Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Eine Luege ist nicht genug

Titel: Eine Luege ist nicht genug
Autoren: Alan Gratz
Vom Netzwerk:
Baseballkappe, ein einfaches Tanktop und diese Jeans, die ihre Hüften so toll betonten.
    Es gab ein allseits verlegenes Lächeln. Ich schob die Hände in die Hosentaschen und schaukelte vor und zurück. Larry räusperte sich.
    »Ich schätze mal, ich gehe jetzt besser zum Unterricht«, sagte er.
    »Ferienkurs?«, fragte ich. »Irgendwo durchgerasselt?«
    Larry wurde rot. »Natürlich nicht. Ich mache einen Sommerkurs, so bekomme ich früher meinen Abschluss und kann in zwei Jahren auf der juristischen Fakultät anfangen. Einige von uns können sich kein Programm von zehn Jahren leisten.«
    »Ist gut, dass du dich beeilst«, sagte ich zu ihm. »Es heißt, Rechtsgelehrte sind knapp.«
    Mendelsohn junior runzelte die Stirn und überlegte, ob er mir eine reinhauen oder mich ignorieren sollte. Er entschied sich für Letzteres, was darauf hindeutete, dass er nicht so blöd war, wie er aussah.
    »W enn du noch irgendwelche Hilfe brauchst, Dad, sag mir Bescheid.« Larry wandte sich an seine Schwester. »Und du denkst daran, was ich gesagt habe. Ich halte ein Auge auf dich. Ich möchte nicht, dass dir jemand wehtut.«
    »Dann solltest du vielleicht nicht so oft nach Hause kommen«, antwortete sie und nahm mir die Worte aus dem Mund. Larry schüttelte den Kopf und ging, während Mendelsohn senior offenbar nicht wusste, wohin mit sich.
    »Ich denke, wir sollten wirklich noch mal darüber reden«, sagte er. Olivia hatte darauf keine schlaue Antwort parat und man sah ihr an, dass sie darüber nicht gerade glücklich war. Ich blieb, wo ich war, der große weiße Elefant im Raum, um den sie nicht herumreden konnten. Schließlich lenkte ihr Vater ein und quälte sich ein unfrohes Lächeln ab. »Tja. Später wird es noch genug Zeit zum Reden geben, denke ich. Jetzt muss ich los, die Testamentsverlesung vorbereiten. Wir sehen uns dann zu Hause.«
    Der Justiziar der Familie Prince verabschiedete sich von mir mit einem Nicken, und Olivia entspannte sich, als hätte gerade ihr Drillmeister den Raum verlassen. Sie sah mich an, und ihre Augen sagten mir, dass ich sie gerettet hatte – vor was auch immer. Wie es aussah, war sie gleichzeitig dankbar und verlegen.
    »Danke dafür«, sagte sie und zog am Schirm der Kappe. Die sah nach Hunderten von Wäschen völlig fleckig und verblasst aus, doch immerhin war sie trocken. Olivia war offenbar so nett gewesen und hatte meine Kappe durch den Trockner gejagt.
    »Du hast gestern da draußen ausgesehen, als wärst du am Ertrinken«, sagte ich.
    Sie verschränkte die Arme und lehnte sich an den Tisch. »Ich glaub, hier gibt es nur wenig Leute, denen das nicht egal wäre. Du heißt also Horatio? Hat deine Mom etwa eine Wette verloren?«
    Seht ihr? Immer ein Treffer bei den Damen.
    »Du wohnst in Denmark?«, fragte ich.
    »Hier geboren und aufgewachsen. Aber wenn ich den Abschluss hab, nehme ich den ersten Bus und bin weg.«
    »Kannst du den Gestank nicht mehr ertragen?«
    »Unter anderem«, sagte sie.
    »W egen dem Umweltzeugs scheinst du ja ziemlich in Rage zu sein.«
    »Sollte ich das nicht?«
    »Ich weiß nicht. Keine Ahnung, wie schlimm es ist. Über den Gestank hinaus, meine ich.«
    »Es ist schlimm, aber ja. Schlimmer als der Gestank. An den Gestank gewöhnst du dich.«
    »Ja, schon«, sagte ich. »Die Leute sagen mir das dauernd.«
    »Du musst dir’s selbst ansehen. Der Copenhagen ist ein toter Fluss.«
    Ich sah, wie sie mich kurz musterte. Ich trug meine üb-liche Sommeruniform. Verwaschenes weißes T-Shirt, Kakihose, schwarze Chucks. Meine schmutzigbraunen Haare hätten es heute Morgen wahrscheinlich gut vertragen, einmal gekämmt zu werden, und meine paar Bartstoppeln waren für die wöchentliche Rasur fällig. Meine letzte Freundin hatte gesagt, ich sähe abgerissen aus, doch das war direkt, bevor sie mich küsste.
    »Du und Hamilton, seid ihr schon lange befreundet?«, fragte sie mich.
    »V om ersten Jahr an. Baseballteam.«
    »Ach, richtig.« Sie berührte die Kappe. Sie bot nicht an, sie mir zurückzugeben, und ihr musste auffallen, dass ich nicht danach fragte. Das Tolle ist, wenn du was verleihst, musst du später nachhaken, um es wieder einzukassieren.
    »Hat er über mich gesprochen?«, fragte sie.
    Das war tückisches Gebiet. »Schon«, sagte ich.
    »Also, was war’s – ein kleiner reicher Feger?«, fragte sie. Ich wusste, was sie wissen wollte – warum Hamilton sie hatte fallen lassen.
    »Nein«, meinte ich. »Hamilton verliert schnell mal das Interesse, aber mit dir war es
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher