Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine handvoll Dunkelheit

Eine handvoll Dunkelheit

Titel: Eine handvoll Dunkelheit
Autoren: Philip K. Dick
Vom Netzwerk:
Und alles ohne Erfolg.« Bebend trat er vom Tresen zurück. »Kommen Sie und überzeugen Sie sich selbst. Offen gesagt, ich glaube, daß eine Absicht dahintersteckt; ein derartiger Fehler kann nicht auf natürlichem Wege entstehen, wenn Sie begreifen, was ich meine.«
    »Führen Sie mich zu ihm«, verlangte St. Cyr.
    »Natürlich.« Der Institutsbesitzer geleitete ihn blaß und aufgeregt durch das Gebäude bis zum Kältesilo, und schließlich blieb er vor einem Sarg stehen, vor dem Sarg, wie St. Cyr erkannte, von Louis Sarapis. »Beabsichtigen Sie, eine Schadensersatzklage einzureichen?« fragte der Institutsbesitzer furchtsam. »Ich versichere Ihnen, wir ...«
    »Ich bin nur hier«, erklärte St. Cyr, »um den Leichnam abzuholen. Sagen Sie bitte Ihren Leuten, sie sollen ihn auf einen Wagen laden.«
    »Ja, Mr. St. Cyr«, nickte Herb Schönheit von Vogelsang sanft und gehorsam; er winkte zwei Institutsangestellte herbei und erteilte ihnen die entsprechenden Anweisungen. »Haben Sie einen Lastwagen bei sich, Mr. St. Cyr?« fragte er.
    »Das ist doch wohl Ihre Aufgabe«, entgegnete St. Cyr indigniert.
    Kurz darauf war der Leichnam in seinem Sarg auf einem Transporter des Institutes verstaut, und der Fahrer erkundigte sich nach dem Bestimmungsort.
    St. Cyr nannte ihm Phil Harveys Adresse.
    »Und die Schadensersatzklage«, murmelte Herb Schönheit von Vogelsang, als St. Cyr sich neben dem Fahrer des Transporters niederließ. »Sie wollen uns doch keinen Kunstfehler unterstellen, oder, Mr. St. Cyr? Denn wenn Sie ...«
    »Soweit es uns betrifft, ist die Angelegenheit damit erledigt«, erklärte St. Cyr lakonisch und gab dem Fahrer das Zeichen zum Aufbruch.
    Sobald sie das Bestattungsinstitut verlassen hatten, begann St. Cyr zu lachen.
    »Was ist denn so lustig?« fragte der Fahrer des Leichenwagens.
    »Nichts«, wehrte St. Cyr ab, und er kicherte immer noch.
     
    Als er den eingesargten Leichnam, noch immer dick in die Frostpackungen gehüllt, in Harveys Haus abgestellt hatte und der Fahrer ins Institut zurückgekehrt war, griff St. Cyr nach dem Telefon und wählte. Aber es war ihm nicht möglich, eine Verbindung zu der Halle zu bekommen, in der der Parteitag stattfand. Alles, was er hörte, war – sehr zu seinem Ärger – das ferne, unheimliche Knistern, die monotone Litanei von Louis Sarapis. Er legte auf, erleichtert und gleichzeitig enttäuscht.
    Davon haben wir genug gehabt, sagte sich St. Cyr. Ich werde nicht auf Harveys Zustimmung warten; ich brauche sie nicht.
    Er durchsuchte das Wohnzimmer und fand in einem Kleiderschrank einen Hitzestrahler. Er zielte auf Louis Sarapis’ Sarg und drückte den Abzug.
    Die Frostpackung dampfte, der Sarg zischte, als das Plastik schmolz.
    Der Leichnam schwärzte sich, schrumpelte zusammen, verkohlte zu einem kleinen, formlosen Etwas.
    Befriedigt legte St. Cyr den Hitzestrahler wieder in den Kleiderschrank zurück.
    Erneut griff er nach dem Telefon und wählte.
    An seinem Ohr intonierte die monotone Stimme: »... niemand außer Gam kann es schaffen; Gam ist der Mann, der es kann – ein guter Slogan, Johnny. Gam ist der Mann, der es kann; vergiß das nicht. Ich werde reden; geben Sie mir das Mikro und ich werde es ihnen sagen. Gam ist der Mann, der es kann. Gam ist ...«
    Claude St. Cyr schmetterte den Hörer auf die Gabel, wandte sich den geschwärzten Überresten von Louis Sarapis zu; benommen starrte er das an, was er nicht begreifen konnte. Als St. Cyr den Fernseher einschaltete, drang auch aus ihm diese Stimme; nichts hatte sich verändert.
    Die Stimme von Louis Sarapis entstammte nicht seinem Körper. Denn der Körper existierte nicht mehr. Es bestand einfach keine Verbindung zwischen den beiden Dingen.
    Claude St. Cyr ließ sich in einem Sessel nieder, holte seine Zigaretten hervor, zündete eine mit zittrigen Fingern an und versuchte zu verstehen, was dies zu bedeuten hatte. Er schien der Erklärung ganz nah zu sein.
    Aber mehr auch nicht.
     
    5
     
    Mit der Monobahn – er hatte seinen Kopter im Geliebte-Menschen-Bestattungsinstitut zurückgelassen – fuhr Claude St. Cyr zur Parteitagshalle. Natürlich war es dort drängend voll; ein furchtbarer Lärm herrschte. Aber es gelang ihm, sich der Dienste eines Robotordners zu versichern; über ihn erfuhr er, daß sich Phil Harvey in einem der Nebenräume aufhielt, die von den Delegationen benutzt wurden, wenn sie ungestört konferieren wollten.
    Harvey wurde ausgerufen, und zerzaust von dem Gedränge der Zuschauer und
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher