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Ein verfuehrerischer Tanz

Ein verfuehrerischer Tanz

Titel: Ein verfuehrerischer Tanz
Autoren: Tessa Dare
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mittelalterlichen Ritter mit ihrem Versuch, das Sagenschwert Excalibur aus dem Stein zu ziehen.
    Stoff gab es allerdings auch so schon genug. Um einen reichen hochrangigen Adligen wie den Duke of Morland rankten sich jede Menge Geschichten.
    »Ich hab gehört, er soll wie ein Waldkind in der kanadischen Wildnis groß geworden sein«, sagte die junge Dame in dem pistaziengrünen Seidenchiffon.
    »Stimmt, ich hab gehört, dass er ein zerlumpter, unzivilisierter Bengel war, als sein Onkel ihn aufnahm«, bekräftigte die andere. »Und weil er so wild war, ist der arme alte Herzog einem Herzinfarkt erlegen.«
    Die Lady in Grün murmelte:
    »Mein Bruder hat mir von einem Vorfall in Eton erzählt. Von einer Messerstecherei oder Schlägerei … ich weiß nicht mehr genau. Aber ein Junge wäre fast gestorben, und Morland wurde deswegen der Schule verwiesen. Wisst ihr was, wenn man den Erben eines Herzogs aus dem Internat wirft, muss schon etwas sehr Schlimmes passiert sein.«
    »Ihr werdet es nicht glauben«, warf Amelia mit einem theatralischen Augenaufschlag ein. Die Damen neigten sich neugierig zu ihr und spitzten die Ohren. »Ich hab gehört«, flüsterte sie, »dass sich Seine Hoheit in den Vollmondnächten in einen gierigen Werwolf verwandelt.«
    Als das verschämte Gekicher ihrer Begleiterinnen verebbte, sagte sie laut: »Also ich begreife nicht, weshalb ihr euch so brennend für ihn interessiert! Der Duke kocht auch bloß mit Wasser.«
    »Du würdest anders reden, wenn du mal mit ihm getanzt hättest.«
    Amelia schüttelte heftig den Kopf. Sie hatte diesen Ringelpiez mit Anfassen in den letzten Wochen zur Genüge beobachtet, zugegeben mit leichter Belustigung. Denn sie hatte nie darauf spekuliert oder gehofft, selbst einmal die Auserwählte zu sein. Das hatte nichts mit den verbotenen Früchten zu tun, an die man eh nie herankam, nein, ganz bestimmt nicht. Was die anderen jungen Damen faszinierend und romantisch fanden, hielt sie für melodramatischen Unsinn. Pfui Spinne, ein lediger, steinreicher, attraktiver Herzog, der seine Bestätigung suchte, indem er dauernd Frauenherzen brach? Wahrscheinlich war er grotteneitel und dazu ein unausstehliches Brechmittel.
    Und seine Auserwählten waren durch die Bank flatterhafte, unbedarfte junge Mädchen in ihrer ersten oder zweiten Ballsaison. Alle zierlich, alle bildhübsch. Da konnte Amelia nicht mithalten.
    Schwang da etwa doch ein Hauch von bitterem Neid mit?
    War das so verwunderlich? Wenn man wie Amelia bald das heiratsfähige Alter überschritten hatte, durfte die feine Gesellschaft ihr bitteschön zubilligen, dass sie heimlich, still und leise zur alten Jungfer mutierte. Sie mochte nicht daran erinnert werden, dass sie jahrelang aussichtsreiche Ehekandidaten ausgeschlagen hatte. Und wenn der unsägliche Herzog Schlag Mitternacht den Saal betrat und sein Blick direkt an ihr vorbei zu irgendeinem jungen hübschen Dummchen glitt, kam ihr logischerweise die Galle hoch.
    Sicher, sie war keine besonders auffällige Erscheinung. Ihre Vermögensverhältnisse waren ebenfalls zu vernachlässigen, und selbst in ihrer ersten Saison hatte Amelia nicht mit bezaubernder Schönheit geglänzt. Ihre blauen Augen waren ein wenig zu hell, und sie wurde bei der kleinsten Kleinigkeit rot. Inzwischen sechsundzwanzig, hatte sie sich damit abgefunden, dass sie ein bisschen zu füllig war.
    Unvermittelt stoben die anderen jungen Frauen wie eine Horde schnatternder Flattergänse auseinander.
    »Du siehst umwerfend aus, Amelia«, flüsterte eine tiefe Stimme hinter ihr.
    Seufzend wirbelte sie herum.
    »Jack. Was willst du denn schon wieder von mir?«
    Er warf sich in die Brust und machte eine übertrieben tiefe Verbeugung vor ihr.
    »Muss ich denn immer gleich was von dir wollen? Kann ein junger Mann seiner über alles geliebten Schwester nicht einmal ohne Hintergedanken ein Kompliment machen, hm?«
    »Nicht, wenn es sich bei dem fraglichen jungen Mann um dich handelt. Zudem ist es kein Kompliment für mich, von dir als über alles geliebte Schwester bezeichnet zu werden. Ich bin schließlich deine einzige Schwester. Wenn du Geld von mir willst, musst du es schlauer einfädeln.« Sie schlug einen scherzhaften Ton an und hoffte wider besseres Wissen, dass er protestieren würde: »Nein, Amelia. Ich will kein Geld von dir. Ich spiele nicht mehr und ich trinke nicht mehr und ich habe meine nichtsnutzigen ›Freunde‹ in die Wüste geschickt. Ich studiere wieder. Und gehe in die Kirche, wie ich es
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