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Eine Braut für alle

Eine Braut für alle

Titel: Eine Braut für alle
Autoren: Richard Gordon
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er Titel und Ämter unseres Pathologen wie eine königliche Proklamation verlesen hatte, «würden Sie auf Grund Ihrer zahlreichen — Ihrer zahlreichen und überaus hoch eingeschätzten - Jahre als Spezialist auf dem Gebiete der forensischen Medizin sagen, daß die Symptome, über die Mr. Possett klagt, eine durchaus mögliche Folge der an ihm vorgenommenen Operation sind?»
    «Ja.»
    Sir Lancelot knurrte.
    «Sie können also vor Gericht vertreten, daß der jetzige bejammernswerte Zustand dieses vorher gesunden und kräftigen jungen Mannes tatsächlich aus einem operativen Eingriff des Angeklagten erfolgt sein könnte?»
    «Ja.»
    Ich verankerte Sir Lancelot noch ein bißchen fester.
    «Dr. McFiggie, haben Sie bereits Totenbeschau an verstorbenen Patienten des Angeklagten vorgenommen?»
    «Ja.»
    «Und war Ihrer Ansicht nach in manchen Fällen die vorgenommene Operation notwendig oder unnotwendig?»
    «Unnotwendig.»
    Sir Lancelot sprang auf. Ein Rockschwanz wurde abgerissen.
    «Das bestreite ich!»
    «Ruhe!» riefen mehrere Leute gleichzeitig.
    «Ich fordere McFiggie auf, einen einzigen winzigen klinischen Beweis -»
    «Setz dich und kusch!» zischte ihn sein Bruder an.
    «Misch dich gefälligst nicht ein, Alfie -»
    In der darauffolgenden beträchtlichen Verwirrung konnte ich den Richter nach dem Ordnungspolizisten rufen hören.
    «Selbst dem beschränktesten Verstand ist es klar, daß Sie nicht die leiseste Ahnung haben, wovon Sie reden, McFiggie», ereiferte sich Sir Lancelot. «Wenn Sie sich die Mühe genommen hätten, das chirurgische Elernentar-Lehrbuch eines Medizinstudenten nachzuschlagen -»
    «Sir Lancelot Spratt!» Der Richter erbleichte. «Ich habe vor, Sie in die Strafanstalt von Brixton überweisen zu lassen.»
    Sir Lancelot starrte ihn an. «Was haben Sie vor?»
    «Sie wegen Mißachtung des Gerichtshofes festzunehmen.»
    «O Gott», stammelte Mr. Beckwith.
    Ich war nicht mehr meiner Sprache mächtig. Ich konnte nur sehen, wir unser hochverdienter Chirurg - der Mann, der um meinetwillen dem Tod die Tür vor der Nase zugeschlagen hatte - im Namen des Gesetzes dazu verdammt wurde, Steine zu brechen.
    «Alfie, bringe das Ganze sofort in Ordnung», befahl Sir Lancelot.
    «Hol dich der Teufel, Lancelot! Wenn du darauf beharrst, dich ohne die geringste Spur von Respekt -»
    «Mr. Spratt!» donnerte der Richter.
    «Ich bedaure, My Lord. Bedaure zutiefst. Ich bitte Euer Gnaden um Entschuldigung. Ich kann nur sagen -»
    «Hätten Sie Ihren Klienten entsprechend im Zaum gehalten, würde diese unglückselige Situation nie eingetreten sein.»
    «Im Zaum halten? Versuchen Sie das —»
    «Mr. Spratt!»
    «Bedaure, My Lord. Bedaure zutiefst. Dieser Fall hat meine Nerven übermäßig beansprucht.»
    «Hör mal, Alfie, ich bin vollkommen davon überzeugt, daß ein Richter in einem Zivilprozeß absolut nicht das Recht hat, derartige Drohungen auszustoßen.»
    «Um Gottes willen, Lancelot, kannst du nicht dein Maul halten?»
    «Mr. Spratt! Achten Sie auf Ihre Sprache!»
    «Verdammt noch mal! Verstehst du denn nicht, Fishi, daß ich mit meinem Latein am Ende bin?» jammerte Alfie. «Ich hab dir doch gestern abend im Klub erklärt, daß mein Bruder sich ganz unmöglich benimmt. Will sagen, ich bitte Euer Gnaden ergebenst um Verzeihung -»
    «Laß das Speichellecken, Alfie», forderte ihn Sir Lancelot auf. «Mich kommt das Kotzen an, wenn ich dich höre.»
    «Halten Sie Ihren Klienten im Zaum, sage ich!»
    «Ich tue ja mein Bestes», rief Alfie erbittert. «Aber du machst die Sache nicht besser, wenn du von da droben mit Haftbefehlen drohst -»
    «Mr. Spratt! Sie vergessen sich -»
    «Es ist höchste Zeit, daß einmal einer vom Gericht aufsteht und gegen die Art protestiert, wie du dich seit neuestem gegenüber einer recht ansehnlichen Reihe von prozessierenden Parteien benimmst —»
    «So ist’s recht, Alfie!»
    Der Richter sprang auf. «Ich werde Sie beide in die Strafanstalt von Brixton überweisen lassen.»
    «Was?» Alfie blieb die Spucke weg. «Aber das ist doch -»
    «Wo ist der Ordnungspolizist? Man rufe den Ordnungspolizisten! Man schicke nach dem -»
    Gerade fragte ich mich, ob ich nicht als Ablenkungsmanöver ein brennendes Streichholz an die Gerichtsakten halten solle, als der Richter aufstöhnte, nach seiner Pillenflasche tastete und auf seinem Pult zusammensackte.
    «Allmächtiger!» rief Sir Lancelot. «Grimsdyke!»
    «Sir?»
    «Reichen Sie mir diese Wasserflasche. Man beruhige sich allerseits. Ich nehme
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