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Ein verfuehrerischer Tanz

Ein verfuehrerischer Tanz

Titel: Ein verfuehrerischer Tanz
Autoren: Tessa Dare
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Mitternachtsmelodram, das Sie seit Wochen aufführen. Die gesamte Handlung basiert doch auf der Annahme, dass wir höheren Töchter nichts anderes wollen als Ihre ungeteilte Aufmerksamkeit. Dass ein Tanz in den Armen des Duke of Midnight der Traum aller jungen Damen sei. Und da halten Sie mich für unaufrichtig, wenn ich mich amüsieren möchte!«
    Sie reckte stolz ihr kleines Kinn, und ihr Blick schweifte über die Menge. »Ich gebe mich keinen Illusionen hin. Ich bin eine verarmte Adlige, habe mehrere Ballsaisons hinter mir und war selbst in der Blüte meiner Jugend keine große Schönheit. Ich stehe nicht oft im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit, Euer Hoheit. Weiß ich denn, ob mir das nach diesem Walzer mit Ihnen je wieder passiert? Folglich habe ich beschlossen, den Augenblick zu genießen.« Ihre Lippen verzogen sich zu einem trotzigen, aufmüpfigen Lächeln. »Und Sie können mich nicht daran hindern.«
    Spencer beschlich das mulmige Gefühl, dass er die längste und nervenaufreibendste Tanzfolge seines Lebens absolvierte. Er drehte den Kopf zur Seite, führte sie pflichtschuldig über das Parkett, schwer bemüht zu ignorieren, dass sämtliche Blicke auf sie geheftet waren. Verfluchte Bande, dachte er zähneknirschend.
    Als er kurz zu ihr hinunterschaute, stellte er fest, dass Lady Amelias ihn hartnäckig ansah.
    »Was starren Sie mich so an? Wie wär’s, wenn Sie mal woanders hinguckten?«
    Sie zuckte mit keiner Wimper.
    »Warum denn?«
    Na toll.
    »Wissen Sie«, flüsterte sie in einem heiseren Tonfall, den er bei jeder anderen Frau als sinnliches Angebot verstanden hätte, »es passiert nicht oft, dass ein spätes Mädchen Gelegenheit hat, ein Prachtexemplar von solch kraftstrotzender Männlichkeit zu bewundern, noch dazu aus nächster Nähe. Ihre ausdrucksstarken braunen Augen, die dunkelgelockten Haare … Ich würde diese Locken zu gern mal berühren.«
    »Pst«, wiegelte er nervös ab. »Machen Sie hier bloß keine Szene.«
    »Oh, Sie haben damit angefangen«, murmelte sie schlagfertig. »Ich stehle Ihnen bloß die Schau.«
    Nahm dieser Walzer denn gar kein Ende?
    »Möchten Sie, dass wir das Thema wechseln?«, fragte sie. »Wir könnten uns über das Theater unterhalten.«
    »Ich gehe nicht ins Theater.«
    »Dann über Bücher.«
    »Ein anderes Mal«, entfuhr es ihm. War er noch ganz bei Trost! Wie konnte er so etwas sagen? Das Merkwürdige war, dass Lady Amelia trotz ihrer unsäglich vielen unangenehmen Eigenschaften eine gewisse Intelligenz und Schlagfertigkeit besaß. Er konnte sich durchaus vorstellen, mit ihr über Bücher zu diskutieren. Aber nicht hier, in einem überfüllten Ballsaal, wo die Wände Ohren hatten. Außerdem konnte er sich nicht mehr richtig konzentrieren.
    Die Kontrolle entglitt ihm zusehends.
    Zwischen seinen Brauen bildete sich eine missmutige Falte.
    »Ooch, schauen Sie doch nicht so böse«, meinte sie. »Ihr Gesicht hat einen verflixt ungesunden Rotton angenommen. Fast schenke ich den unheimlichen Gerüchten Glauben, die über Sie im Umlauf sind. Da sträuben sich mir doch glatt die Nackenhaare.«
    »Hören Sie auf damit.«
    »Es ist mein Ernst«, protestierte sie. »Sehen Sie selbst.« Sie stellte sich auf die Zehenspitzen, drehte den Kopf zur Seite und zeigte ihm ihren zarten blassen Hals. Er war makellos, ohne Sommersprossen. Cremeweiße, weiche, süß duftende Frauenhaut.
    Spencers Herz trommelte hart gegen seine Rippen, während er spontan erwog, was er lieber tun würde: ihr den Hals umdrehen oder ihn mit zärtlichen Küssen verwöhnen. Hineinbeißen wäre ein fairer Kompromiss, um das Angenehme mit dem Nützlichen zu verbinden, dachte er zynisch.
    Weil sie es verdiente, bestraft zu werden, dieses impertinente Frauenzimmer. Nachdem sie begriffen hatte, dass sie mit ihrem Anliegen nicht weiterkam, versuchte das kleine Biest es mit anderen Tricks. Mit einer Spaßrevolte. Sie konnte ihm zwar keinen Penny abluchsen, aber sich auf seine Kosten amüsieren – und zwar gnadenlos.
    Sie war genauso dickköpfig wie ihr Bruder. Kein Wunder, dass der Idiot Spielschulden machte. Jack zog es immer wieder an den Spieltisch, obwohl nicht der Hauch einer Chance bestand, dass er seine Schulden jemals zurückzahlen konnte. Er machte weiter, riskierte Geld, das er nicht hatte, weil er einmal den ganz großen Gewinn absahnen wollte. Genau so etwas erwartete man von einer Familie wie den d’Orsays – einem uralten, traditionsreichen Adelsgeschlecht, dem nichts geblieben war als Stolz und
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