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Eine Japanerin in Florenz

Eine Japanerin in Florenz

Titel: Eine Japanerin in Florenz
Autoren: Magdalen Nabb
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Minuten später gekommen wäre … das Risiko, das man als junger Bursche gedankenlos auf sich nahm …
    »Und auf welches Risiko hast du dich eingelassen?« wollte er von dem mitgenommenen Schädel auf dem grünen Bett wissen. Es konnten natürlich Drogen sein, aber das glaubte er nicht. Der Garten wurde bei Sonnenuntergang geschlossen, das hier mußte am hellichten Tag geschehen sein. Unwahrscheinlich, daß Drogen im Spiel waren. Ratlos blickte sich der Maresciallo um.
    Wasserlinsen, hatte der Gärtner gesagt. Fast die gesamte Wasseroberfläche war bedeckt von einem Teppich aus blassen, runden Blättern und größeren, knollenförmigen Klumpen. Auf der gegenüberliegenden Seite des Beckens konnte er ein Fleckchen dunkelgrünes Wasser erkennen, dort hatten sich ein paar Enten ein wenig Platz freigefressen. Wahrscheinlich hatte ihr plötzlicher Anblick die plötzliche Erinnerung an seine Jugendsünde geweckt. Aber von diesem Fleckchen einmal abgesehen gab es nicht eine einzige Lücke in dem Pflanzenteppich. Wächst wie Unkraut …
    Der Maresciallo tauchte eine Hand ins Wasser, in gehörigem Abstand von dem Leichnam – sofern der überhaupt noch vorhanden war – und ertastete eines dieser knotigen Bündel. Es trieb auf dem Wasser, frei auf der Oberfläche, nur von den Nachbarpflanzen gehalten.
    »Hmm.« Damit würden sich die Experten befassen müssen. Während der Maresciallo die Hände mit einem weißen Taschentuch trocknete, wunderte er sich. Nicht über die Leiche an sich, sondern darüber, daß sie entdeckt worden war, darüber, wie aus dieser dichten, grünen Masse jemals ein Gesicht auftauchen konnte. Er setzte sich auf die warme Steinbank und sah sich um.
    Eine Mauer und eine hohe Lorbeerhecke begrenzten diesen Teil des Gartens. Rund um das Wasserbecken standen Topfpalmen, und dahinter begannen die niedrigen, geometrischen Hecken eines formalen Botanischen Gartens. Sehr schön angelegt und hübsch beschnitten, aber alles, was dieser Teil des Gartens zu bieten hatte, war Abgeschiedenheit. Wie man es auch betrachtete, hierher kam nur jemand, der allein sein oder nicht gesehen werden wollte.
    ›Es kommt kaum jemand bis nach hier oben. Warum auch?‹
    Jetzt kamen auf jeden Fall eine ganze Menge Leute. Der Maresciallo konnte die Autos bereits hören und erhob sich, als der Lieferwagen durch das eiserne Tor fuhr.
    Zwei Männer stiegen aus und wollten den Metallsarg aus dem hinteren Teil des Wagens herunterlassen, als sie von dem Fotografen gestoppt wurden. Sie mußten den Wagen zurücksetzen, damit er Aufnahmen aus der Entfernung machen konnte. »Ist es nur der Kopf oder …?« wollte er schließlich vom Maresciallo wissen, als er ein wenig näher kam.
    »Keine Ahnung.«
    »Dann müssen wir einiges von dem Grünzeug hier entfernen, sobald ich die ersten Nahaufnahmen im Kasten habe.« Allerdings beschäftigte er sich angelegentlich mit dem Wechseln des Objektivs, als es schließlich soweit war, und beauftragte zwei junge Carabinieri von der Borgognissanti-Wache mit dem Entfernen der Wasserlinsen.
    »Was ist, wenn es nicht herauskommt? Wir brauchen vernünftiges Werkzeug. Gibt es da nicht irgendwo einen Gärtner?«
    »Nein, nein, den brauchen wir nicht.« Der Maresciallo winkte ab. »Ich kann nicht zulassen, daß irgend jemand in unmittelbarer Nähe der Leiche Dummheiten macht. Sie brauchen es nur aufzunehmen, es schwimmt an der Wasseroberfläche. So ist es richtig. Aber seien Sie vorsichtig.«
    Es war ganz einfach, und bald schon tauchte der Körper an der Oberfläche auf. Nur der Kopf, der Hals und die Hände, die an der Oberfläche getrieben waren, waren beschädigt worden, der Rest war unversehrt geblieben. Von der Kleidung geschützt, war der Körper im Wasser nur aufgedunsen. Der Fotograf machte sich an die Arbeit, während sich der Maresciallo und die beiden Carabinieri in den Hintergrund zurückzogen. »Hat jemand den Staatsanwalt informiert?«
    »Darum hat sich der Capitano bereits gekümmert. Sollen wir am Eingang auf ihn warten?«
    »Ja bitte. Und falls Sie den Gärtner nicht sehen, der Sie nach hier oben geschickt hat, klopfen Sie am Fuße des Hügels an die Tür des langgestreckten, niedrigen Hauses auf der linken Seite. Er hat eine Handtasche gefunden.«
    Da sie auf den Staatsanwalt und anschließend auch noch auf den Leichenbeschauer warten mußten, ging die Sonne bereits unter, als der Leichnam endlich weggebracht werden konnte. Und so nutzte der Maresciallo die Gelegenheit, unbehelligt und in aller
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