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Eine Frau - Ein Bus

Titel: Eine Frau - Ein Bus
Autoren: Doreen Orion
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Dollar fürs Bad? Na ja, hätten wir ein Haus, bräuchten wir zwei, also sparen wir sogar noch, wenn wir eines in unseren Bus einbauen lassen! Natürlich war eine Granitarbeitsplatte für die Küche unerlässlich, aber musste es unbedingt der teuerste Granit sein, der je abgebaut wurde? Wir verliebten uns auf den ersten Blick in den Blue Bahia mit seiner intensiv azurblauen Äderung, die regelrecht zu pulsieren schien, als er uns inmitten der ansonsten nüchternen Waschbecken-Kollektion entgegensprang.
    »Was ist denn das?«, fragten wir die Verkäuferin. Sie zögerte, ehe sie den Namen mit einer Mischung aus Ehrfurcht und Angst aussprach, als wäre sie einer meiner Vorfahren, der es wagte, den Namen Jehova in den Mund zu nehmen.
    »Das ist der teuerste Granit, den wir führen«, antwortete sie entschuldigend.
    »Wie viel?«, wollte Tim wissen.
    »Drei-zwo pro Quadratmeter.«
    »Oh, das ist aber nicht … Moment mal. Sie meinen dreitausendzweihundert Dollar pro Quadratmeter?« Sie nickte beschämt.
    »Wo wird er abgebaut? Auf dem Mars?«, wollte ich wissen.

    »So ungefähr«, erwiderte sie. »Unter Wasser.« Sie hielt einen Moment inne. »Wenn einer der Jungs ihn fallen lässt, wird er …«, fuhr sie noch leiser fort, während Tim und ich uns verstohlen im Laden umsahen und den Atem anhielten, »… gefeuert«, endete sie mit kaum hörbarer Stimme.
    Wir waren zutiefst beeindruckt. Und noch mehr, als sie, wie es von einer Inneneinrichtungsexpertin erwartet wurde, ein Muster unserer tief kirschroten Schränke vor den Granit hielt. Es war eine unwiderstehliche Kombination, doch wir waren zum Widerstand bereit. Tim und ich brüsten uns, so ziemlich allem und jedem mit vereinten Kräften entgegenzutreten. Wir würden uns auf keinen Fall in Versuchung führen lassen. Bis sie unser Schicksal besiegelte.
    »Oooohhh!«, rief sie. »Das wird Ihrem Leben aber mächtig neuen Schwung geben!« Angesichts einer derartigen Verheißung konnten wir, nach fast vierzehn Jahren Partnerschaft, nicht Nein sagen.
    Das Argument für den Granit, die Abdeckplatten aus rostfreiem Stahl und die handgefertigten Deckenapplikationen waren schnell gefunden. »In einem Haus bekämen wir das nie. Aber in einem Bus? Wie viele Quadratmeter brauchen wir da schon?« Die Höhe des Preises für die Fensterabdeckungen aus holländischer Merinowolle war so unfassbar, dass ich mir die Frage nicht verkneifen konnte. »Wie ist das möglich? Fliegen die die Schafe etwa erster Klasse hierher und scheren sie hier?«
    Kosten, so stellte sich heraus, waren nur der erste von vielen, vielen Aspekten des Lebens in einem Bus, den wir unterschätzt hatten.

Kapitel Zwei
    Eins, zwei, drei, Test, Test, Test
    Phobischer Betbruder
    1 Teil Frangelico
1 Teil Himbeerlikör
⅔ Teil Baileys
     
    Martinishaker mit beiden Händen gut festhalten, heftig zittern und hinunterkippen.
    B evor wir uns im Sommer 2004 endgültig auf den Weg machen würden, hatten uns die Jungs von Vanture zugeredet, eine »Testtour« zu unternehmen, eine Probefahrt, um »die Kinderkrankheiten auszukurieren.« Tim und ich hatten zwar keine Ahnung, was damit gemeint war, sollten es aber leider bald herausfinden.
    Am Tag vor der Abreise zu unserer dreiwöchigen Minitour war Peter, der Elektrospezialist, immer noch nicht fertig. Während der gesamten einjährigen Umbauphase des Busses hatte sich immer wieder gezeigt, dass Peter ein ernsthaftes Problem mit seiner Zeiteinteilung hatte. (Erst als wir den Bus bezogen hatten, stellten wir fest, dass er ein noch viel größeres Problem mit maßgefertigter Elektronik
hatte.) Abgesehen von seinem Zeiteinteilungsproblem hatten wir uns im Lauf der Zeit auch an seine kreativen Versuche gewöhnen müssen, Verantwortung zu übernehmen.
    »Wissen Sie, Doreen, das hier ist genauso, wie wenn man ein Haus baut. Dem Elektriker lässt man nie genug Platz. In einem Bus ist es noch viel schlimmer, weil er so knapp ist. Ich war neulich mal da und …«
    Um halb sechs Uhr abends erschien Peter endlich. Er brauchte vier Stunden, um das Internet in Gang zu bringen, ein Fernsehsignal gab es aber immer noch nicht. Um halb ein Uhr früh war ich diejenige, die vorschlug, für heute Schluss zu machen.
    »Drei Wochen kann ich auch ohne Fernsehen leben«, erklärte ich dem verblüfften Tim. »Peter kann sich darum kümmern, wenn wir zurück sind.«
    »Bist du sicher? Das ist so, als würden normale Leute ohne Wasser oder Lebensmittel aufbrechen«, wandte Tim ein und machte Anstalten, mir
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