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Ein verhaengnisvoller Winter

Ein verhaengnisvoller Winter

Titel: Ein verhaengnisvoller Winter
Autoren: Daniela Frenken
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soweit ist, hat der Doktor gesagt“, wimmerte Margot. „Ich geh mir was anziehen und dann gehen wir los.“
    „Und wie? Du kannst doch in deinem Zustand die drei Kilometer bis ins Dorf nicht laufen!“, jammerte Josefine hysterisch.
    Mit vor Angst weit aufgerissenen Augen sah Margot ihre Cousine an. „D er Herbert“, stieß sie schließlich aus.
    „D er Herbert?“
    „Herbert Schreiner. Den hast du bestimmt schon mal gesehen, der kommt öfters her , die Anneliese besuchen. Die Schreiners wohnen auf dem Hof schräg gegenüber. Ein Stück die Straße hoch. Die haben ein Auto.“
    Josefine löste sich aus ihrer Erstarrung. „Komm, setz dich.“
    „Nein, nein, ich will nicht sitzen.“
    „Dann…“,Josefine fa sste sich an den Kopf, während Margot sich stöhnend vor Schmerzen krümmte. „Dann versuch dir schon mal was anzuziehen, oder eine Jacke überzuziehen. Schaffst du das?“ Als Margot nickte, fuhr sie fort. „Ich renn dann jetzt rüber und frag, ob die uns fahren können.“ Als sie zögerte, gab ihre Cousine ihr einen Stoß. „Lauf schon, ich komm hier klar.“
    Josefine warf  ihr noch einen Blick zu, dann rannte sie los.
     
    Josefine bedankte sich noch einmal bei Herbert Schreiner und sah dann seinem entschwindenden Fahrzeug hinterher. Schließlich betrat sie wieder das alte Krankenhausgebäude und blieb dann in dem langen, kahlen Flur stehen. Hilflos starrte sie auf die Tür, durch die Margot vor ein paar Minuten verschwunden war. Hoffentlich ging alles gut. Sie sah auf die große Uhr, die am Ende des Ganges an der Wand hing. Sie konnte gar nicht glauben, dass erst eine halbe Stunde vergangen war, seit Margot vorhin in die Küche gekommen war. Nervös ging sie eine Weile im Gang auf und ab. Sie musste nach Hause, die Tiere versorgen und dem alten Mann sein Frühstück machen. Was, wenn es ihm so schlecht ging, dass er jetzt hilflos im Bett lag und wartete, dass irgendjemand sich um ihn kümmerte? Der Mann war immerhin neunzig. Wäre sie nur nicht so kopflos herumgelaufen heute Morgen. Sie ärgerte sich über sich selber. Sie hätte den Frachts Bescheid sagen müssen. Die hätten dann solang nach dem Rechten sehen können. Oder sie hätte Herrn Schreiner auftragen müssen, den Frachts etwas auszurichten. Anrufen konnte sie auch nicht, weil sie dort alle kein Telefon hatten. Jetzt wurde Josefine noch unruhiger. Sie wartete noch eine kleine Ewigkeit, ehe sie sich schließlich auf die Suche nach einer Krankenschwester begab. Die Nonnen, die das Krankenhaus führten, sahen alle gleich aus und bis sie eine gefunden hatte, die ihr weiterhelfen konnte, verging eine weitere Viertelstunde. Nachdem man ihr unfreundlich erklärt hatte, es würde noch Stunden dauern, ehe sie etwas genaues über ihre Cousine mitgeteilt bekommen würde, fasste Josefine ernüchtert einen Entschluss: Es half alles nichts, sie musste nach Hause und dann heute Nachmittag wiederkommen.
    Niedergeschlagen machte sie sich auf den Weg und marschierte strammen Schrittes durch das Dorf. Unterwegs bemerkte sie, dass sie vergessen hatte, ihre dickere Jacke anzuziehen. Sie lief immer noch in ihrer Strickjacke rum. Seufzend verschränkte sie die Arme vor der Brust und lief gebückt gegen die Kälte und den Wind an. So in Gedanken versunken hätte sie beinahe die Stimme überhört, die ihren Namen rief. Verdutzt sah sie auf und entdeckte Richard Fracht. Er stellte sein Fahrrad gerade an der Hauswand einer der zahlreichen Kneipen ab, die das Dorf zu bieten hatte. Josefine zog die Augenbrauen hoch. Es war zehn Uhr in der Früh. An einem Werktag. „Morgen, Herr Fracht“, begrüßte sie den Mann, der ihr erfreut zulächelte.
    „Bitte, so alt sind wir doch noch nicht! Müssen wir so förmlich sein? Richard reicht doch, oder?“
    Josefine fragte sich, ob er sich nicht schon vor dem Kneipengang einen genehmigt hatte, so forsch, wie er heute Morgen ranging. „Also, schön. Richard“, erwiderte sie widerwillig.
    „Was machst du denn schon so früh hier?“, fragte er.
    Was er so früh hier machte, brauchte sie ihn mit Blick auf die Kneipe, vor der sie standen, nicht zu fragen. „Die Margot liegt im Krankenhaus. Sie bekommt das Kind und es muss wohl mit Kaiserschnitt geholt werden.“
    „Das ist gefährlich, nicht wahr?“
    „Ja, das ist es wohl. Ich würde auch lieber hierbleiben und warten, aber ich muss die Tiere und den kranken Mann versorgen.“
    „Soll ich dir helfen?“
    Verdutzt sah sie ihn an. „Ja, also, ich weiß nicht.“
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