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Ein verhaengnisvoller Winter

Ein verhaengnisvoller Winter

Titel: Ein verhaengnisvoller Winter
Autoren: Daniela Frenken
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irgendwo in der Einöde. Ihr Mann war vor ein paar Monaten gestorben, irgendetwas hatte er damals aus Russland mitgebracht, auf jeden Fall war er, seit er aus dem Krieg heimgekehrt war, immer bei schlechter Gesundheit gewesen und hatte es mit der Lunge gehabt. Jetzt saß die arme Margot hochschwanger alleine auf einem Hof im Nirgendwo fest. Kein Wunder, dass es ihr schlecht ging.
    Helene befeuchtete sich nervös die Lippen. Josefine zog die Augenbrauen hoch. Dass ihre Mutter  so rumdruckste, sah ihr gar nicht ähnlich. „Nun, Josefine“, begann sie schließlich, „die Sache ist die…“, wieder suchte sie nach den richtigen Worten. „Die Tante Uschi und ich, wir haben uns jetzt den ganzen Morgen Gedanken gemacht. Du weißt ja, dass die arme Margot hochschwanger ist. Und sie sitzt da ganz alleine mit ihrem alten Schwiegervater auf dem Hof fest.“ Ihre Mutter warf Josefine einen Blick zu, ehe sie fortfuhr. „Jetzt ist es so, dass der alte Josef, so heißt der Schwiegervater, dass dieser auch krank ist. Bisher hat die Margot ja noch alles mit ihm gemeinsam geregelt bekommen, aber jetzt ist der Alte krank geworden und das Kind kommt bald.“ Helene schob ihrer Tochter den Brief zu. „Lies einmal, wie verzweifelt sie ist.“
    Unter dem wässrigen Blick ihrer Tante las Josefine den Brief ihrer Cousine. „Die Ärmste“, ließ sie schließlich verlauten, als sie den Brief gelesen hatte.
    „Ja, nicht wahr? Und darum haben wir uns überlegt, dass es eine gute Idee wäre, dich zu ihrer Unterstützung aufs Land zu schicken“, platzte Helene schließlich heraus.
    „Was?“ Entsetzt sprang Josefine auf.
    „Jetzt mach nicht so eine Schau! Setz dich gefälligst wieder hin.“
    „Aber Mama, das kann doch nicht dein Ernst sein!“
    „Wir haben uns das alles gut überlegt und du bist nun mal die Einzige, die melken kann und was von der Landarbeit versteht.“
    „Als wenn es nicht schon schlimm genug war, dass ich in der Kinderlandverschickung auf einem Bauernhof gelandet bin und von morgens bis abends nur arbeiten musste, während die anderen Kinder spielen konnten, jetzt muss ich deshalb auch noch büßen und diese verhasste Arbeit noch mal machen?“ , haderte Josefine mit ihrem Schicksal.
    „Was bist du doch ungefällig ! Schämst du dich nicht? Du bist die Einzige, die der Margot helfen kann und du weigerst dich, weil du keine Lust hast?“ Empört sah Tante Uschi sie an. Dann brach sie wieder in Tränen aus. „Das hätt ich nicht von dir gedacht, Josefine, wo du dich doch immer so gut mit der Margot verstanden hast.“
    „Außerdem k önntest du uns dann auch am Wochenende besuchen und Kartoffeln und Gemüse und Eier und alles mitbringen. Die Margot war ja schon ewig nicht mehr hier, weil sie keine Zeit hatte, uns zu besuchen.“
    „Aber Mama, so dringend brauchen wir die Lebensmittel doch auch nicht. Es ist ja nicht so, dass wir wie damals schimmeliges Brot essen müssen. Und die haben auf dem Land auch nicht genug zu essen. Die Margot hat immer erzählt, das Bisschen, was sie mitgebracht hat, hätte sie heimlich bei Seite schaffen müssen, weil es bei denen auch schlecht aussieht.“
    Als ihre Mutter sie nur böse ansah, traten auch Josefine Tränen in die Augen. Aber es waren Tränen der Verzweiflung. Wie konnte sie sich weigern? Sie war nun mal die Einzige, die jemals die Arbeit auf einem Hof  verrichtet hatte. Außerdem hatte sie zur Zeit keine Arbeit, denn ihre Stelle als Putzmacherin hatte sie verloren, als die alte Frau, für die sie gearbeitet hatte, den Laden dicht gemacht hatte.
    Aber gerade hatte sie angefangen, wieder etwas Freude zu empfinden. Nach den langen Kriegsjahren und der harten Zeit danach , fing das Leben gerade wieder an, mehr als nur erträglich zu werden. Die Erinnerungen und die Verluste, die sie erlitten hatten, machten ihr immer noch zu schaffen, aber sie hatte Freude mit ihren Freundinnen und man konnte auch mal an etwas anderes denken, als nur zu überleben.
    Sie sah ihre Mutter und ihre Tante an. Ihr Onkel war im Krieg gefallen und Tante Uschi war nun alleine mit den kleineren Kindern. Josefine hatte nicht nur ihren Lieblingsbruder verloren, ihre Mutter damit auch einen Sohn. Er war in Russland verschollen. Josefine sah sich in der alten Küche ihrer Wohnung um, die ihre Eltern und Geschwister sich mit ihrer Tante und deren Kindern teilten. Sie hatten nur noch drei Räume, die sie bewohnen konnten, denn der Rest des Hauses war unbewohnbar, da ein Teil des Hauses zerbombt war.
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