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Eine Braut für alle

Eine Braut für alle

Titel: Eine Braut für alle
Autoren: Richard Gordon
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mich des Falles an. McFiggie, stehen Sie nicht so dumm herum, packen Sie seine Füße. Ich erinnere mich nun, daß ihm dies schon einmal zustieß, damals, als ich zum Jux aus dem Anatomiesaal einen Fuß nach Hause brachte und in sein Bett steckte.»

24

    Sir Lancelot und ich saßen zusammen in seinem Salon.
    Er hatte nur einen einzigen Beleuchtungskörper entzündet, und der Abend wirkte dadurch noch trübseliger. Schweigend schlürften wir einen Whisky-Soda. Lady Spratt befand sich in Hampstead; sie versuchte eine neue häusliche Kraft aufzutreiben. Das französische Mädchen war bereits gegangen.
    «Heute», bemerkte Sir Lancelot endlich, «ist mein Geburtstag.»
    Neuerliches Schweigen.
    «Viele... viele herzliche Wünsche, Sir.»
    «Danke, Grimsdyke.»
    Eine fünf Minuten währende Schweigepause.
    «Ich war wohl heute vormittag bei Gericht ein bißchen stürmisch», ließ sich Sir Lancelot herab zu bemerken.
    «Durchaus verständlich, Sir», murmelte ich.
    «Im Gegenteil, es war sehr dumm von mir. Leider Gottes ist die Natur oft stärker, als man will.»
    «Manchmal eine sehr nützliche Sache, Sir», versuchte ich ihn zu trösten.
    «Ich kann wohl behaupten, daß ich in meiner Praxis ein bis zwei Leben gerettet habe, indem ich mich auf Dinge stürzte, an die heranzutreten weder Engel noch meine Kollegen gewagt hätten», stimmte er zu.
    Ein Weilchen saß er da, seinen Bart streichend.
    «Man muß Strafe dafür zahlen, daß man vorübergehend die wichtigste Person im Leben einiger Patienten ist», fuhr er fort. «Wenn man Tag für Tag für einen Gott angesehen wird, erfordert das, fürchte ich, größere Charakterstärke, als ich sie besitze, um sich nicht wirklich gottähnlich zu fühlen. Ja, man spielt meiner Seel bewußt diese Rolle, wenn man am Bett des Kranken sitzt. Es beruhigt den Patienten und erfüllt einen selbst mit einem Vertrauen, das so oft in schmerzlichster Weise fehlt.» Er machte eine Pause. «Aber leider Gottes ist diese Haltung bei Gericht nicht angebracht.»
    «Am Ende wird ja doch alles wieder gut werden, Sir», versuchte ich ihm weiter Mut zuzusprechen.
    Sir Lancelot enthielt sich einer Antwort, griff bloß nach einem neben ihm liegenden Briefumschlag.
    «Das lag in der Portiersloge des St. Swithin. Es ist für Sie.»
    Ich öffnete wortlos das Kuvert. Es enthielt eine Einladung zur Hochzeit von Mr. Bridgenorth und Miss Miggs.
    «Und hier Ihr Scheck, Grimsdyke. Wiewohl ich nach meinem heutigen Rencontre mit Richter Fishwick fürchten muß, daß es wenig Sinn hat, Ihre Aufgabe zu beenden. Ich kann Ihnen lediglich meinen aufrichtigsten Dank für die geleistete Arbeit aussprechen.»
    «Es war das Geringste, das ich tun konnte. Schließlich war mein Leben eines jener, die Sie gerettet haben, Sir.»
    «Was meinen Sie damit?»
    «Meinen Blinddarm, Sir.»
    Sir Lancelot schien verblüfft. «Wollen Sie damit sagen, daß Sie das Schreiben meiner Memoiren nur deshalb auf sich nahmen, weil Sie sich mir um dieser Operation willen verpflichtet fühlten?»
    «Diese Aufgabe hat meine Arbeitspläne ein bißchen durcheinandergebracht, Sir», gestand ich. «Aber - na also, Abtragung einer Herzensschuld, und so weiter.»
    Der alte Knabe starrte mich ganz eigenartig an. «Grimsdyke, ich muß Ihnen wirklich - Es läutet», unterbrach er sich. «Seien Sie so gut und gehen Sie öffnen.»
    Mr. Alphonso Spratt kam in den Salon geeilt.
    «Lancelot, mein lieber Junge, mein lieber Junge...»
    Die beiden Brüder wechselten einen herzlichen Händedruck.
    «Ich fürchte, ich hab dich heut vormittag ganz jämmerlich hineingeritten», sage der Gerichtsanwalt zerknirscht. «Ich ließ mich gehen — vollkommen unverzeihlich.»
    «Nein, Alfie. Ich hätte soviel Selbstdisziplin aufbringen sollen, mich im Zaum zu halten, während der Richter sich so gemein unfair benahm.»
    «Da muß ich dir zustimmen, er war niederträchtig unfair. Mir völlig unerklärlich, warum. Aber Fishy hat sich in letzter Zeit überaus komisch benommen. Dem ganzen Gericht ist das bereits aufgefallen.» Sir Lancelot reichte ihm ein Glas Whisky. «Aber was war die Ursache von seinem Kollaps? Von derlei Dingen versteh’ ich natürlich nichts.»
    «Einfach eine Kolik. Er war so klug, die Verhandlung zu vertagen und sich zu Hause ins Bett zu legen. Morgen wird er ohne Zweifel wieder in glänzender Form sein, wenn er uns beide ins Kittchen schickt.»
    Alfie schüttelte den Kopf. «Ich glaube, wenn ich mich genügend kriecherisch entschuldige - und das nach
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