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Eine ewige Liebe

Eine ewige Liebe

Titel: Eine ewige Liebe
Autoren: Kami Garcia
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nicht zufrieden ist, wird sie mir bis zu meinem Lebensende keine R u he lassen.«Wahrscheinlich hatte sie mit beidem recht.Auf dem Grabstein saß ein fein gearbeiteter Engel, der dem Besucher einen Kompass entgegenhielt. Ich hätte wetten können, dass es im Garten des Immerwährenden Friedens – und wahrscheinlich auf sämtlichen Südstaatenfriedhöfen – keinen zweiten Engel mit Kompass gab. Die steinernen Engel von Gatlin hielten allerlei Blumen in der Hand, manche klammerten sich an Grabsteine wie an einen R ettungsanker aus Granit – aber einen Kompass? Kein einziger. Doch für eine Frau, die ihr Leben damit verbracht hatte, die unterirdischen Caster-Tunnel von Gatlin zu kartieren, passte er perfekt.
    Unter dem Engel war eine Inschrift in den Stein gemeißelt:
    PRUDENCE JANE STATHAM
BELLE OF THE BALL
    Tante Prue, die Ballkönigin. In ihremTestament hatte sie ausdrücklich ein weiteres »e« hinter »Ball« gewünscht. Balle war kein richtigesWort, klang aber nachTante Prues Meinung mit einem e französischer als ohne. Dad hingegen hatte argumentiert, dassTante Prue als überzeugte Patriotin sicher dafür gewesen wäre, ihre letztenWorte im guten alten Südstaaten-Amerikanisch zu schreiben. Ich war mir da nicht so sicher, deshalb hatte ich mich aus der Diskussion lieber herausgehalten.Abgesehen davon war die Grabsteininschrift nur eine von DutzendenAnweisungen gewesen, dieTante Prue in dem ausführlichen Katalog für ihre eigene Beerdigung zusammengestellt hatte – neben der Gästeliste, die unter anderem einenTürsteher für die Kirche vorsah.
    Trotzdem musste ich beimAnblick ihres Grabsteins schmunzeln.
    Noch bevor ich anklopfen konnte, hörte ich hinter derTür Hunde jaulen, und im nächstenAugenblick schwang der Grabstein zur Seite. ImTürrahmen standTante Prue mit rosafarbenen Lockenwicklern in den Haaren, eine Hand in die Hüfte gestützt. Drei Yorkshire-Terrier wuselten um ihre Beine – Harlon James eins bis drei.
    » Wurde aber auch langsam Zeit.« Mit einer blitzschnellen Bewegung, die ich ihr zu Lebzeiten niemals zugetraut hätte, packte sie mich am Ohr und zog mich ins Haus. »Du warst schon immer ein Sturkopf, Ethan.Aber was du diesmal angerichtet hast, das schlägt dem Fass den Boden aus.Weiß der Herr im Himmel, was dich da geritten hat – aber ich hätte gute Lust, dich rauszuschicken und eine R u te holen zu lassen.« Es war ein reizender Brauch ausTante PruesTagen, ein Kind zuerst die R u te aussuchen zu lassen, mit der man ihm dann den Hintern versohlte. Dabei wusste ich ebenso gut wieTante Prue, dass sie mich niemals schlagen würde.Wenn sie das gewollt hätte, hätte sie schon vor Jahren damit anfangen können.
    Sie hielt mein Ohr zwischen ihren Schraubstockfingern, und weil sie mir nur ungefähr bis zur Brust ging, zwang sie mich damit fast in die Knie. Sämtliche Harlon Jameses folgten uns jaulend und hechelnd dicht auf den Fersen, als sie mich in die Küche schleifte.
    »Ich hatte keineWahl,Tante Prue. Ich musste die Menschen retten, die mir wichtig waren.«
    »Spar dir denAtem. Ich habe alles mit eigenenAugen gesehen – und ich hatte meine gute Brille auf.« Sie schniefte. »Und da sagen die Leute immer, dass ich die mello-dramatischeAder hätte.«
    Ich unterdrückte ein Lachen. »Du brauchst deine Brille hier immer noch?«
    » R eine Gewohnheit. Inzwischen fühle ich mich ohne sie ganz nackt.Wer rechnet denn auch mit so was?« Sie fuchtelte mit ihrem knochigen Finger drohend vor meinem Gesicht herum. »Aber versuch nicht, dasThema zu wechseln. Diesmal hast du einen größeren Schlamassel veranstaltet als ein blinderAnstreicher.«
    »Prudence Jane, warum lässt du den Jungen nicht einfach in R u he?«, hörte ich die Stimme eines alten Mannes aus dem Nebenraum. » Was geschehen ist, ist nun mal geschehen.«
    Tante Prue zog mich wieder in die Diele, ohne den Griff um mein Ohr zu lockern. »Schreib du mir nicht vor, was ich zu tun habe, HarlonTurner!«
    »Turner?War das nicht …«
    Sie zog mich mit einem R u ck insWohnzimmer, wo nicht nur einer, sondern alle ihre fünf verflossenen Ehemänner saßen.
    Drei Jüngere saßen in hochgekrempelten weißen Hemden um den Kartentisch und knabberten Maissnacks. Der vierte saß auf einem Sofa und las Zeitung. Er blickte auf, nickte mir zu und schob eine kleine weiße Porzellanschüssel in meine Richtung. »Auch welche?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    An Prues fünften Ehemann, Harlon – denjenigen, nach dem sie ihre Hunde benannt hatte –,
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