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Eine franzoesische Affaere

Eine franzoesische Affaere

Titel: Eine franzoesische Affaere
Autoren: May R. Tanner
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Serviette,
die neben dem Porzellan lag, machte aber keine Anstalten, sie zu benutzen,
sondern knüllte den papiernen Stoff lediglich mit den Fingerspitzen.
    „Statt mit
Ihnen zu essen, sollte ich nach Hause fahren. Malcolm hat dort bereits auf mich
gewartet. Ich hätte Bekky die Hefte nicht bringen dürfen. Selbst bei Tageslicht
muss immer jemand bei mir sein und wenn keiner zur Verfügung steht, darf ich
auch nicht ausgehen. –Das sind die Regeln, die meine Familie aufgestellt hat,
King. Nicht schwer zu verstehen und sehr effektiv. – Theodor, den Sie bereits
kennen, ist nicht so versessen auf die Einhaltung. Bei Sonnenlicht kann mir
eigentlich nichts passieren und ich bin längst nicht so unbedarft, wie es den
Eindruck macht. Theodor hat mir ein paar dreckige Tricks beigebracht, mit denen
ich zumindest im Fall des Falles einen Handtaschenräuber in die Flucht schlagen
könnte. Bei einem Aryaner sieht das natürlich anders aus, aber ich bin doch
nicht so doof, stelle mich in die gefährlichsten Ecken von New York und schreie Hallo, hier bin ich. Nehmt mich mit. -Also egal, was auch immer gleich
passieren wird, nehmen Sie es mir nicht übel. Ich wollte mich wirklich mit
Ihnen anfreunden, weil ich Sie mag und nicht weil ich jemanden brauchte, der
den Kopf für mich in die Schlinge legt.“
Fiona schenkte King ein schwaches Lächeln und nahm einen weiteren, winzigen
Schluck aus ihrem Glas. Bisher war Malcolm noch nicht aufgetaucht. Vielleicht
musste er erst einmal seine Wut auf sie konzentrieren, zu etwas Großem bündeln,
um sie dann damit richtig schön auf genießerische Art und Weise platt zu
machen.
     
    ° ° °
Sid wischte den dunkelblauen Tresen schon zum wiederholten Mal sauber, obwohl
keine Krümel oder Streifen mehr darauf zu finden waren. Sie beobachtete das
Pärchen, das gemeinsam aß und sich angeregt unterhielt, unschlüssig. Vielleicht
hätte sie heute etwas zu King gesagt, wenn er allein gekommen wäre. Lieber
hätte sie natürlich mit seiner Chefin Romy gesprochen, aber nach einigen kurzen
Unterhaltungen mit dem umwerfenden Asiaten war ihr schnell klar geworden, dass
er kein Aufreißertyp war, auch wenn sein Aussehen einem den Mund offen stehen
lassen konnte. Seine Begleitung war aber auch der reinste Augenschmaus. Sie
hatte eine beneidenswerte Haut, so zart und rosig wie Magnolienblüten. Und die
Augen erst. Wenn das keine Kontaktlinsen waren, dann würde Sid sie bis an den
Rest ihres Lebens mit ihrem Neid darauf verfolgen.
    „Sauberer
wird’s nicht, Sid! Wolltest du nicht eine schmöken gehen?“
Ihre Kollegin stupste sie in die Seite und nickte in Richtung Straße, weil im
Laden rauchen natürlich verboten war.
    „Äh… Ja,
klar! Bin gleich wieder da!“, fuhr Sid aus ihren Überlegungen gerissen zusammen
und legte das Tuch im Hinauslaufen neben dem Spülbecken ab. Hinten im
Personalbereich wühlte sie kurz in ihrer Tasche, um die „Gitanes Blondes“ und
ihr Feuerzeug heraus zu klauben.
Dann verließ sie das Lokal über den Seiteneingang, wo sie kurz frische Luft
schnappen konnte, auch wenn sie zeitgleich vorhatte, sich die Lunge zu
verpesten. Die Packung war noch halb voll, obwohl sie sie schon letzte Woche
besorgt hatte. Sie rauchte sparsam, weil man die Marke hier nicht an jeder Ecke
bekam. Statt sich eine anzustecken, fischte sie aber ein zusammengefaltetes
Stück Papier aus ihrer Gesäßtasche und lehnte sich mit dem Rücken an die Mauer
zwischen Hauseingang und großem Ladenfenster, das zur unteren Hälfte von einem
gerafften Voile bedeckt war, um den Blick auf die Gäste etwas zu verdecken. In
ihren Turnschuhen konnte Sid jedenfalls nicht darüber gucken.
Sie studierte den Text des kopierten Briefes (das Original verwahrte sie
natürlich zuhause) zum tausendsten Mal, seitdem sie es entdeckt hatte. Sollte
sie wirklich nach ihr suchen? Als sie von der Detektei in der nächsten Nachbarschaft
gehört hatte, war ihr erster Impuls gewesen, sich gleich professionelle Hilfe
zu holen, aber nun zögerte sie schon über einen Monat. Sie wusste eben nicht,
ob sie es wirklich wollte.
Nun zündete sie sich doch eine Zigarette an und inhalierte den ersten Zug tief
in die Lunge, wobei ihr aus den Augenwinkeln ein dunkler Schatten auffiel, der
sich vor dem Ladenfenster aufgebaut hatte und hinein starrte, als würde man
dort etwas besonders Interessantes beobachten können.
    Sid sah ihm
eine Weile schweigend zu und meinte dann spöttisch: „Erwarten Sie vielleicht,
dass einer der Gäste röchelnd
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