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Eine Leiche zu Ferragosto

Eine Leiche zu Ferragosto

Titel: Eine Leiche zu Ferragosto
Autoren: Diana Fiammetta Lama
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Hause fuhr?«
    »Was denn, du hast sie sogar nach Hause gefahren? Werd ich Maria Pia erzählen.«
    »Nein, um Himmels willen, für wen hältst du mich? Heiße ich etwa Gnarra? Wenn ich die beiden dagelassen hätte, wären es morgen vier gewesen. Also, diese Christine sagte mit ihrem Deutschen-Akzent, den die Polinnen so haben: ›Ihr kamt gerade, als es am lustigsten war.‹ Ganz schön freches Mundwerk! Aber hübsch, solche Augen. Und Beine!«
    »Also muss ich doch mal mit Maria Pia sprechen.«
    Es war ein altes Spiel zwischen ihnen, das mit Maria Pia,Brigadiere Totò Manfredis legendärer Ehefrau, einer tollen Köchin, liebevollen Mutter, einer witzigen, intelligenten und ganz nebenbei auch bildhübschen Person. Der Brigadiere war ein glücklicher Mann und fähiger Kollege, gewissenhaft und mit gutem Spürsinn, den Santomauro sehr schätzte, auch wenn er sich hin und wieder einen Spaß daraus machte, ihn auf den Arm zu nehmen.
    »Mal im Ernst, Totò, ab morgen müssen wir uns wirklich reinknien. Ich sehe schon die Schlagzeilen vor mir: ›Geheimnisvoller Triebtäter überzieht Cilento-Küste mit Blut. Urlauber flüchten. Wer ist der Nächste?‹«
    »Na komm, so schlimm wird’s schon nicht werden.«
    »Schlimmer! Im Sommerloch reißen sich die Journalisten doch um jede Meldung. Ein Mord im Sommer zieht immer. Vor allem, wenn die Versager von Polizei und Carabinieri es nicht schaffen, ihn aufzuklären.«
    »Lass bloß die Polizei aus dem Spiel, das ist unsere Sache. Hast du irgendeine Idee?«
    »Nichts, was diese Bezeichnung verdient hätte. Nur eins … wann war noch mal Neumond, Anfang dieser Woche?«
    »Montag oder Dienstag, glaube ich. Das kann ich herausfinden. Warum, ist das wichtig?«
    »Nein, war nur so ein Gedanke. Wir reden morgen darüber.«
    Während er die letzte Zigarette in der Abendfrische rauchte, überlegte Santomauro, was vorgefallen sein mochte. Vielleicht war es ja kein vorsätzlicher Mord gewesen, zumindest der blinden Gewalt nach zu urteilen, mit der die Messerstiche angebracht worden waren. Das Versteck der Leiche hingegen war sehr sorgfältig gewählt. Eine mondlose Nacht, ein Haufen Algen, die noch einige Tage dort verrotten würden … Ja, aber warum? Es gab zahllose Orte, an denen man eine Leiche für viel länger verschwinden lassen konnte, vielleicht sogar für immer. Warum also die ganze Mühe, mit einer in Verwesung befindlichen Leiche bis Neumond zu warten und sie dann im Dunkeln an einen Ort zu bringen, wo sie auf jeden Fall früher oder später entdeckt werden würde?

 
    Freitag, 10. August
    »Weil er wollte, dass sie gefunden wird. Vielleicht stank sie ihm zu sehr, vielleicht hatte er Angst.«
    »Gnarra, entscheide dich. Entweder der Mörder hat einen ausgeklügelten Plan entworfen, oder er hat im Affekt gehandelt. Aber nicht beides zugleich.«
    »Warum nicht?«, widersprach Brigadiere Gnarra seelenruhig. »Vielleicht hat er das Verbrechen geplant und wollte die Leiche bei sich im Haus behalten, bis die Frau nur noch Staub und Knochen wäre, oder er wollte sie in handlichen Stücken einfrieren und in Ruhe verzehren. Aber dann hat die Alte ihre Farbe verändert und er musste sie entsorgen, was er irgendwann zwischen Sonntag- und Mittwochnacht getan hat.«
    Das Schlimme an Pietro Gnarra war, dass man nie wusste, wann er etwas ernst meinte und wann nicht. Santomauro hatte sich schon des Öfteren gefragt, ob nicht ein Teil des unzweifelhaften Erfolges, den der Kollege sowohl im Berufs- als auch im Privatleben genoss, darauf beruhte, dass die Leute das, was er an dummem Zeug redete, für Spaß hielten und seine Späße für Geistesblitze. Sicher war nur, dass die Frauen Gnarra, Pedro für seine Freunde, anbeteten, dass er von seinen Vorgesetzten auf Händen getragen, von den Straftätern respektiert, den Ortsansässigen verehrt und den Kollegen, die die Legende aus nächster Nähe erleben durften, geduldet wurde. Aber er war in Ordnung, großzügig, immer zu einem Lachen aufgelegt, und auch Santomauro konnte nicht anders, als ihn zu mögen. Jetzt flegelte sich Gnarra mit lang ausgestreckten Beinen auf seinem Stuhl und tat so, als grübele er über den Fall nach, dabei waren seine Gedanken schon wieder ganz woanders, wie man an der zerstreutenHandbewegung ablesen konnte, mit der er das neue Goldkettchen auf seiner braungebrannten Brust streichelte.
    Forschend sah Santomauro ihn an: »Blond oder braun, Pedro?« Sein Gegenüber biss sofort an und seufzte grinsend: »Rot, Simone, rot,
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