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Eine hinreißend widerspenstige Lady

Titel: Eine hinreißend widerspenstige Lady
Autoren: Loretta Chase
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Daphne geschehen gewesen. Sie hatte sich Hals über Kopf, bis über beide Ohren und schier hoffnungslos in sie verliebt. All ihr jugendlicher Forscherdrang war einzig darauf gerichtet gewesen, ihren verschwiegenen kleinen Herzen ihr Geheimnis zu entlocken. Dann war sie für einen Mann entbrannt, der fast dreimal so alt gewesen war wie sie, und hatte ihn geheiratet, weil er a) auf poetische Weise gut aussehend, b) ein Sprachgelehrter und c) Besitzer all der Bücher war, nach denen es sie so sehr gelüstete.
    Damals hatte sie geglaubt, sie seien füreinander geschaffen.
    Sie war neunzehn gewesen und hatte manches recht verklärt gesehen.
    Bald schon hatte sie jedoch eine recht schmerzliche Lektion lernen müssen. Ihr Gatte - brillanter Wissenschaftler, der er war - glaubte ganz so wie weitaus dümmere Männer, dass geistige Anstrengungen dem von Natur aus schwachen Verstand der Frau zu große Mühen abverlangten.
    Ihm sei nur an ihrem Wohl gelegen, hatte er behauptet und ihr verboten, die ägyptischen Schriftzeichen zu erforschen. Er meinte, dass es auch männlichen Gelehrten, die des Arabischen, Koptischen, Griechischen, Persischen und Hebräischen mächtig seien, kaum gelingen dürfte, sie in absehbarer Zeit zu entziffern. Was ihm nicht weiter bedauerlich schien, sei die altägyptische Kultur doch eine archaische gewesen und jener des antiken Griechenland weit unterlegen, weshalb die Entschlüsselung der Hieroglyphen gewiss wenig zum Wissen der Menschheit beizutragen habe.
    Daphne war die Tochter eines Pfarrers. Sie hatte einen heiligen Schwur abgelegt, ihren Gatten zu lieben, ihn zu ehren und ihm zu gehorchen, und sie mühte sich redlich. Doch als ihr immer deutlicher wurde, dass sie entweder ihre Studien fortsetzen musste oder aber vor Langeweile und Entsagung den Verstand verlieren würde, entschied sie sich, das Schicksal ewiger Verdammnis zu riskieren, und widersetzte sich den Wünschen ihres Gatten. Fortan betrieb sie ihre Studien heimlich.
    Vor fünf Jahren war Virgil Pembroke gestorben. Bedauerlicherweise waren die Vorbehalte gegenüber weiblicher Gelehrsamkeit nicht mit ihm zu Grabe getragen worden, weshalb immer noch nur ihr nachsichtiger Bruder und einige wenige Freunde von ihrem Geheimnis wussten. Alle anderen glaubten, dass ihr Bruder Miles das Sprachgenie in der Familie sei.
    Wäre er das tatsächlich, hätte er aber keine zweitausend Pfund für den Papyrus gezahlt, mit dem sie sich gerade befasste. Ein Händler namens Vanni Anaz hatte behauptet, dass dieser Papyrus ausführlich die letzte Ruhestätte eines jungen Pharao beschreibe, Name unbekannt - was bislang bei fast allen ägyptischen Königen der Fall war. Die Geschichte war eindeutig eine Ausgeburt romantisch veranlagter orientalischer Fantasie. Kein halbwegs gebildeter Mensch konnte sie auch nur einen Augenblick für bare Münze nehmen. Dennoch schien Miles nicht davon abzubringen, und das verwunderte Daphne sehr.
    Er war hinaus nach Gizeh gefahren, um die Chephren-Pyramide noch einmal genauer in Augenschein zu nehmen, denn das, so meinte er, könne ihm vielleicht das Bauprinzip der alten Grabstätten erschließen und ihm dabei helfen, das Grab des namenlosen jungen Pharao samt aller verborgenen Schätze aufzuspüren.
    Wenngleich Daphne davon überzeugt war, dass die Pyramiden ihrem Bruder überhaupt nichts erschließen würden, schwieg sie still. Denn wozu ihm den Spaß verderben, wo es ihm doch so viel Freude bereitete, die Pyramiden zu erkunden? Und so hatte sie einfach nur dafür gesorgt, dass er ausreichend Proviant mitnahm, denn er hatte über Nacht in Gizeh bleiben wollen.
    Sie hatte das Angebot ausgeschlagen, ihn zu begleiten, war sie doch schon einmal dort gewesen und hatte sich die beiden bereits zugänglichen der drei Pyramiden etwas genauer angesehen. In keiner hatte sie Hieroglyphen entdecken können, wenngleich mancher Besucher so tiefsinnige Gedanken wie „Severinus liebt Claudia“ in den Fels geritzt hatte. Vor allem war sie keineswegs darauf erpicht, sich noch einmal durch die langen, engen, stickig warmen Gänge im Innern der Pyramiden zwängen zu müssen.
    Im Augenblick lag ihr jeglicher Gedanke an die Pyramiden ohnehin fern, denn gerade war Daphne zu dem Schluss gekommen, dass Dr.Young das Zeichen mit der Schlinge und den drei kleinen Schweifen falsch gedeutet haben müsse, als ihre Dienerin Lina zur Tür hereinstürmte.
    „Es wird ein Blutbad geben!“, rief Lina. „Dummer englischer Hitzkopf, dummer! Blut wird durch die
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