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Eine Japanerin in Florenz

Eine Japanerin in Florenz

Titel: Eine Japanerin in Florenz
Autoren: Magdalen Nabb
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Personalausweis heraus. Annamaria Gori, geboren 1969, wohnhaft in der Via Romana, nicht weit weg vom Boboli, wenn er die Hausnummer am Annalena-Eingang noch richtig in Erinnerung hatte, der ungefähr auf halbem Weg zwischen dem Palazzo Pitti und der Porta Romana lag. Verheiratete Bellini. Er erkannte das Gesicht nicht, aber die Fotos für die Pässe waren ja neuerdings so klein …
    »Was haben Sie denn so Geheimnisvolles im Garten gemacht?« wollte er von dem ernsten Gesicht wissen.
    Mitte Dreißig. Alt genug, um Signor Bellini leid zu sein. Nicht sonderlich attraktiv. Vielleicht verriet ihm der Rest des Tascheninhalts mehr. Was für ein Durcheinander! Ein Kalender mit Adreßverzeichnis, in den sie mit unterschiedlichen Farben einiges eingetragen hatte, aber nichts von Interesse. Morgens hatte sie einen Zahnarzttermin gehabt, den sie wohl kaum eingehalten haben dürfte. Der Leichenbeschauer hatte geschätzt, daß sie bereits seit drei oder vier Tagen tot war. Er blätterte langsam zurück, konnte aber nichts entdecken, was auf ein Treffen mit einer anderen Person im Boboli-Garten schließen ließ. Er legte den Kalender zur Seite und zog die alte Schreibmaschine zu sich heran, um seinen Bericht mit einer langen Liste zu beginnen.
    Noch ein Adreßverzeichnis, älter und kleiner, Bankauszüge, eine prall gefüllte Brieftasche, Scheine und Münzen, ein Führerschein und Kreditkarten. Kassenbons aus dem Supermarkt, lange Ausdrucke und zahlreiche Abholscheine für die Reinigung, ein paar Visitenkarten, ein Brief in einem rosafarbenen Umschlag, ein Flugblatt von einem Kandidaten für die Stadtratswahlen, noch mehr Quittungen von einem Restaurant, einem Friseur und einem sehr teuren Modegeschäft, zwei Kämme, einer davon zerbrochen, drei Lippenstifte, einer aufgebraucht, ein großer Schlüsselbund, ein zur Hälfte aufgegessener Schokoriegel, ein weiterer, ungeöffneter Riegel derselben Sorte …
    Weiter und weiter ging die Liste und erzählte von einem Leben, in dem es reichlich Geld, wenig Sinn und keinerlei Ordnung gab.
    Vier Päckchen Papiertaschentücher, zwei offen, fünf gebrauchte, zusammengeknüllte Tücher, drei Plastikkugelschreiber, keiner funktionstüchtig, ein goldener Füllhalter mit leerer Patrone, zwei Leuchtfarben-Filzstifte, der rosafarbene ohne Kappe war ausgetrocknet …
    Als der Maresciallo die Liste fertiggestellt hatte, zog er sie aus der Schreibmaschine und streckte sich gähnend. Er hatte Hunger. Lorenzini streckte den Kopf zur Tür herein.
    »Haben Sie einen Augenblick Zeit?«
    »Hmhm, kommen Sie rein.«
    »Wie läuft’s?«
    »Keine Ahnung. Da ist ein Ausweis in der Tasche. Sie wohnt ein Stück die Straße hinunter. Kennen Sie die Frau?«
    Lorenzini schaute sich das Paßbild an und schüttelte den Kopf. »Aber bei den kleinen Fotos heutzutage bin ich mir wirklich nicht …«
    »Ich weiß. Ich gehe jetzt dorthin. Könnten Sie vielleicht den Dienstplan für morgen übernehmen?«
    »Ist schon erledigt. Habe mir gedacht, daß Sie keine Zeit haben.«
    Dem Himmel sei Dank für Lorenzini. Der Maresciallo kontrollierte rasch den Plan und zeichnete ihn ab. »Sonst noch was?«
    »Ich hätte gern noch rasch mit Ihnen über Nardi gesprochen.«
    »O nein.«
    »Ich will mich wirklich nicht drücken, aber die haben sich einfach an Sie gewöhnt.«
    »Ich habe so langsam, aber sicher wirklich mehr als genug von der Bagage. Was ist denn jetzt schon wieder passiert?«
    Nardi, der im Zuständigkeitsbereich der Pitti-Wache lebte, machte regelmäßig Probleme. Was eine Frau an ihm finden konnte, würde dem Maresciallo für immer verschlossen bleiben, dennoch hatte dieser Mann zwei. Eine Ehefrau und eine Geliebte, die seit Jahren ohne irgendein Resultat um ihn stritten. Nun schien der Streit ganz plötzlich wieder neu entflammt zu sein.
    »Erinnern Sie sich, wie Monica herkam, um die Ehefrau anzuzeigen, weil sie sich von ihr bedroht fühlte?«
    »Ja, und?«
    »Nun ja.«
    »Nun ja was?«
    »Sie hatte recht. Nardis Frau … Wie heißt sie noch?«
    »Constanza.«
    »Constanza, richtig. Sie marschierte geradewegs auf Monica zu, als sie heute morgen aus dem Metzgerladen trat, und hat ihr eine geknallt.«
    »Sie hat was?«
    »Monica hat ein blaues Auge, eine aufgeplatzte Lippe und ein paar Kratzer. Und sie ist ins Krankenhaus gegangen. Damit ist das Ganze offiziell, und da Monica sie angezeigt hat, müssen wir etwas unternehmen.«
    »Um Himmels willen.«
    »Ich weiß. Vielleicht können wir die beiden ja beruhigen.«
    »Aber
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