Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein verfuehrerischer Tanz

Ein verfuehrerischer Tanz

Titel: Ein verfuehrerischer Tanz
Autoren: Tessa Dare
Vom Netzwerk:
wohlgeformtes, aristokratisches Profil. Mit seinen gelockten Haaren und dem Marmor im Hintergrund mutete er wie eine Gottheit auf einem griechisch-römischen Fries an. Unsterblich anziehend.
    Und leichenblass.
    »Geht es Ihnen nicht gut?«, erkundigte sie sich.
    »Vierhundert Pfund.«
    »Wie bitte?«
    Er schloss die Lider.
    »Vierhundert Pfund, wenn Sie auf der Stelle gehen. Ich werde morgen früh alles veranlassen.«
    Verwirrt senkte sie den Blick. Vierhundert Pfund, und alles, was sie tun musste, war, zu verschwinden? Jacks Schulden, bezahlt. Ihr Sommer in Briarbank, gerettet.
    »Lady Amelia, überlegen Sie nicht lange und retten Sie, was zu retten ist. Gehen Sie, denn ich wiederhole mich ungern.«
    Mein Gott, er meinte es ernst. Für meine Gunst hätte er keinen Pfifferling gegeben, dachte sie mit einer Mischung aus Bitterkeit und Selbstironie. Aber dafür, dass sie schleunigst das Weite suchte. Dieser gemeine Kerl.
    Eigenartig. Sein eben noch zornrotes Gesicht war aschfahl geworden. Sie hörte, wie er hektisch den Atem einsog und gepresst wieder ausstieß. Lag es an dem dämmrigen Licht oder zitterte seine Hand auf der Balustrade tatsächlich leicht?
    Wenn er sich ernsthaft unwohl fühlte, durfte sie ihn nicht allein lassen … damit würde sie dem beispiellosen Vorbild ihrer Eltern zuwiderhandeln. Und ihre Seele und ihre gute Erziehung für vierhundert Pfund verhökern.
    Immerhin gab es ein paar wenige Dinge, die mit Geld nicht aufzuwiegen waren.
    Sie trat einen Schritt vor.
    »Sie sehen nicht gut aus. Möchten Sie, dass ich Ihnen drinnen was zu trin …«
    »Nein. Mir fehlt nichts.« Er löste sich mit einem Ruck von der Marmorsäule und schritt über die Terrasse, während er die Nachtluft tief einatmete. »Mein einziges Problem ist eine Quasselstrippe in blauer Seide.«
    »Sie haben keinen Grund, unhöflich zu sein. Ich versuche doch bloß zu helfen.«
    »Ich brauche Ihre Hilfe nicht.« Er wischte sich mit der Hemdmanschette unwirsch die Schweißperlen von der Stirn. »Ich bin gesund und munter wie ein Fisch im Wasser.«
    »Warum sind Sie dann so blass?« Amelia schüttelte verständnislos den Kopf. »Wieso würden Sie lieber die Hand abhacken, als sich von einer Dame helfen zu lassen? Und warum Herrgott noch mal kann sich ein Herzog keine Taschentücher leisten?«
    Sie löste das Täschchen von ihrem Handgelenk. Ohne die Münzen war es so leicht, dass sie es fast vergessen hatte. Sie nahm ein Taschentuch heraus: Es war aufwändig mit Spitze umsäumt und aus feinstem Leinen.
    Einen Herzschlag lang bewunderte sie ihr kürzlich vollendetes Kunstwerk. Ihre Initialen, mit granatrotem Seidenfaden eingestickt. Rings um die Buchstaben rankten sich Weinreben und, in einem zarteren Grün, Farnwedel mit eingerollten Spitzen. Ihr Geniestreich war eine winzige schwarzgoldene Honigbiene, die sie über das A gesetzt hatte.
    Es war ihre bisher beste Stickarbeit. Und dieses gute Stück wollte sie hergeben, bloß damit sich Seine Hoheit die adlige Stirn wischen konnte? Wie tief musste sie eigentlich noch sinken, nachdem sie schon bei ihrem Bruder und dem Cottage, ihrem letzten kleinen Refugium, eingelenkt hatte? Fast rechnete sie damit, dass Napoleon aus einem der Büsche sprang und einen Treueeid von ihr verlangte.
    »Morland«, ertönte eine tiefe Stimme aus der Dunkelheit.
    Amelia fuhr zusammen.
    Die Stimme erhob sich abermals, ein leiser Brummbass. Zu ihrer Erleichterung hörte sie vornehmes Englisch. »Morland, sind Sie das?«
    Der Duke straffte sich.
    »Und wer sind Sie?«
    Ein leises Rascheln im Gebüsch deutete darauf hin, dass der Unbekannte näher kam. Unwillkürlich stellte Amelia sich dicht neben den Herzog und drückte ihm das Taschentuch in die Hand. Nach einem Blick auf das hübsche Leinentuch sah er sie stirnrunzelnd an.
    Sie zuckte wegwerfend mit den Achseln. Vielleicht war ihre Reaktion falsch, aber … er war immerhin ein Mitglied des englischen Hochadels, und sie kam aus einer der altehrwürdigen angesehenen englischen Adelsfamilien. Folglich konnte sie es nicht billigen, dass er einem Fremden gegenübertrat und dabei aussah, als hätte er Malaria im Endstadium. Zumal sie ein blütenfrisches Taschentuch dabeihatte.
    »Danke«, grummelte er. Er wischte sich hastig die Stirn und stopfte das Tüchlein in die Tasche seines Jacketts, als nicht einer, sondern zwei Männer hinter der Hecke hervortraten und über die niedrige Brüstung auf die Terrasse sprangen. Der Duke trat zwischen Amelia und die beiden ihr
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher