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Eine Frau - Ein Bus

Titel: Eine Frau - Ein Bus
Autoren: Doreen Orion
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hängen blieb. Langsam breitete sich ein Lächeln auf seinen Zügen aus. Er faltete die Hände vor der Brust und sah mir mit unerschütterlicher Zuversicht in die Augen.
    »Von innen steuerbares Satelliten-TV«, sagte er nur.
    »Ich …« Mein Zögern besiegelte mein Schicksal. Während die meisten Menschen annehmen würden, dass der Mann der Fernsehsüchtling in der Familie ist, sieht Tim kaum fern. Er ist zu beschäftigt damit, draußen irgendwelche Dinge zu erledigen, während ich … John lud einen Wortschwall über mir ab und zog langsam die Schlinge zu.
    »Ihr Mann kann vorn bleiben und fahren, während Sie hinten sind, ganz gemütlich und lauschig … im Schlafanzug … und kuscheln mit Ihrer …« Er erspähte ein weißes Haar auf meiner schwarzen Gucci-Handtasche. »… Katze?« Er warf mir einen fragenden Blick zu. Meine Augen weiteten sich. John trat einen Schritt zurück und strahlte mich triumphierend an.
    »Tim«, rief ich mit schwacher Stimme. Er schien mich
nicht zu hören, sondern stand vor der Fotowand mit Bussen in den verschiedenen Stadien der Entblößung. Fehlten nur noch Brustwarzentroddel an der Stoßstange, Radkappen aus schwarzem Netzstoff und verführerische Blicke unter die Motorhaube. Die Situation schrie förmlich nach meinem Lieblingsjaulen: vollmundig und durchdringend, mit mehr als nur einem Hauch Provokation.
    »Tiiii-mmmm!« Immer noch nichts. Schluss mit der Zurückhaltung.
    » TIM! « Er und der Rest der Menschheit fuhren zu mir herum. Er sah, wie entsetzt ich war, trotzdem fiel es ihm sichtlich schwer, den Blick von dem Bus-Porno loszureißen.
    »Bring mich von diesem bösen Mann weg«, winselte ich. Er warf John einen fragenden Blick zu, den dieser mit einem kaum merklichen Zwinkern und einem Nicken quittierte. Dann führte Tim mich weg, während er eine Visitenkarte von Vanture in seiner Tasche verschwinden ließ.
     
    Viele Leute fragen sich, wie Tim und ich zusammenfinden konnten. Wir auch. Von unserem Beruf einmal abgesehen, bezweifle ich, dass man ein Paar findet, das weniger zusammenpasst als wir: Tim liebt die Natur, behandelt jeden, dem er begegnet, mit Freundlichkeit und ist von dem übermächtigen Drang erfüllt, immer in Bewegung zu bleiben, Dinge zu erledigen. Ich bin eher der misanthropische Couch-Potato-Typ. Als klinischer Psychiater kümmert Tim sich um Patienten, während ich dies dank meiner Arbeit als Versicherungsgutachterin gottlob vermeiden kann. Als es also Zeit wurde, dass wir unsere Sachen packten und Tim seine Praxis aufgab (ebenso wie seine Tätigkeit als medizinischer Direktor einer psychiatrischen Klinik), weinten
seine Patienten. Und die Angestellten. Ich entdeckte sogar Tränen in den Augen der Hausmeister, da Tim allem und jedem mit Freundlichkeit begegnet.
    An den Wochenenden lässt dieser gutmütige Psychiater Anzug und Krawatte im Schrank, setzt seine Sicherheitsbrille auf, steigt in seine Stahlkappenstiefel und schlüpft in die Rolle des … AF - Allround-Freak, Superheld von Heim und Hof. Tim repariert alles im und ums Haus. Ich bezeichne das als seine nervig-protestantische Arbeitswut und danke Gott jeden Tag aufs Neue, dass ich dieses Kreuz nicht aufgebürdet bekommen habe. Ob es um die Gartengestaltung geht (einschließlich Installation eines Bewässerungssystems), um die Säuberung der Regenrinnen (nebst Reparatur von Löchern) oder um das Fällen kranker Bäume (und ihrer Weiterverarbeitung zu Brennholz für den Winter) - am Sonntagmorgen um neun Uhr früh hat mein Göttergatte mehr erledigt, als ich mir als Wochenpensum vornehme. (Ich habe diesen TV-Spot der US-Army nie verstanden. Soll die Tatsache, dass man vor dem Morgengrauen aufsteht und sich den Hintern wund arbeitet, tatsächlich ein Argument sein, diesem Verein beizutreten?)
    Ich will nicht den Eindruck entstehen lassen, Tim sei der reinste Engel. Weit gefehlt. Er nutzt sein Wissen über … na ja … alles schamlos aus. Nicht nur das, er verwendet meine Trägheit gegen mich, wann immer er Gelegenheit dazu hat. Ein Beispiel: Mir ist ständig zu warm. Es sei denn, es ist Winter, dann ist mir kalt. Ja, ein Teil des Problems, wenn die Außentemperatur fällt, ist, dass ich mich noch weniger bewege als sonst, aber trotzdem zählt die Regulierung meiner Körpertemperatur nicht unbedingt zu meinen Stärken, und ich finde nicht, dass ich für diese Behinderung auch noch bestraft werden sollte. Tim dagegen vertritt die Ansicht,
ich sollte mich im Winter einmummeln. Er sagt, ich könne
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