Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Eine Luege ist nicht genug

Titel: Eine Luege ist nicht genug
Autoren: Alan Gratz
Vom Netzwerk:
All-you-can-eat-Buffet. Eine kalte dunkle Grube öffnete sich in meinem Magen und ich ging geradewegs zu meinem Wagen. Claude hatte wohl beschlossen, es würde Spaß machen, stehen zu bleiben und zuzusehen, wie ich abfuhr, oder aber er wollte einfach sicher sein, dass ich wirklich abfuhr. Er winkte mir sogar fröhlich nach, als ich im Rückspiegel nach ihm sah. War er wirklich so selbstgefällig zu denken, dass er mit dieser Sache durchkäme?
    Aber es musste noch etwas mehr damit auf sich haben. Noch lange, nachdem ich das Anwesen der Princes verlassen hatte, konnte ich im Rückspiegel sein munteres Winken sehen. Warum hatte ich zugelassen, dass Roscoe und Gilbert Hamilton in die Klinik fuhren? Ich schüttelte den Kopf und konzentrierte mich auf die kurvenreiche Straße. Was glaubte ich denn, würden Roscoe und Gilbert machen? Ihn umbringen? Ich kam mir langsam selbst lächerlich vor. Hamilton war jetzt außer Reichweite von Claudes Klauen, und das war alles, was zählte.
    Einige meiner Freunde haben mich als einen langsamen Fahrer bezeichnet. Ich ziehe es vor, mich einen bedachten Fahrer zu nennen. Trotz seines Alters und seinem Mangel an Pferdestärken fuhr der Volvo wie ein Traum. Ich setzte mich zurück und überließ mich dem Verlauf der Straße. Bevor ich auf den Highway fuhr, wollte ich noch einmal anhalten – um Olivia im Krankenhaus zu besuchen, rauszubekommen, wo sie die Kaffeedose versteckt hatte, und Auf Wiedersehen zu sagen –, und dann konnte ich diesen Irrsinn hier gegen ein anderes Familientheater eintauschen.
    Trotzdem konnte ich das Gefühl nicht abschütteln, dass es ganz falsch war, Hamilton mit Roscoe und Gilbert fahren zu lassen, und wenn es auch nur deshalb war, weil sie nicht gerade die freundlichen Gesichter hatten, die man gerne sehen wollte, kurz bevor man sich in die Entgiftungsanlage begab. Ich hatte keine Chance, sie jetzt noch abzufangen. Aber warum nicht hinterherfahren und Hamilton treffen, sobald er Besuch haben durfte? Was meine Familie anging, für die war ich immer noch bei Hamilton zu Hause, und ich konnte mir ja problemlos ein Zimmer in einem Motel ganz in der Nähe der Entzugsklinik mieten.
    Ich zog den Prospekt aus der Tasche und gab die Nummer auf meinem Handy ein. Zu meiner Überraschung kam der Ruf tatsächlich durch.
    »St. Gregorys Drogen- und Alkohol-Rehaklinik. Sandra am Apparat. Was kann ich für Sie tun?«
    »Ja, also. Hi. Ich bin Horatio Wilkes, und mein Freund Hamilton Prince checkt heute Nachmittag bei Ihnen ein. Ich weiß nicht, wie die Klinik mit Besuchen umgeht, aber ich würde gerne vorbeikommen, um Hallo zu sagen. Sozusagen als moralische Unterstützung. Kann er jetzt schon irgendwann bald Besuch haben?«
    Ich wartete, aber sie antwortete nicht. Hatte sie mich in die Warteschleife geschaltet?
    »Hallo? Hallo?«
    Nichts. Ich blickte auf die Handyanzeige. Verdammt. Mitten im Anruf war ich wieder in einem Funkloch gelandet. Ich drückte auf Wiederholung, aber diesmal kam ich gar nicht erst durch. Ich war immer noch im Funkloch. Ich klappte das Telefon zu und konzentrierte mich erst mal aufs Fahren. Einige Minuten später sah ich wieder nach. Zwei Balken – das war einen Versuch wert.
    »St. Gregorys Drogen- und Alkohol-Rehaklinik. Sandra am Apparat. Was kann ich für Sie tun?«
    »Hallo. Hier ist wieder Horatio Wilkes. Entschuldigen Sie bitte, aber ich rufe vom Handy aus an und die Verbindung war plötzlich weg. Ich weiß nicht, wie viel Sie mitbekommen haben, aber mein Freund Hamilton Prince checkt diesen Nachmittag ein und …«
    »Mr Wilkes, tut mir leid, Sie zu unterbrechen, aber ich habe gerade zweimal nachgesehen, ehe Sie wieder angerufen haben. Aber mit diesem Namen haben wir hier niemanden stehen.«
    Ich runzelte die Stirn und versuchte, diese neue Information zu verarbeiten.
    »Sind Sie noch da?«, fragte sie.
    »Hm, ja, ich bin noch da. Tut mir leid. Es ist nur irgendwie komisch, weil mir gesagt wurde, er würde heute einchecken. Hamilton Prince. Wie Prinzessin, nur männlich. Sind Sie ganz sicher?«
    »Tut mir leid, keine Hamiltons und keine Prinzen. Glauben Sie mir, ich warte schon mein ganzes Leben darauf, dass ein Prinz vorbeikommt.«
    Das war ein guter Spruch und an jedem anderen Tag hätte ich wohl darüber gelacht. Stattdessen dankte ich ihr, klappte das Telefon wieder zu und fuhr an den Straßenrand, um nachzudenken.
    Wenn Hamilton heute nicht in der Rehaklinik einchecken sollte, wohin brachten ihn Roscoe und Gilbert dann tatsächlich?
    Ich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher