Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine Braut für alle

Eine Braut für alle

Titel: Eine Braut für alle
Autoren: Richard Gordon
Vom Netzwerk:
hat die Verhandlung Ihres Falles überhaupt schon eine kleine Verzögerung erfahren», entschuldigte sich Mr. Beckwith. «Fishwick hat heute morgen offenbar einen Gallenanfall gehabt und möchte eine kurze Ruhepause einlegen.»
    «Verdammt! Wenn ich jedesmal mein gesamtes Operationspersonal aufhielte, sooft mir nicht ganz wohl ist -»
    «Fishwick hält sehr auf seine Gesundheit, Sir Lancelot.»
    «Mit anderen Worten, der Kerl ist ein entsetzlicher Hypochonder, was ich Ihnen bereits vor Jahren hätte sagen können. Ich frage mich nur, was zum Teufel er inzwischen mit meiner Füllfeder angefangen hat?»
    Wir zogen in den Gerichtssaal ein, der eine Anhäufung von geschnitzten eichenen Baldachinen, tintenbeklecksten Bänken und Firnis war und mir als eine Kreuzung zwischen dem Bethaus der Revivalisten-Sekte und einem Hörsaal im St. Swithin erschien.
    Hier westen weitere kümmerlich aussehende Burschen mit Büchern, nebst einem Gerichtsdiener in einer Art Kittel, der zu schlafen schien, und wir drei setzten uns auf eine Bank, während Mr. Beckwith in seinen Papieren zu blättern begann. Nach etwa einer halben Stunde füllte sich der Saal langsam, rundherum setzte ein Murmeln ein, der Gerichtsdiener erwachte und öffnete eine Tür hinter der Richterbank, und alles erhob sich höflich von den Plätzen, als Richter Fishwick erschien.
    Ich war recht neugierig, Sir Lancelots ehemaligen Zimmergenossen kennenzulernen. Er war ein langer dünner Mensch mit einer langen dünnen Nase und langen dünnen Bügeln an seinem goldgeränderten Kneifer. Unter erheblichem Getue stopfte man ein Plaid um seine Knie und placierte einige Fläschchen mit weißen Pillen neben den richterlichen Wasserkrug. Richter Fishwick starrte sodann in die Runde, als überlegte er, wie wir alle von der Straße hereingekommen seien, und nun begann die Verhandlung Possett contra Spratt.
    «My Lord -»
    Ein fetter, rotgesichtiger Anwalt erhob sich — eher ein Buchmacher mit Perücke. Eigentlich sind alle englischen Richter ziemlich dürr und alle englischen Gerichtsanwälte ziemlich wohlbeleibt -wahrscheinlich kommt das von diesen Dinners, zu denen sie auf Kosten jener geladen werden.
    «My Lord», sagte der Anwalt, nachdem er erklärt hatte, wes Namens und wes Vertreter er sei. «Ich kann den Fall in aller Kürze -»
    «Das höre ich mit Freuden, Mr. Grumley. Je länger wir hier sitzen, desto länger vergeuden wir öffentliche Gelder.»
    «Gewiß, My Lord. Ich bin Euer Gnaden für diesen überaus förderlichen Wink zu tiefstem Dank verpflichtet.»
    «Bitte fahren Sie fort, Mr. Grumley.»
    «Der ist aber heute schief gewickelt», flüsterte Mr. Beckwith, dem all die Symptome wohlvertraut zu sein schienen.
    «War immer schon ein griesgrämiger Kerl», murmelte Sir Lancelot zustimmend in seinen Bart. «Vor allem wenn er irgend etwas gegessen hatte, das ihm Bauchgrimmen verursachte.»
    «Nur zu sehr bin ich mir bewußt, wie sehr Euer Gnaden eine rasche Erledigung der gerichtlichen Angelegenheiten am Herzen liegt», fuhr der fette Anwalt salbungsvoll fort. «Ich weiß durchaus Euer Gnaden Anliegen zu schätzen, das Hauptaugenmerk schon von allem Anfang an -»
    «Bitte kommen Sie zur Sache, kommen Sie zur Sache», knurrte der Richter.
    «Wie Euer Gnaden belieben. Wie ich eben bemerkte, My Lord -»
    «Sie haben bis jetzt noch nichts bemerkt, Mr. Grumley.»
    «Ganz der alte», zischte Sir Lancelot, sich auf den Schenkel schlagend.
    Endlich kam Mr. Grumley in Form und ließ eine Rede steigen, die keinen anderen Effekt hatte, als daß Sir Lancelot Spratt, der neben mir saß und auf seine Fingernägel starrte, sich langsam aber stetig von Rosa in Kupferrot verfärbte.
    «Ich rufe nun meinen ersten Zeugen auf», schloß der Anwalt. «Herbert Egbert Thomas Possett.»
    «Herbert Egbert Thomas Possett», wiederholte der Gerichtsdiener, aus seinem Schlafe aufgeschreckt.
    Sir Lancelots Patient war ein junger Bursche mit leerem Blick, knapp sitzendem blauem Anzug und einer Miene, als wünschte er sich just in diesem Augenblick mitten in die Sahara. Er leitete sein Auftreten damit ein, daß er Namen, Adresse, Geburtstag und Datum seiner Aufnahme im St. Swithin angab, ohne jedoch den Eindruck zu erwecken, daß er dieser Dinge sicher war.
    «Nun, Mr. Possett», kam Mr. Grumley zur Sache, «was war der eigentliche Grund Ihrer Operation?»
    Es breitete sich tiefes Schweigen aus, das nur vom Richter unterbrochen wurde, der mit einem Bleistift auf sein falsches Gebiß
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher