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Eine handvoll Dunkelheit

Eine handvoll Dunkelheit

Titel: Eine handvoll Dunkelheit
Autoren: Philip K. Dick
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einzige, der es kann. Ich lebe. Gam lebt.« Sie lachte. »Ja, das werde ich«, fuhr sie fort und ahmte perfekt seine Stimme nach. »Claude St. Cyr hatte recht; in Ordnung, ich werde gehen. Ich werde gehen. Ich werde gehen.« Sie befand sich nun zwischen ihm und der Tür. »Das Fenster«, sagte sie. »Tu’s jetzt, das, was du tun wolltest, als ich dich daran gehindert habe.« Sie eilte auf ihn zu, und er wich zurück, Schritt für Schritt, bis er die Wand in seinem Rücken spürte.
    »Es steckt alles in deinem Kopf«, murmelte er, »dieser Haß. Jeder ist neidisch auf dich; ich, Gam, St. Cyr und Harvey. Was hat das Ganze für einen Sinn?«
    »Der Sinn«, erwiderte Kathy, »ist, daß ich dir zeige, was du wirklich bist. Weißt du es denn nicht? Du bist sogar schlechter als ich. Ich bin nur ehrlich.«
    »Warum gibst du dich als Louis aus?« fragte er.
    »Ich bin Louis«, erklärte Kathy. »Als er starb, ging er nicht ins Halbleben über, weil ich ihn verschlungen habe; er wurde ich. Ich habe darauf gewartet. Alfonse und ich hatten alles ausgearbeitet, den Sender dort draußen mit den Tonbändern – es hat dir Angst eingejagt, nicht wahr? Ihr habt alle Angst, zuviel Angst, um sich ihm entgegenzustellen. Er ist bereits nominiert.«
    »Noch nicht«, widersprach Johnny.
    »Aber es wird nicht mehr lange dauern«, sagte Kathy. »Und ich werde seine Frau sein.« Sie lächelte ihn an. »Und du und die anderen, ihr werdet dann tot sein.« Sie trat näher und sang: »Ich bin Gam, ich bin Louis, und wenn du tot bist, dann werde ich du sein, Johnny Barefoot, und alle anderen; ich werde euch alle verschlingen.« Sie öffnete weit ihren Mund, und er erblickte ihre scharfen, gezackten, totenbleichen Zähne.
    »Und du wirst über die Toten herrschen«, sagte Johnny, und er traf sie mit aller Kraft am Kinn. Sie wurde zurückgeschleudert, fiel und war mit einemmal wieder auf den Beinen und stürzte auf ihn zu. Bevor sie ihn erreichte, wich er zur Seite, erhaschte einen Blick auf ihr verzerrtes, aufgelöstes Gesicht, die Platzwunde – und dann öffnete sich die Tür und St. Cyr und Harvey erschienen in Begleitung von zwei Schwestern. Kathy blieb stehen. Er ebenfalls.
    »Kommen Sie, Barefoot«, sagte St. Cyr und winkte.
    Johnny durchschritt das Zimmer und schloß sich ihnen an.
    Kathy ließ den Saum ihres Morgenmantels durch ihre Finger gleiten und erklärte nüchtern: »Also war alles geplant; Johnny soll mich töten. Und ihr anderen werdet danebenstehen und euch daran vergnügen.«
    »Sie haben draußen im Raum einen riesigen Sender«, stieß Johnny hervor. »Sie haben ihn vor langer Zeit dahingeschafft, vielleicht schon vor Jahren. Die ganze Zeit haben sie auf Louis’ Tod gewartet; vielleicht haben sie ihn am Schluß sogar getötet. Sie wollten Gams Nominierung und Wahl erreichen, indem sie alle anderen mit diesen Sendungen terrorisierten. Sie ist krank, viel kränker, als wir geahnt haben, sogar kränker, als Sie dachten. Das meiste spielte sich im verborgenen unter der Oberfläche ab.«
    St. Cyr zuckte die Achseln. »Nun, man wird sie entmündigen.« Er wirkte ruhig, sprach aber ungewöhnlich langsam. »Im Testament stehe ich als Vormund; ich kann das Verfahren gegen sie einleiten, die Einweisungspapiere ausstellen und dann für ihre Unterbringung sorgen.«
    »Ich werde eine Gerichtsverhandlung verlangen«, erklärte Kathy. »Ich kann die Richter von meiner geistigen Gesundheit überzeugen; es ist wirklich einfach, und ich habe das schon einmal gemacht.«
    »Möglich«, gab St. Cyr zu. »Aber auf jeden Fall wird der Sender ausgeschaltet sein; bis zur Gerichtsverhandlung werden sich die Behörden darum gekümmert haben.«
    »Es wird Monate dauern, ihn zu erreichen«, entgegnete Kathy. »Selbst mit dem schnellsten Schiff. Und dann wird die Wahl vorbei und Alfonse Präsident sein.«
    St. Cyr warf Johnny Barefoot einen Blick zu. »Vielleicht«, murmelte er.
    »Darum haben wir ihn so weit draußen installiert«, fuhr Kathy fort. »Es war Alfonses Geld und mein Geschick; ich habe Louis’ Geschick geerbt, wie Sie sehen. Ich kann alles erreichen. Für mich ist nichts unmöglich; ich muß es nur richtig wollen.«
    »Du wolltest, daß ich springe«, erinnerte Johnny. »Und ich habe es nicht getan.«
    »Du wärest gesprungen«, versicherte Kathy, »eine Minute später. Wenn die nicht hereingeplatzt wären.« Sie schien’ ihre Fassung zurückgewonnen zu haben. »Möglicherweise wirst du es noch tun; ich werde dich nicht in Ruhe lassen. Und
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