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Eine Nacht, Markowitz

Eine Nacht, Markowitz

Titel: Eine Nacht, Markowitz
Autoren: Ayelet Gundar-Goshen
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hatten ihn so viele Augen auf einmal angeguckt. Er wiederholte seine Geschichte, blickte dabei immer wieder Bestätigung heischend zu Rachel hin. Ihr Nicken kam ihm zu heftig vor, und er fürchtete, es könnte ihnen schaden. Schließlich schreit man nicht auf der Straße heraus, dass zwei und zwei vier sind, es genügt, das leise zu sagen. Doch Rachels Kopf ging geradezu inbrünstig auf und ab. Das fiel auch Abraham Mandelbaum auf. Die Röte auf den Wangen seiner Frau war ihm zu rot, und obwohl er sich schwertat, die Wangenröte wütender Erregung von der lustvoller Erregung zu unterscheiden, so waren ihre Lippen doch auffallend geschwollen, eher wie beim Liebesakt. Als Seev Feinberg endlich, hoch zu Ross, eintraf, zogen sich Abraham Mandelbaums Brauen zusammen wie zwei schwarze Ziegen, die sich in kalter Nacht aneinanderkuscheln. »Warst lange weg«, bemerkte der Sekretär der Moschawa. »Ich bin die Felder abgeritten, um zu sehen, ob noch mehr da sind.« Beifälliges Gemurmel kam auf, und Jakob Markowitz erlaubte sich endlich, regelmäßig zu atmen. »Und du, was hast du dir dabei gedacht, um diese Zeit rauszulaufen?« Rachel Mandelbaum blickte zu Boden und sagte: »Schlaflosigkeit.« Der Mond tauchte wieder zwischen den Wolken auf und beleuchtete Rachel Mandelbaum wie ein Bühnenscheinwerfer. Sie war so zerbrechlich mit ihrem gesenkten Blick und der zerrissenen Bluse, dass es keinen Mann gab, der sie nicht hätte in die Arme schließen und in seinem Bett schützen mögen, und ohne Abraham Mandelbaum hätten sie das vermutlich auch getan. Nur Abraham Mandelbaum sah nicht seine Frau an, er starrte auf Seev Feinbergs Hosenladen, der aufklaffte wie ein zum Himmel schreiender Mund. Seev Feinberg wischte sich eine Träne des Mitgefühls für Rachel Mandelbaums Schmerz ab, bemerkte den Blick ihres Ehemanns und knöpfte schleunigst die Hose zu. »Man gibts ja ungern zu, aber als ich den Schuss gehört habe, war ich gerade dabei, zum sechsten Mal diese Nacht zu pinkeln. So ist das: Wenn man niemanden hat, mit dem man reden kann, beschäftigt man den Mund mit Trinken. Nächtelang geht das so bei mir, Trinken und Pinkeln, Trinken und Pinkeln.« Die Männer brachen in Gelächter aus, Rachel Mandelbaum lächelte höflich. Abraham Mandelbaum schwieg.
    Am nächsten Tag, gegen halb acht, hörte man hartes Klopfen an Jakob Markowitz’ Tür. Seev Feinberg stand an der Schwelle. »Pack schnell deine Sachen. Er hats rausgekriegt.« Auf dem Weg nach Tel Aviv, als das Rattern des Zuges das Magenknurren von Jakob Markowitz übertönte (daheim zu frühstücken war nicht mehr infrage gekommen), erzählte ihm Seev Feinberg, was passiert war. »Als der Morgen anbrach, beschloss Abraham Mandelbaum, mit seiner Frau zu schlafen. Er zog ihr das Hemd aus und entdeckte einen furchtbaren Ausschlag auf ihrer Brust. Eine allergische Reaktion auf die Berührung des Schnauzers mit der zarten Haut, die sie dort hat. Ei, ei, ei, was für schöne Haut. Die reinste Milch. Abgesehen von dem Leberfleck. Hast du den Leberfleck gesehen?« Jakob Markowitz erwiderte, der Leberfleck sei ihm nicht aufgefallen, wollte aber gern wissen, wie Seev Feinberg dem Messer des Schächters entkommen war. »Darum gehts ja gerade, er konnte sich nicht entscheiden, welches Messer er nehmen sollte. Fünf Minuten hat er gebraucht, um das passende Werkzeug auszuwählen, genug Zeit für Rachel, um zu meiner Sonia zu laufen und ihr zu sagen, dass sie uns warnen soll. Bloß ist meine Sonia, im Gegensatz zu Abraham Mandelbaum, weit weniger wählerisch.« Seev Feinberg hob das Hemd an und zeigte Jakob Markowitz fünf lange, blutige Schrammen. »Ehrlich, diese Frau hat mehr Kraft als zehn Männer.« Jakob Markowitz nickte anerkennend. Seev Feinberg fing an, Sonia mit einer Reihe von Säugetieren, vom Wolf bis zur Hyäne, zu vergleichen, aber Jakob Markowitz starrte nur eifersüchtig auf die fünf blutigen Furchen, die in Seev Feinbergs Brust klafften. »Dass eine Frau so viel für dich empfindet, das hätte ich nicht für möglich gehalten.« In diesem Moment hörte Seev Feinberg auf, von der Wildhündin zu reden, die angeblich Sonia geworfen hatte, und nickte. »Sie hat ein Herz von der Größe einer Taube und auch eine Vagina voll süßen Wassers.« Nun begann Seev Feinberg mit einer detaillierten Schilderung von Sonias Vagina, ihrer Süße, ihrer zarten Röte, der warmen und fröhlichen Feuchtigkeit, mit der sie ihn empfangen hatte. »Und weißt du, sie hat vielleicht nicht solche
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