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Ein verfuehrerischer Tanz

Ein verfuehrerischer Tanz

Titel: Ein verfuehrerischer Tanz
Autoren: Tessa Dare
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– Eigenschaft, undurchschaubar zu sein. Er hatte diese Fähigkeit über die Jahre bis zur Perfektion kultiviert.
    Wir trauen Ihnen nicht. Das entnahm er dem Getuschel und dem Verhalten der Gentlemen, die ihn nicht aus den Augen ließen, während die Hände der Damen instinktiv nach den Colliers tasteten, die ihre Dekolletés schmückten. Na und? Was war daran verkehrt, wenn die anderen Respekt vor ihm hatten?
    Und noch etwas anderes entlockte ihm heimlich ein Grinsen. Die stumme Bitte, die jedes Mal in der Luft hing, sobald er in einem Ballsaal aufkreuzte.
    Hier, nehmen Sie eine von unseren Töchtern.
    Heiliger Strohsack. Musste das wirklich sein?
    Während er die Travertinstufen hinunterschritt, machte Spencer sich mental auf eine unangenehme halbe Stunde gefasst. Wäre es nach ihm gegangen, hätte er sich auf seinen Landsitz verkrümelt und nie wieder einen Ball besucht. Da er jedoch zeitweilig in London residieren musste, konnte er nicht alle Einladungen ausschlagen. Nicht zuletzt ging es um Claudia, sein Mündel, das in ein paar Jahren eine gute Partie machen sollte. Folglich musste er sich darum kümmern, dass sie als Debütantin in die Gesellschaft eingeführt wurde. Zudem bot sich auf solchen Festen häufiger die Gelegenheit zu riskanten Kartenspielen mit hohem Einsatz, in irgendwelchen Hinterzimmern und weit genug entfernt von den weiß gepuderten Matronen, die sich beim Whist vergnügten.
    Deshalb ließ er sich blicken, aber er diktierte die Bedingungen. Eine Tanzfolge und das war’s. So wenig Konversation wie möglich. Und da diese Mischpoke entschlossen schien, ihm ihre unschuldigen Jungfrauen zu Füßen zu werfen … hatte er die freie Auswahl.
    Heute Abend bevorzugte er den stillen Typ.
    Für gewöhnlich mochte er die Jungen, Naiven, die mehr daran interessiert waren, ein Bad in der Menge zu nehmen, als mit ihm zu plaudern. Auf dem Ball der Pryce-Fosters hatte er das große Pech gehabt, an eine gewisse Miss Francine Waterford zu geraten. Ziemlich hübsch, mit lebhaften Augen und vollen, rosigen Lippen. Der Haken war bloß der, dass diese Lippen jeglichen Reiz verloren, da Francines Mundwerk nie stillstand. Während sie tanzten, hatte sie die ganze Zeit gequasselt. Und das Schlimmste war, sie hatte ihn genötigt zu antworten. Die meisten Frauen übernahmen spielend beide Seiten der Konversation, Miss Waterford jedoch ließ ein kurzes Nicken oder eingestreutes Räuspern nicht gelten. Zähneknirschend hatte er schließlich ein paar Mal geantwortet und drei Kreuze gemacht, als der Spuk vorbei war.
    Das hatte man davon, wenn man ein sensibler Ästhet war. Er hatte genug von den hübschen Dingern. Heute Abend wollte er zur Abwechslung mal ein stilles, schüchternes Mauerblümchen auffordern. Seinetwegen brauchte sie nicht hübsch zu sein, sie musste bloß die Klappe halten.
    Während er sich dem Kreis junger Damen näherte, fiel sein Blick auf ein gertenschlankes Mädchen in einer aparten melonenfarbenen Seidenrobe, das am Rand der Gruppe stand. Als er auf sie zuging, versteckte sie sich halb hinter ihrer Nachbarin. Und wich seinem Blick aus. Perfekt.
    Kaum dass er seine Hand ausstreckte, um sie zum Tanzen aufzufordern, ließ ihn plötzlicher Lärm aufmerken. Glasscheiben klirrten. Eine Tür knallte. Absätze klackerten in hartem Stakkato über die Steinfliesen.
    Spencer schnellte unwillkürlich herum. Eine jüngere Dame in Blau schoss wie eine Billardkugel durch den Saal und blieb direkt vor ihm stehen. Energisch packte sie seine einladend ausgestreckte Hand, die Miss Melonenseide verschmäht hatte.
    Nach einem angedeuteten Knicks sagte sie:
    »Danke, Hoheit. Ich fühle mich geehrt.«
    Nach einer quälend langen Pause setzte die Musik ein.
    Die Gruppe enttäuschter Ladys löste sich auf und machte sich leise zeternd auf die Suche nach neuen Tanzpartnern. Zum ersten Mal in dieser Saison fand sich Spencer neben einer Partnerin wieder, die er sich nicht selbst ausgesucht hatte.
    Das war überaus verblüffend.
    Und passte ihm überhaupt nicht in den Kram.
    Trotzdem ließ er sich nichts anmerken. Die impertinente Person stellte sich zu einer Polonaise mit ihm auf. Kannte er die Lady eigentlich?
    Während die anderen Tanzpaare um sie herumwirbelten, beobachtete er sie heimlich. Attraktiv sah weiß Gott anders aus. Statt leichtfüßig wie eine Elfe zu schweben, sprintete sie linkisch durch den Saal. Widerspenstige Haarsträhnen fielen ihr ins Gesicht, und sie keuchte vor lauter Anstrengung. Das war wenig
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