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Eine Japanerin in Florenz

Eine Japanerin in Florenz

Titel: Eine Japanerin in Florenz
Autoren: Magdalen Nabb
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Frau.«
    ›Charmant und sehr elegant.‹ Zweifellos hatte Teresa recht, aber er hatte für so etwas kein Auge.
    Da der Capitano schwieg, fuhr er fort. »Allerdings wird sie wohl keine Anzeige erstatten. Konnte sich nicht dazu durchringen. Schließlich muß sie weiter mit ihren Nachbarn Tür an Tür leben. Und sie ist alleinstehend. Nicht ganz unverständlich. Ich glaube, die beiden haben sie besucht und dazu überredet, die Sache auf sich beruhen zu lassen, ihr wahrscheinlich einen Teil des Geldes zurückbezahlt. Ich kann sie nicht umstimmen, damit sie die Sache doch zur Anzeige bringt, und vielleicht hat sie ja auch recht.«
    »Machen Sie sich darüber keine Gedanken. Sie haben das Problem gelöst. Vielen Dank. Ist ansonsten alles in Ordnung bei Ihnen?«
    »Alles ruhig und friedlich.«
    »Und der Mann, der Ihnen Sorgen gemacht hat? Esposito heißt er, wenn ich mich recht erinnere, nicht wahr?«
    »Esposito. Ja. Ich weiß nicht. Ich habe mit ihm gesprochen, aber ich bin mir nicht sicher. Er macht auf mich einen unglücklichen Eindruck, einen sehr, sehr unglücklichen Eindruck. Ich denke, daß mehr als nur Heimweh dahintersteckt. Bis vor kurzem schien alles noch ganz in Ordnung zu sein. Ich werde ihn im Auge behalten. Er ist ein guter Mann. Sehr verläßlich, intelligent …«
    Sie sprachen noch kurz über einige Umbauarbeiten, die für die Schlafsäle der Carabinieri geplant und wegen fehlender Mittel auf unbestimmte Zeit verschoben worden waren. Doch der Colonello unterbrach ihr Gespräch.
    Der Fahrer holte den Maresciallo am Fuß der steinernen Treppe ab, und sie fuhren durch den dunklen Bogengang hinaus in den hellen Sonnenschein und die lärmende Betriebsamkeit der Via Borgognissanti. Der Maresciallo war entspannt und guter Laune, sehr zufrieden mit dem angenehmen Tag. Erst als sie den Torbogen zum Palazzo Pitti passierten, registrierte er, daß etwas anders war als sonst. Auf der Anzeigetafel bat eine Meldung in vier Sprachen die Besucher des Boboli-Gartens, sich umgehend zum nächsten Ausgang zu begeben, da der Garten schließen würde. Eine ganz normale Anzeige, die jeden Abend kurz vor Sonnenuntergang dort stand. Aber als der Wagen des Maresciallo durch den Torbogen fuhr, war es erst halb sechs, und die Sonne stand noch hoch oben am blauen Frühlingshimmel.
    2
    Und wo steckt die Frau jetzt?«
    »Keine Ahnung.« Der Gärtner zuckte mit den Schultern, war auf der Hut.
    »Aber Sie haben den Namen notiert.«
    »Den Namen? Ich hab geglaubt, daß jemand ertrinkt. Was hätten Sie da getan? Nach einem Stift gekramt und sie nach Namen, Adresse und Geburtsdatum gefragt?«
    »Schon gut. Ich frage ja nur.«
    »Und ich antworte nur. Ich bin Gärtner, kein Polizist, verflixt noch mal. Ich bin, so schnell es ging, hier hochgerannt. Das hätte jeder getan. Aber wenn ich mich nicht irre, war ich nicht schnell genug, oder?« Er warf einen unbewegten Blick auf die grünlichen Überreste dessen, was einmal ein Gesicht gewesen war. »Muß schon eine ganze Weile dort gelegen haben. Die Fische haben ganze Arbeit geleistet. Der Wind steht schlecht …«
    Der Maresciallo holte tief Luft und befahl sich, ganz ruhig zu bleiben.
    »Hat sie sonst noch was gesagt? Außer, daß sie glaube, jemand sei in das Becken gefallen?«
    »Nein – doch, sie hat noch gesagt, welches sie meint. Das Becken, das mit Wasserlinsen zugewachsen ist, hat sie gesagt. Wachsen wie Unkraut. Wir haben zuviel zu tun und jede Menge Wasserbecken. Ich wäre nie auf den Gedanken gekommen, das hier oben zu kontrollieren, es kommt kaum jemand hierher, warum auch?«
    »Zwei Menschen sind aber ganz offensichtlich doch hierhergekommen, wenn nicht sogar drei.«
    »Drei?«
    Die Bemerkung brachte den Gärtner aus dem Konzept. Wenn ein Florentiner sich zynisch und aggressiv gibt, um seine Betroffenheit zu verbergen, hilft nur Geduld. Der Maresciallo war ein Meister der Geduld.
    »Was meinen Sie mit drei?« Unwillkürlich hatte der Gärtner die Stimme gesenkt. »Sie glauben, jemand …? Sie glauben nicht, daß sie gestürzt ist?«
    »Wie tief ist das Wasser?«
    »Ungefähr einen Meter, mehr nicht … eher etwas weniger.« Der Gärtner machte Anstalten, sich auf den Beckenrand zu setzen.
    »Nicht. Sie dürfen sich nicht dahin setzen. Lassen Sie uns ein paar Schritte zurückgehen. Haben Sie die Leiche angefaßt, als Sie auf mich gewartet haben?«
    »Nein. Ich habe nur geguckt. Es hat eine ganze Weile gedauert, bis ich entdeckt habe, daß das …« Er brachte es nicht über sich,
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