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Eine Leiche zu Ferragosto

Eine Leiche zu Ferragosto

Titel: Eine Leiche zu Ferragosto
Autoren: Diana Fiammetta Lama
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sein Gesicht verteilten, hatte Cozzone – im Übrigen ein hervorragender Mitarbeiter, diszipliniert und intelligent – noch ein weiteres Kreuz zu tragen, das um einiges schwerer wog als seine Statur und die Leberflecken.
    Er hatte sich um Abhilfe bemüht, indem er ein hochkompliziertes Verfahren einleitete, um offiziell seinen Nachnamen zu ändern, doch nach langen, mühevollen und schmiergeldintensiven Jahren hatte er lediglich erreicht, dass ein Vokal ausgetauscht wurde. Santomauro, der sich noch nicht daran gewöhnt hatte, wollte kein Risiko eingehen und nannte ihn beim Vornamen. Die weniger mildtätigen Kollegen spielten oft und gerne die Vergesslichen, so dass der arme Cozzone nach wie vor innerhalb und außerhalb der Carabinieriwache der »Megaschwanz« Cazzone blieb.
     
    Eins ergab das andere, und so konnte Santomauro erst um neun Uhr abends nach Hause fahren. Eigentlich stand ihm als Stationskommandant eine Wohnung vor Ort zu, doch er verzichtete lieber auf dieses Privileg. Nicht weil ihm die Lokalität nicht gut genug war, im Gegenteil. Das Gebäude der Carabinieri lag am Rand der Straße, die sich von Pioppica Sopra nach Censola hinaufzog, und die Unterkünfte waren so gelegen, dass sie eine grandiose Aussicht aufs Meer boten und von der Straße her uneinsehbar waren. Der Maresciallo jedoch hatte seinen Platz lieber an Brigadiere Manfredi abgetreten, der Familie hatte. Er selbst lebte allein und konnte so in aller Ruhe das Fischerhäuschen mit direktem Zugang zu einem einsamen Strand genießen und sich gleichzeitig Manfredis ewiger Dankbarkeit sicher sein.
    Im Sommer schlossen die Geschäfte von Pioppica Sotto nicht vor dem späten Abend, um möglichst viele Kunden anzulocken, bevor sie dann in ihre winterliche Lethargie zurückfielen. So konnte Santomauro, der keine Vorräte mehr hatte, sich noch etwas hausgemachtes Brot und Mozzarella in Myrtenblättern kaufen. Anschließend parkte er am Ortsausgang und lief zu Fuß den Trampelpfad hinab, der zu seinem Haus führte. Es war noch nicht dunkel, und er konnte sehen, wo er hintrat, doch das machte kaum einen Unterschied: mittlerweile kannte er jeden Stein des Weges und hätte ihn auch mit geschlossenen Augen gehen können. Der Ort, an dem er seit einem Jahr lebte, hatte sich um ihn gelegt wie das Schneckenhaus um die Schnecke. Es war seine Zuflucht, seine Höhle, in die er sich als frisch nach Pioppica Gezogener verkrochen hatte und von der er sich nun nicht mehr trennen würde, selbst wenn man ihm eine Luxusvilla in den Wohnanlagen Sigmalea oder Krishnamurti schenkte.
    Er deckte den Tisch auf der Terrasse und trug eine Kerze hinaus. Auf dem Meer spiegelte sich die dünne Sichel des zunehmenden Mondes. Die Myrte duftete nach Myrte, das Brot war köstlich, und vor ihm stand ein Teller mit vollreifen Feigen von den beiden Bäumen im Garten. Langsam entspannte er sich und wollte schon fast zu seinem Buch greifen, als das Klingeln des Telefons durch die Stille schrillte. Ruhig stand er auf; vorbeidie Zeiten, als er noch gehetzt aufgesprungen war und mit klopfendem Herzen den Hörer abgenommen hatte zwischen Bangen und Hoffen, eine gewisse Stimme zu hören und nur diese.
    Es war Manfredi, wie er schon vermutet hatte.
    »Also, da haben wir eine ganz schön harte Nuss zu knacken«, fiel der Brigadiere wie üblich mit der Tür ins Haus.
    »Ach, das ist noch lange nicht gesagt«, erwiderte Santomauro gedehnt. »Vielleicht meldet sich ja morgen jemand, der die Leiche kennt und sagt, es sei seine arme Tante aus dem Kloster und er habe selbst gesehen, wie sie sich in die Tiefe gestürzt hat.«
    »Was redest du da, Simone! Das sieht doch ein Blinder, dass die sich nicht selbst umgebracht hat! Die ist in Scheiben geschnitten wie ein Parmaschinken!« Eine Pause folgte und dann ein tiefer Seufzer. »Schon klar, du hast mich wieder mal drangekriegt. Ich gehe dir aber auch immer auf den Leim, Himmelarsch!«
    »Reg dich nicht auf, Totò, du weißt doch, dass ich’s nicht böse meine. Bist du gerade erst zurückgekommen?«
    »Ja, bei den Grotte Verdi gab’s eine Schlägerei, du weißt schon, die Bar an der Straße nach Ascea: drei Leichtverletzte und zwölf zertrümmerte Tische. Zwei Polinnen, Dienstmädchen in Sigmalea, du kannst es dir denken, blond, schlank, lange Beine, einem unserer Gockel ist der Kamm geschwollen, ein anderer hat’s ihm krummgenommen, und schon war die schönste Prügelei im Gange. Und rate mal, was eine der Damen zu mir gesagt hat, als ich sie nach
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