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Ein unverschaemt charmanter Getleman

Titel: Ein unverschaemt charmanter Getleman
Autoren: Loretta Chase
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er ganz vergessen hatte, wie durchnässt und wahrscheinlich auch durchgefroren sie war. Und er hatte sie hier die ganze Zeit aufgehalten, während sie sich sicher nichts sehnlicher wünschte, als aus ihren nassen Kleidern herauszukommen!
    Nein, er würde sich nicht gestatten, daran zu denken, was damit einherging, sich ihrer Kleider zu entledigen ... die Knöpfe und die Verschlüsse und die Korsettschnüre, die geöffnet werden mussten ...
    Nein.
    Er konzentrierte seine Gedanken auf Kanäle, Kohlegruben und Dampfmaschinen und entschuldigte sich für seine Unachtsamkeit.
    Sie tat seine Entschuldigung kühl ab, bat ihn, es sich bequem zu machen und eine kleine Stärkung zu sich zu nehmen, lächelte noch immer das Lächeln, das nun kaum mehr eines war, und verließ den Salon.
    Miss Oldridge - die jetzt ein anderes, aber nicht minder unvorteilhaftes Kleid trug - führte Alistair zu einem Wintergarten, der sich durchaus mit dem des Prinzregenten in Carlton House messen konnte. Der des Regenten wurde jedoch vor allem für Gesellschaften und Feiern genutzt, wobei je nach Bedarf Pflanzen aufgestellt oder hinausgeräumt wurden. Mr. Oldridges Pflanzen waren weitaus zahlreicher und weniger beweglich.
    Der Wintergarten wirkte weniger wie ein überdachter Garten, sondern mutete eher an wie ein Museum oder eine Bibliothek voller Pflanzen.
    Jede Spezies war sorgfältig beschriftet und mit Anmerkungen und Querverweisen versehen. Auf dem Boden lagen aufgeschlagene Notizbücher herum, in denen handschriftliche Aufzeichnungen auf Latein standen, und Alistair erkannte Mr. Oldridges Schrift wieder.
    Der Schreiber selbst fand sich im Wintergarten jedoch nicht, ebenso wenig war er vor dem Haus noch in den Gewächshäusern oder im Garten.
    Von einem der Gärtner erfuhren sie schließlich, dass Mr. Oldridge ganz darin vertieft sei, die Moosvegetationen in den höheren Regionen zu studieren. Wahrscheinlich sei er auf den Heights of Abraham, wohin es ihn seit Kurzem bevorzugt zog.
    Alistair wusste nur zu gut, dass die Heights of Abraham sich in Matlock Bath erhoben. Selbst wenn der bewaldete Hang mit der hervorspringenden Felskuppe, der direkt hinter seinem Hotel lag, seiner Aufmerksamkeit entgangen wäre, so ließen sich doch die zahlreichen Karten und Hinweisschilder, von denen der Ort nur so wimmelte, schwerlich übersehen.
    Kaum zu glauben, dass er auf dieser erbärmlichen Straße hierher hatte kommen müssen, nur um zu erfahren, dass der Mann, den er hatte aufsuchen wollen, sich derweil dort aufhielt, von wo er gekommen war, und womöglich just in diesem Moment von einem Felsen stürzte und sich den Hals brach!
    Alistair sah zu Miss Oldridge hinüber, deren Blick in die Ferne gerichtet war. Er fragte sich, was sie wohl dachte.
    Sogleich ermahnte er sich, dass ihre Gedanken nichts zur Sache taten. Er war geschäftlich hier - was zählte, waren die Ansichten ihres Vaters.
    „Ihr Vater scheint eine ungewöhnliche Hingabe zu seinem ... äh ... Hobby zu haben“, bemerkte er nun. „Es gibt sicher nicht viele Leute, die zu dieser Jahreszeit auf Berge hinaufsteigen. Halten Moose keinen Winterschlaf oder was immer Pflanzen im Winter machen?“
    „Ich habe nicht die geringste Vorstellung.“
    Ein eisig kalter Nebel senkte sich herab, und Alistairs schlimmes Bein nahm die Witterung mit Krämpfen und stechenden Schmerzen zur Kenntnis. Miss Oldridge lief jedoch von dem Wetter unbeirrt weiter in den Garten hinaus, und Alistair humpelte neben ihr her.
    „Sie teilen seine Begeisterung demnach nicht“, stellte er fest.
    „Es übersteigt meinen Horizont“, erwiderte sie. „Wie unwissend ich bin, zeigt sich daran, dass ich mir einbilde, er sollte doch eigentlich genügend Moos und Flechten auf seinem eigenen Grundstück finden, als dass er bis zum Derwent River wandern müsste, um welche zu suchen. Aber das Wandern und Klettern hält ihn beweglich, und zumindest ist er so nicht... ah, da kommt er.“
    Ein Mann von mittlerer Größe und schlankem Körperbau tauchte zwischen den Büschen auf und schlenderte zu ihnen herüber. Mit einem Hut und einem Übermantel aus Öltuch war er bestens gegen die Witterung geschützt, und seine abgelaufenen Stiefel machten einen sehr robusten Eindruck.
    Als er näher kam, bemerkte Alistair die Ähnlichkeit zwischen ihm und seiner Tochter, und er kam zu dem Schluss, dass Miss Oldridge ihre Gesichtszüge wohl der mütterlichen Seite verdankte, während ihre Haare und ihre Augen eine jüngere und lebhaftere Version
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