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Eine kurze Geschichte der alltäglichen Dinge

Titel: Eine kurze Geschichte der alltäglichen Dinge
Autoren: Bill Bryson
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Pfarrstelle, aus Pachten und dem Zehnten. Letzterer bestand entweder im Großzehnten
    *Geldsummen von 1851 mit heutigen zu vergleichen ist nicht unkompliziert, denn man kann verschiedene Methoden dabei anwenden. Außerdem waren Dinge, die jetzt teuer sind (Ackerland, Dienstboten) damals verhältnismäßig billig, und umgekehrt. Ich danke Professor Ranald Michie von der Durham University für den Hinweis, dass man die akkuratesten Ergebnisse erhält, wenn man die Einzelhandelspreise von 1851 und heute vergleicht. So betrachtet, entsprächen Mr. Marshams fünfhundert Pfund heute etwa 400000 Pfund. Das jährliche Pro-Kopf-Einkommen in Großbritannien betrug 1851 etwas mehr als zwanzig Pfund.
    (von den Hauptfeldfrüchten wie Weizen und Gerste) oder dem Kleinzehnten (Gemüse aus dem Garten, Masttiere und was man sonst noch futtern konnte). Die rectors bekamen den Großzehnten, die vicars den Kleinzehnten, was zur Folge hatte, dass Erstere durchweg die Wohlhabenderen waren, bisweilen um ein Erkleckliches. Da der Zehnte ständiger Grund für Spannungen zwischen Pfarrherrn und Bauern war, beschloss man 1836, ein Jahr vor der Thronbesteigung Königin Victorias, die Angelegenheit zu vereinfachen. Von nun an sollte der Bauer seinem Pastor nicht mehr einen vereinbarten Teil seiner Ernte geben, sondern eine feste jährliche Summe zahlen, die man anhand des allgemeinen Werts seines Landes errechnete. Das bedeutete, dass die Geistlichen auch dann ein Anrecht auf die ihnen zugebilligten Abgaben hatten, wenn die Bauern schlechte Jahre hatten, andersherum gesagt: Die Pfarrer hatten von nun an immer gute Jahre.
    Der Job des Landgeistlichen war bemerkenswert locker. Fromm musste man nicht sein, das wurde nicht einmal erwartet. Um in der anglikanischen Kirche ein Amt zu bekleiden, musste man einen Universitätsabschluss haben.
    Doch da die meisten Pfarrer Altphilologie und keineswegs Theologie studierten, hatten sie keinerlei Ausbildung im Predigen oder darin, anderen Menschen Inspiration zu sein, Trost zu spenden oder sonst einen sinnvollen christlichen Halt zu geben. Viele machten sich auch gar nicht erst die Mühe, Predigten zu schreiben, sondern kauften sich ein dickes Buch mit fertigen Texten und lasen jede Woche einen vor.
    Völlig unbeabsichtigt kam dabei heraus, dass eine Kaste sehr gebildeter, gut situierter Leute entstand, die unendlich viel Zeit zur Verfügung hatten. Und die als Folge davon wiederum begannen, oft gänzlich aus dem Blauen heraus, sich für außergewöhnliche Dinge zu interessieren. Niemals zuvor in der Geschichte hat sich eine Gruppe von Leuten in einem derart breiten Spektrum von Gebieten so verdienstvoll hervorgetan, vorzugsweise in Aufgabenfeldern, für die sie keineswegs bestallt worden waren.
    Schauen wir uns ein paar an:
    George Bayldon, vicar in einer entlegenen EckeYorkshires, hatte stets so wenige Besucher in seinen Gottesdiensten, dass er die halbe Kirche in einen Hühnerstall verwandelte, sich autodidaktisch zum Sprachwissenschaftler ausbildete (und zwar zu einer echten Koryphäe) und das erste Wörterbuch des Isländischen verfasste. Nicht weit von ihm entfernt schrieb Laurence Sterne, Pfarrer einer Gemeinde unweit Yorks, populäre Romane, von denen Leben und Ansichten von Tristram Shandy, Gentleman der bekannteste ist. Edmund Cartwright, rector einer Landpfarre in Leicestershire, erfand den mechanischen Webstuhl, der letztlich die Industrielle Revolution wahrhaft industriell machte. Zur Zeit der Londoner Weltausstellung waren allein in England über eine Viertelmillion seiner Webstühle in Gebrauch.
    In Devon züchtete Pastor Jack Russell den Terrier gleichen Namens, während in Oxford Pastor William Buckland die erste wissenschaftliche Beschreibung eines Dinosauriers abfasste und nicht zufällig die führende Autorität der Welt auf dem Gebiet der Koprolithen wurde, dem versteinerten Kot urweltlicher Tiere. Thomas Robert Malthus in Surrey schrieb Eine Abhandlung über das Bevölkerungsgesetz; Oder eine Untersuchung seiner Bedeutung für die menschliche Wohlfahrt in Vergangenheit und Zukunft, nebst einer Prüfung unserer Aussichten über seine künftige Beseitigung oder Linderung der Übel, die es verursacht und begründete die Disziplin der politischen Ökonomie. (Wie Sie sich vielleicht aus Schulzeiten erinnern, behauptete er, dass mathematisch gesehen die Produktion von Nahrungsmitteln unmöglich mit dem Wachstum der Bevölkerung Schritt halten könne.) Pastor William Greenwell aus Durham war
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