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Ein verhaengnisvoller Winter

Ein verhaengnisvoller Winter

Titel: Ein verhaengnisvoller Winter
Autoren: Daniela Frenken
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Josefine war in Versuchung. Er könnte ausmisten und das Vieh füttern und sie könnte schneller wieder hier sein. Aber irgendwie erschien es ihr nicht richtig. Er war immerhin ein Fremder und hatte nichts mit ihnen zu tun. Andererseits hatte er sich ja von selber angeboten. Und dass sie Leute, die anstatt zu arbeiten lieber am frühen Morgen feiern gingen, nicht mochte, tat eigentlich auch nichts zur Sache. „ Ich will dich nicht von deinen Plänen abhalten“, sagte sie nun vorsichtig und warf noch einen Blick auf die Kneipe.
    „Nein, nein, ich hatte keine Pläne“, versicherte Richard schnell. Er nahm sein Fahrrad und schob es vor sich her, während er losging.
    Josefine zuckte die Achseln und beeilte sich, ihn einzuholen.
    „Ich versteh zwar nichts von der Landarbeit, aber wenn du mir sagst, was ich tun soll, krieg ich das schon hin“, versicherte er nach einer Weile.
    Josefine nickte. „Musst du nicht arbeiten?“, fragte sie und erfuhr zu ihrer Überraschung, dass er für gewöhnlich einer Beschäftigung nachging.
    „Doch, sicher. Ich bin Maurer. Aber die Auftragslage ist schlecht. Es ist einfach kein Geld für Baumaterial da. Also bin ich seit heute erst mal arbeitslos, bis wieder was zu tun ist. Aber viel wird es dieses Jahr nicht mehr werden, denn wenn es jetzt noch etwas kälter wird, dann ist mit dem Bau sowieso Schluss, den Winter über.“ Er sah nachdenklich auf den Weg vor sich, ehe er sie wieder anblickte. „Mein Bruder versucht, mich in der Brauerei unterzubringen, aber im Moment sieht es schlecht aus.“
    „Aha.“ Also gut. Hatte sie ihn also vorschnell als faulen Taugenichts abgetan. Aber das hieß nicht, dass er ein anständiger Mann war. Immerhin war er gerade auf de m Weg in die Kneipe gewesen.
     
    Müde schlug Josefine spät am Abend ihre Bettdecke zurück und stieg in ihr Bett. Sie knipste ihr Nachttischlämpchen aus und starrte gedankenverloren aus dem Fenster in die dunkle Nacht. Niedergeschlagen dachte sie an die arme Margot.  Als Josefine heute Nachmittag endlich ihre Cousine zu Gesicht bekam, war diese kaum ansprechbar. Sie hatten die arme Margot von der Brust bis zum Unterleib aufgeschnitten und sie war von Betäubungsmitteln und Schmerzen kaum bei Sinnen. Bei diesem Gedanken zog Josefine fröstelnd ihre Bettdecke bis zum Kinn. Durch eine dicke Scheibe hatte sie einen Blick auf das kleine Mädchen erhaschen können. Das war mehr, als die Margot von ihrem Kind gesehen hatte. Die hatte es nämlich noch gar nicht zu Gesicht bekommen. Josefine kniff die Augen zusammen und versuchte zu schlafen. Morgen früh musste sie ausgeruht sein. Als erstes würde sie morgen früh den Doktor holen gehen. Der alte Herr Fagel war heute den ganzen Tag im Bett geblieben und sein Zustand gefiel Josefine gar nicht. Seufzend legte sie sich auf ihrer bequemen Strohmatratze zurecht und döste, obwohl sie so aufgewühlt war, bald ein. Plötzlich wurde sie von Schreien aus dem Schlaf gerissen. Zuerst hatte sie gedacht, sie hätte wieder einen ihrer Alpträume gehabt. Doch dann erkannte sie, dass die Schreie anhielten. Erschrocken schlug sie die Augen auf und lauschte. Als ein weiterer markerschütternder Schrei erklang, setzte sie sich mit klopfendem Herzen in ihrem Bett auf. Was in aller Welt war das? Mit zitternden Fingern tastete sie nach ihrer Nachttischlampe und knipste sie an. Dass ihr Zimmer nun in schwaches Licht getaucht war, machte es auch nicht viel besser. Plötzlich verstummten die Schreie. Josefine lauschte angespannt und schließlich stand sie auf und ging barfuß über den kalten Boden zum Fenster. Sie sah hinaus. Alles war ruhig. Ob das von nebenan gekommen war? War Anton Fracht wieder von einem Saufgelage gekommen und prügelte die arme Lisbeth? Josefine öffnete das Fenster und lehnte sich hinaus. Jetzt war alles ruhig. Aber nebenan brannte Licht. Josefine bekam eine Gänsehaut. Mit den Augen suchte sie die Umgebung ab. Die Straße mit den hohen, kahlen Bäumen lag einsam und verlassen da. Auch der nächstgelegene Hof der Schreiners lag finster inmitten der dunklen Felder. Ob es eine rollige Katze gewesen war? Die hörten sich ja manchmal auch unheimlich an, wie weinende Kinder. Aber jetzt, im Herbst? Das war doch eher unwahrscheinlich. Noch einmal ließ sie ihren Blick über die dunkle, verlassene Landschaft schweifen. Nein, sie konnte nichts erkennen. Ob es wirklich die arme Lisbeth gewesen war? Unbehaglich schloss Josefine das Fenster und stieg wieder in ihr Bett. Aber vielleicht
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