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Eine Leiche im Badehaus

Titel: Eine Leiche im Badehaus
Autoren: Lindsey Davis
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entgegengesetzte Ansichten, was Geburtshilfe betraf. Alles war schon frostig genug, und dann gelang es mir auch noch, grob zu beiden zu sein. Wenigstens hatten sie damit ein Thema, bei dem sie sich einig waren.
    Der neue Säugling war kränklich, und ich gab ihm in aller Eile einen Namen – Sosia Favonia. Teilweise war es eine Verneigung vor meinem Vater, dessen ursprüngliches Cognomen Favonius war. Nie hätte ich mich zu so einer verehrungsvollen Geste herabgelassen, wenn ich gewusst hätte, dass meine Tochter überleben würde. Spillerig und reglos geboren, sah sie aus, als befände sie sich schon halb im Hades. Kaum hatte ich ihr den Namen gegeben, fing sie an zu brüllen. Von da an war sie zäh wie ein Frettchen. Sie besaß auch von Anfang an ihren eigenen Charakter, eine merkwürdige kleine Exzentrikerin, die nie so ganz zu uns zu gehören schien. Aber jeder sagte, sie müsse von mir sein – sie machte so viel Unordnung und Krach.
    Es dauerte mindestens sechs Wochen, bis die Wut meiner Familie über den von mir gewählten Namen sich bis auf höhnische Bemerkungen abkühlte, die nur an Favonias Geburtstag und zu Familienzusammenkünften bei den jährlichen Saturnalien hochkochen würden und immer dann, wenn man auf niemand anderem herumhacken konnte. Jetzt setzte man mir zu, ein Kindermädchen einzustellen. Das ging niemanden außer Helena und mich etwas an, daher mischten sich alle ein. Schließlich gab ich nach und ging auf den Sklavenmarkt.
    Nach den erbärmlichen Exemplaren zu urteilen, die im Angebot waren, brauchte Rom dringend einen Eroberungskrieg. Der Sklavenhandel lag völlig danieder. Der Händler, den ich ansprach, war ein runzeliger Delianer, der sich auf einem schiefen Dreibein die Nägel putzte, während er auf einen naiven Trottel mit schlechten Augen und fetter Börse wartete. Er bekam mich. Trotzdem versuchte er seine Sprüche bei mir abzulassen.
    Da Vespasian dabei war, das Imperium wieder aufzubauen, musste er neue Münzen prägen und hatte den Sklavenmarkt abgegrast, um Arbeiter in die Gold- und Silberminen schicken zu können. Nach der Belagerung von Jerusalem brachte Titus eine Menge jüdischer Gefangener nach Rom, aber die Männer waren weggeschnappt worden, um das Flavische Amphitheater zu bauen. Wer weiß, wo die Frauen gelandet waren. Daher blieb für mich kaum noch was übrig. Der Händler hatte ein paar altersschwache orientalische Sekretärstypen im Angebot, längst nicht mehr fähig, eine Schriftrolle zu lesen. Dann waren da ein paar kräftigere Burschen, die vielleicht zur Feldarbeit taugten. Ich brauchte einen Verwalter für mein Landgut in Tibur, aber das musste warten. Meine Mutter hatte mir beigebracht, wie man einkauft. Ich will nicht sagen, dass ich vor Mama Angst hatte, doch ich hatte gelernt, nur mit dem heimzukommen, was auf dem Einkaufszettel stand, und nichts für mich privat abzuzweigen.
    »Jupiter, wo kaufen die Leute heutzutage kränkelnde Flötenspielerinnen?« Ich hatte das verbitterte, sarkastische Stadium erreicht. »Wie kommt’s, dass es keine zahnlosen Omas gibt, die dir zufolge nackt auf Tischen tanzen können, während sie gleichzeitig eine schräg gemusterte Tunika weben und ein Modius Weizen mahlen?«
    »Weiber werden immer gleich weggeschnappt, Tribun …« Der Händler zwinkerte mir zu. Ich war zu fertig, um darauf einzugehen. »Ich hätte da eine Christin für Sie, wenn Sie sich abreagieren wollen.«
    »Nein, danke. Die trinken das Blut ihres Gottes, während sie von Liebe schwafeln, oder?« Mein verstorbener Bruder Festus war diesen Verrückten in Judäa begegnet und hatte gruselige Geschichten nach Hause berichtet. »Ich suche nach einem Kindermädchen. Mit Perversen kann ich nichts anfangen.«
    »Nein, nein, ich glaube, die trinken Wein …«
    »Vergiss es. Ich will keine Säuferin. Meine lieben Kleinen können sich die schlechten Angewohnheiten bei mir abgucken.«
    »Diese Christen beten und weinen einfach nur viel oder versuchen den Herrn und die Herrin des Hauses zu ihrem Glauben zu bekehren …«
    »Du willst, dass man mich verhaftet, weil irgendeine arrogante Sklavin mir sagt, alle sollten die Heiligkeit des Kaisers verleugnen? Vespasian mag ja ein grantiger alter Barbarenprügler sein, mit dem verkniffenen Aussehen der Sabiner, aber ich arbeite manchmal für ihn. Wenn er mich bezahlt, sag ich gerne, dass er ein Gott ist.«
    »Wie wär’s dann mit einer netten Britin?«
    Er bot mir ein dünnes, hellhaariges Mädchen von etwa fünfzehn Jahren
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