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Eine Braut für alle

Eine Braut für alle

Titel: Eine Braut für alle
Autoren: Richard Gordon
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gewaltiges Ah und Oh wegen der Diamanten, und als wir die Vortreppe erreichten, zog mich der Kapitän kurz beiseite.
    «Moment mal, Doktor», sagte er rasch, «ich weiß natürlich, daß sowohl Sie wie dieser andere Bursche - wie heißt er doch gleich? Dieser Steward - gleichzeitig meiner Dame recht zugetan waren. Hoffentlich nehmen Sie mir nichts übel?»
    «Da gibt’s nichts übelzunehmen. Glückauf und viele herzliche -»
    «Das ist nicht ganz, was ich meine.» Captain Spratt schlug die Augen nieder. «Ich bin mir nun bewußt - werde mir vielleicht viele Jahre meines Ehelebens dessen bewußt bleiben -, daß ich mich Ihnen beiden gegenüber recht... recht gemein benommen habe. Gute Nacht!»
    Alfie verabschiedete sich kurz danach. Ich steckte meinen Scheck ein und schickte mich zum Gehen an, im stillen berechnend, wie lange er mich in meinem Kellerlogis über Wasser halten würde, wenn ich mich darauf beschränkte, von hochwertigen Proteinen zu leben.
    «Noch etwas, Grimsdyke.»
    «Sir?»
    Sir Lancelot versenkte seine Hände unter die Rockschöße und schritt sodann eine Weile schweigend im Zimmer auf und ab.
    «Ich habe Ihnen etwas recht Peinliches zu gestehen, mein Junge.»
    «Sie haben mir etwas zu gestehen, Sir?»
    Er nickte.
    «Ihr Blinddarm -»
    «Der mich fast um die Ecke gebracht hätte -»
    «Im Gegenteil, Grimsdyke. Ich habe ein vollkommen normales Organ entfernt.»
    Ich schnappte nach Luft. «Ein normales, Sir?»
    «Ich habe eine Fehldiagnose gestellt. Ist schon vorher passiert und wird ganz bestimmt auch weiterhin passieren. Das war das Ganze.»
    «Aber all diese schrecklichen Schmerzen und Symptome -»
    «Rein psychischer Natur. Wie bei - äh - Possett. Pseudoappendicitis, unter Ärzten und Krankenschwestern durchaus üblich, wenn sie längeren Strapazen ausgesetzt waren. Hätte es wissen müssen. Mir erschien’s jedoch besser, Ihren Zustand nicht noch dadurch zu verschlimmern, daß ich Ihnen die Wahrheit sagte, daher verschwieg ich sie. Ich besprach mich sogar mit einem Psychiater, bevor Sie sich von der Anästhesie erholten, und dieser drängte mich, zurückhaltend zu sein. Er erinnerte sich vom St. Swithin her, daß Sie - Sie werden verstehen, daß ich jetzt lediglich als Ihr Arzt spreche? - daß Sie eine recht schwache Persönlichkeit besitzen. Eine, die sich zu leicht dem Willen anderer beugt. Ich glaube mich entsinnen zu können, daß er Sie als einen «psychischen Ballon> be-zeichnete. Ich hatte damals den Eindruck, es wäre besser, Sie erführen es nicht.»
    «Ja, natürlich, Sir», sagte ich langsam.
    Ich war jammervoll desillusioniert. Noch dazu hatte ich ihm geholfen, diese dreckigen Bälger in den Zoo auszuführen.
    «Nun, fürchte ich, habe ich Sie bereits allzulange aufgehalten -»
    Das Telefon klingelte.
    «Hier Spratt. Hallo? Wer? Oh, Potter-Phipps. Wie geht’s? Ja, natürlich kenne ich Richter Fishwick. Ja, genau derselbe. Wußte nicht, daß er einer Ihrer... Hm... Tatsächlich?... Klingt mir recht vertraut. Allgemeine Unterleibslähmung? Schön. Bin gleich drüben.»
    Sir Lancelot legte den Hörer auf. Er schien mir unendlich erleichtert.
    «Grimsdyke — »
    «Sir?»
    «Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie die Privatabteilung des St. Swithin anriefen und den Auftrag erteilten, alles Nötige für ein perforiertes Unterleibsgeschwür vorzubereiten. Sie können auch das Operationspersonal informieren, daß ich in einer Stunde, von jetzt gerechnet, operieren werde.»
    «Das nenn’ ich famos! Das bedeutet soviel wie eine neue Verhandlung - Will sagen, der arme Alte tut mir natürlich schrecklich leid -»
    Sir Lancelot lächelte. «Dann rufen Sie also meinen Anästhesisten an. Sagen Sie ihm, er soll mich daran erinnern, daß ich dem Patienten genau erkläre, was ihm fehlt, bevor ich ihn unter das Messer nehme. Und das ist noch Schimmer als alles, was mir der verdammte Kerl angetan hat.»

    Sir Lancelot gewann in der nächsten Woche seinen Prozeß vor einem anderen Richter, und die Robe des Präsidenten des Königlichen Chirurgenkollegiums kleidet ihn vortrefflich. Captain Spratt grinst jedermann beim Frühstück vom Cornflakes-Paket entgegen. Der Bischof hat sich, wie ich höre, über die Zuträglichkeit der Luft von Canterbury erkundigt.
    Ich kehrte in mein Kellerquartier zurück. Mit meinem großen Roman war ich nicht weitergekommen, als Basil die Theatersaison als Hamlet eröffnete und damit umwerfenden Erfolg hatte. Nicht einmal Freikarten bekam ich.
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