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Eine Frau besorgen - Kriegsgeschichten

Eine Frau besorgen - Kriegsgeschichten

Titel: Eine Frau besorgen - Kriegsgeschichten
Autoren: László Darvasi
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Nacken massierte und ihre Fingerkuppen sich in den Spuren der Hundezähne verirrten. Bestimmt blutete ihr vom Sturz auch das Gesicht.
    Welche Farbe haben Ihre Haare, Pamela, fragte ich schließlich.
    Ich lasse sie färben, sagte sie.
    Welche Farbe haben sie jetzt?
    Blond.
    Leider hörte der Wind auf. Ein Schatten huschte über den Hof, das bekannte Storchenpaar, das zum Kanal flog, um Frösche und Wasserschlangen zu fangen. Bestimmt schaute ihnen auch die Frau hinterher. Der Wind hatte aufgehört, und da fühle ich mich immer, als hätte mich jemand verlassen.
    Wollen Sie, daß ich Ihnen etwas erzähle, fragte ich.
    Nein, das will ich nicht, sagte Pamela Krv.
    Ich will nach Hause.
    Ich lebe hier, sagte ich. Das ist mein Gehöft. Sie können alles sehen.
    Lassen Sie mich gehen, bat sie, aber ohne die leiseste Unterwürfigkeit.
    Ich stellte mir vor, wie oft wohl schon ihr Blick über den Hof gewandert war. Sie war hier mehr als nur bekannt, sie wurde fast schon zu einer Eingeborenen in diesen wenigen Stunden, sie kannte bereits alles, jeden Winkel, jedes Grasbüschel und jeden Riß, hier der bemooste Holzhaufen, da die Trümmer einer Maisscheune mit den verstreuten Maiskolben, sie sah das langsame Wandern der Schatten zwischen den Wänden, den aus der Erde ragenden Lattenstümpfen und den alten Baumstämmen, sie sah, wie das Licht müde wurde und verdarb, das feine Geräusch des in Samen geschossenen Unkrauts und der Weinblätter, die die Säulenreihe der Veranda umflochten, zog in ihre Ohren ein, und nun kennt sie auch schon das Maul des Hundes, spürt seinen Geruch an sich, sie hätte ihm sogar einen Namen geben können, vielleicht sieht sie in der Ferne die Häuser des Dorfes, den manchmal aufblitzenden Kirchturm und wie jetzt langsam der Abend versickert wie das Gift, und wie diese feindliche, aber wenigstens überschaubare Welt verschwindet und in tiefe Dunkelheit versinkt und ihren Platz einem noch größeren, noch fruchtbareren Gefühl des Ausgeliefertseins überläßt. Ich trank. Ich hatte Wein, ich hatte ihn selbst gemacht, ich trank ihn in großen, sauren Schlucken. Ich trank meinen eigenen Wein und gluckste, und ich hatte eine Frau. Ihr Name war Pamela Krv.
    Ich muß mal, sagte sie auf einmal.
    Ihre Stimme war weder flehend noch fordernd, sie teilte einfach nur eine Tatsache von all den Tatsachen der Welt mit. Ich erklärte ihr, in welche Richtung sie gehen sollte. Das Häuschen steht neben dem Misthaufen. Wenn sie sich geradezu bewegte und weder herumhüpfte noch sang, würde ihr der Hund nichts tun. Papier oder so was gebe es nicht, damit solle sie gar nicht erst rechnen. Aber wenn sie fertig sei, solle sie sofort wiederkommen. Sie blieb nicht lange weg. Dafür kehrte sie mit den Worten zurück, sie sei durstig. Ich rollte ihr die Weinflasche hinaus. Und wie sich die Schatten langsam streckten, löste sich auch ihre Kraftlosigkeit und Apathie. Sie wurde dumpf, aber vielleicht doch nicht gleichgültig, glaube ich.
    Setzen Sie sich neben die Tür, bot ich ihr an.
    Setzen Sie sich auf den Stein, neben den Hundenapf.
    Schieben Sie das Tier beiseite, wenn Ihnen der Platz nicht reicht, ermutigte ich sie. Und Pamela Krv folgte, sie saß da neben der Tür, lehnte den Rücken an den Türrahmen, ich konnte ihren Schatten ganz aus der Nähe sehen, und ich hörte, wie sie atmete. Sie rauchte. Das war gut. Als hätte sie bis dahin gar nicht daran gedacht, oder vielleicht hatte sie sich nur nicht getraut, holte sie nun auf einmal eine Zigarette und ein Feuerzeug hervor, und ich konnte ihr Gesicht im plötzlich aufflackernden Licht sehen, oder ich bildete es mir nur ein, aber schließlich ist das auch egal, es war eine blonde Frau, die sich im übrigen die Haare färben ließ, doch sie war meine. Nur meine. Pamela Krv war ihr Name. Und nur das zählte. Die Glut beschrieb kleine, schnelle Kreise in der Nacht, die Frau steckte sich eine Zigarette nach der anderen an. Und oben die zögernd blinkenden Sterne, der im eigenen Saft weichende Mond, das Schreien einer Eule.
    Wie lange wollen Sie das noch machen, fragte sie auf einmal.
    Ihre Stimme war ruhig, besonnen.
    Und dann fragte sie auch noch, warum ich das mache. Aber sie war nicht einmal mehr neugierig, und sie hatte auch keine Angst, vielleicht war sie müde. Ja, bestimmt war sie müde. Aber ich wollte, daß sie munter war. Sie trank, verlangte eine neue Flasche. Ich sagte ihr, der Hund würde ihr jetzt nichts mehr tun. Sie könne mit ihm machen, was sie wolle. Ich hatte
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