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Eine Freundin zum Anbeissen

Eine Freundin zum Anbeissen

Titel: Eine Freundin zum Anbeissen
Autoren: Franziska Gehm
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zurück ins Bett.
    Ungefähr fünf Kilometer weiter südlich in der Innenstadt überprüfte Herr Dr. Peter Steinbrück den Sitz seiner Nackenstütze. Er hatte ein dickes Handtuch daruntergewickelt und außen eine runde Kuchenform um die Nackenstütze geklickt. Herr Dr. Steinbrück ging auf Nummer sicher. Seit er wusste, dass dieser Bissgestörte tatsächlich existierte und seine Töchter sogar mit seiner Tochter auf eine Schule gingen, überließ er nichts mehr dem Zufall. Zu seiner großen Sorge hatte sich Helene geweigert, ebenfalls eine Nackenstütze umzulegen. Sie war merkwürdig verschlossen gewesen und hatte behauptet, sie würde den bissigen Mann und die beiden Mädchen nicht weiter kennen. Dabei kamen die Mädchen sogar Herrn Steinbrück bekannt vor. Waren es Patientinnen? Hatte er sie schon mal in der Schule gesehen? Oder verwechselte er sie nur mit jemandem?
    Herr Dr. Steinbrück lag auf dem Rücken, hatte alle viere von sich gestreckt und starrte an die Decke. Es würde ihm schon noch einfallen. Wenn nicht heute Nacht, dann morgen. Er drehte sich auf die Seite. Die Kuchenform knackte. Dann schlief Herr Dr. Steinbrück ein. Es war eine traumlose und bissfreie Nacht.
    Helene Steinbrück lag in ihrem japanischen Bett und träumte von einem schlanken, großen Mann mit einer langen schwarzen Mähne. Er hatte rubinrote Augen und einen Schönheitsfleck. Seine Hände waren schneeweiß, als sie sich um ihre Schultern schlangen. Dann biss er sie in den Hals. Es war ein schöner Traum.
    Daka stieß sich mit dem Fuß am Metallgestell ihres Schiffsschaukelsargs ab. Die Federn quietschten leise. Silvania drehte sich auf den Bauch und stützte das Kinn in die Hände. Sie lutschte an einem Stück Knackwurst, das sie sich heimlich aus der Küche geholt hatte. »Am liebsten würde ich morgen gar nicht in die Schule gehen«, flüsterte sie.
    »Das denke ich ehrlich gesagt jeden Abend«, erwiderte Daka.
    »Wenn wir Freunde in der Klasse hätten, wie in Bistrien, wäre das anders.«
    »Kann sein. Dann könnten wir die Freunde auch einfach zu uns einladen, und wir müssten gar nicht mehr in die Schule.«
    Silvania schnaufte. »Zu uns will keiner kommen. Jetzt schon gar nicht mehr.«
    Einen Moment blieb es still im Zimmer der Zwillinge.
    »Immerhin sind wir nicht allein«, sagte Daka schließlich leise. »Wir haben uns.«
    Silvania lächelte. Aber ihre Augen waren traurig. Sie drehte sich zur Wand und flüsterte: »Boi noap, Daka.«
    »Boi noap, Silvania.«
    Ungefähr 8000 Kilometer von Deutschland entfernt ließ sich Oma Zezci von Juan in den weißen Sand einbuddeln, während ihr Bob einen frischen Bloody Larry mixte. In Jamaika glitzerte die Nachmittagssonne auf dem Meer. Sie wusste nichts von den nächtlichen Sorgen der Zwillinge in der Reihenhaussiedlung in Bindburg.

Genesung
    A rmin Schenkel hatte die letzten Tage auf der Couch im Wohnzimmer in Haus Nummer 24 verbracht. Von der Grippe waren nur noch ein schwaches Kratzen im Hals und eine rote Stelle unterhalb der Nase geblieben. Herr Schenkel fühlte sich gesund. Gestern und vorgestern hatte er bereits mit dem Laptop von zu Hause aus gearbeitet. Sonst wäre seine Firma im völligen Chaos versunken. Und die Wohnung auch. Denn vor lauter Langeweile hatte er angefangen, Schränke auszuräumen und Möbel umzustellen.
    Seine Frau Janina war sehr froh über den Laptop. Sein Sohn Linus auch. Wenn Papa es erlaubte, schrieb er mit atemberaubender Geschwindigkeit und Zehnfingersystem lange Briefe an seinen Papa: hjkhjkchbsmabiuesabksxüfcskjb jcslknckscnjs b vsjkchskiklöajlk!
    Die Eltern waren stolz.
    Doch heute, fand Armin Schenkel, hatte es sich ausgecoucht. Er musste ins Büro. Seine Mitarbeiter, Pflichten, Aufgaben und der Filterkaffee von Frau Reiter warteten auf ihn. Herr Schenkel packte gerade seinen Laptop in die Tasche, als im Haus Nummer 23 gegenüber die Tür aufging. Herr Schenkel erstarrte in der Bewegung und sah zu den Mädchen, die zur Tür herauskamen. Einen Moment dachte er, sie wären zu einem Faschingsball unterwegs, aber dazu war weder die Jahreszeit noch die passende Uhrzeit.
    Das Mädchen mit den stacheligen, pechschwarzen Haaren und der großen Sonnenbrille hüpfte die Eingangsstufen herunter. Es hatte ein schwarzes T-Shirt an, das bis zu den Oberschenkeln reichte und auf dem silbern ein Totenschädel mit einer Krone und Flügeln glitzerte. Der Rest der Beine war von einer schwarzen Strumpfhose bedeckt, die ein Muster wie ein Spinnennetz bildete. Die
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