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Eine Leiche zu Ferragosto

Eine Leiche zu Ferragosto

Titel: Eine Leiche zu Ferragosto
Autoren: Diana Fiammetta Lama
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…«
    »Langsam, Kindchen, Urlaub ist Urlaub, wenigstens da möchte ich mal meine Ruhe vor all diesen Dingen haben.«
    »Ja, und Urlaub ist gleich Bett. Seit ich hier bin, bist du nicht aus dem Bett herausgekommen. Heute musste ich dich fast mit Gewalt an den Strand schleppen.«
    »Ich bin ein Intellektueller, mein Herz – vielleicht ist das Wort zu kompliziert für dich –, und wenn ich nicht arbeite, ruhe ich mich aus. Meinen Körper und vor allem meinen Geist, der sonst immer beschäftigt ist.«
    »Wenigstens drei Sätze mit den Dorfbewohnern könntest du mal wechseln!«
    »Ich verabscheue den Pöbel. Und was soll ich mit denen schon reden?«
    »Du willst also sagen, dass du nichts von dem Mord mitbekommen hast?«
    »Wovon redest du überhaupt?«
     
    Schon bevor die Tür aufgerissen wurde und der Mann hereingestürmt kam, hinter ihm ein Carabiniere, der erfolglos versuchte, ihn aufzuhalten, ahnte Santomauro, dass etwas in Bewegung kam. Bis vor wenigen Augenblicken war es ein Vormittag wie jeder andere gewesen, alles wie gehabt, und er hatte am Schreibtisch gesessen und versucht, aus dem Wust an Papieren und Berichten etwas herauszufiltern, das ihm helfen könnte, Licht in das Dunkel um »sein« Verbrechen zu bringen, wie er den Fall mittlerweile insgeheim bezeichnete. Dann die Stimmen, der Lärm, und er hatte sofort begriffen, dass ein Wendepunkt erreicht war.
    Der Mann entwand sich entschlossen dem Griff des Beamten. Der Maresciallo bedeutete seinem Untergebenen, dass er gehen könne, es sei alles in Ordnung, und während sich die Tür schloss, schlüpfte schnell eine weitere Person ins Zimmer, doch Santomauro war ganz auf den ersten Besucher konzentriert.Der Mann war um die vierzig, auf leicht nachlässige Art gutaussehend, mit zwei tiefen Lachfalten im Gesicht und blonden Haaren, die sichtlich dünner wurden. Er sah müde aus, aber so, als sei er schon seit Jahren müde, war unrasiert und trug ein Poloshirt und kurze Hosen, in denen er geschlafen zu haben schien. Am Handgelenk hatte er eine dicke Rolex Submariner, in der Hand einen Schlüsselbund mit Ferrari-Logo und unterm Arm eine volle Einkaufstüte, die jeden Moment zu zerreißen drohte. Santomauro hatte den Eindruck, dass er mit der Tüte unterm Arm am Lenkrad gesessen hatte und nun nicht wusste, wohin damit. Der Mann nahm Platz, während die Frau, die mit ihm hereingehuscht war, sich an die Tür lehnte. Sie war eine hübsche, etwas grelle Blondine, die Santomauro vom Sehen kannte und die ihn nun mit großen Augen anblickte, zwischen neugierig und bang, wie jemand, der weiß, dass er eigentlich nicht hier sein dürfte, aber trotzdem bleiben will. Auch sie hielt Autoschlüssel in der Hand, und Santomauro begriff, dass sie in ihrem Wagen hergekommen waren. Der Mann war wahrscheinlich nicht in der Lage gewesen zu fahren. Er hatte seinen Einkauf nun auf den Schreibtisch gestellt, und aus der Tüte waren ein Paket Tiefkühlkost, Brot und ein Päckchen Butter gepurzelt.
    Er stellte sich als Pippo Mazzoleni vor, Architekt. Er wirkte ungläubig, verzweifelt und skeptisch zugleich. Er fürchtete, dass die am Donnerstag am Strand unterhalb der Promenade gefundene Frau seine Ehefrau Elena Ragucci Mazzoleni sein könnte. Besser gesagt, er war sich sicher, dass sie es nicht war, aber er musste es überprüfen, um diesen grausigen Zweifel auszuräumen.
    »Ich bin seit vergangenem Sonntag hier, habe mich aber sehr zurückgezogen und mich eigentlich nur im Haus und am Strand aufgehalten, wir haben keinen Fernseher. Ich und meine Frau hatten gestritten, sie hatte vor drei Wochen unsere Wohnung in Neapel verlassen, weil sie eine Weile allein sein wollte. Ich war sicher, dass sie hier ist, sie liebt Pioppica, also habe ich nicht nach ihr gesucht. Ich wollte abwarten, bis sich die Lageentspannt hätte, und bin zu Freunden an den Gardasee gefahren. Sonntag kam ich zurück, und es erschien mir albern, sich weiter anzuschmollen wie die Kinder, also kam ich her, um sie zu treffen, doch sie war nicht da. Ich habe alle ihre Freundinnen gefragt«, mit einer vagen Geste deutete er hinter sich, »aber sie wussten auch nichts. Also dachte ich, dass sie noch mehr Zeit bräuchte, und beschloss, sie in Ruhe zu lassen. Es war kein schlimmer Streit, wie das eben so geht, wir brauchten einfach ein wenig Abstand voneinander.«
    Er hatte gesprochen, ohne Luft zu holen, die Hände in den Schoß gepresst und die Augen starr auf die Einkaufstüte gerichtet. Er wirkte erschöpft, gleichzeitig
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