Weide. Es beobachtete Hans und Andreas neugierig, als sie aus der Ente stiegen und an den wackeligen Zaun herantraten.
    „Donnerwetter!“ rief Andreas. „Eine Prachtmähre. Guck dir mal das glatte Fell an. Das zeugt von guter Gesundheit.“ Er schaute sich um, sah den verfallenen Holzschuppen zu seiner Rechten und das verkommene Bauernhaus mit dem löcherigen Dach dahinter und fuhr fort: „Aber wenn man sich den Gammelladen ringsum betrachtet, muß man sich fragen, wie ein so prächtiges Tier hier gedeihen kann.“
    Ein Mann, äußerlich genauso
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