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Ein unverbindliches Ja

Ein unverbindliches Ja

Titel: Ein unverbindliches Ja
Autoren: Katja Reuter
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jetzt habe ich den Salat. Gerade noch war es hier seelenruhig und jetzt das.
    Schrill dringen seine Worte in mein Ohr. Erschrocken über die aggressive Lautstärke seiner Stimme befolge ich seine Anweisung. Nur hat er ja nicht gesagt, dass ich mich in seine Richtung bewegen soll. So entscheide ich mich in Sekundenschnelle für einen Sprung in die andere Richtung!
    Er wird doch wohl nicht schießen? Ich nehme meine ölweichen Beine in die Hand und renne um mein Leben, renne um meine Liebe Richtung Friedhofsbank, Richtung Hendrik – hoffentlich.
    Schon bald werde ich von drei Polizisten verfolgt, von drei sportlichen Polizisten! Ich kann es kaum glauben. Noch eine Ecke, dann muss ich bei der Bank sein. Es ist so finster, hoffentlich stolpere ich nicht. Da meine Verfolger mir so dicht auf den Fersen sind, leuchtet das Licht der Taschenlampen nun auch mir den Weg – danke dafür!
    Ich renne und renne und renne und sehe die Liebe meines Lebens auf der Bank sitzen. Jawohl – er ist da! Er sieht oder zumindest hört uns kommen.
    Kurz vor der Bank packt mich ein Polizist am Arm. »Autsch!«, schreie ich.
    »Da ist ja noch jemand.« Die Polizisten sind erstaunt. Und schon hat Hendrik den Lichtstrahl einer Taschenlampe grell in seinem Gesicht. Er kneift die Augen zu. Er sieht verdammt gut aus.
    Ich höre seine Stimme: »Mensch, Mareike, was für ein Aufgebot, Polizeischutz wäre doch gar nicht nötig gewesen!«
    Ich schaue ihn an, lächle.
    Die Beamten teilen seinen Humor jedoch nicht. Wir werden abgeführt – in Handschellen – wie Grabräuber.
    Es dauert nicht lange, da finden wir uns im Polizeibus wieder. Die schwere Schiebetür fällt mit einem lauten, unangenehmen Geräusch hinter uns zu. Wo werden wir denn jetzt hingebracht? Irgendwie hatte ich mir die Nacht ganz anders vorgestellt.
    Ich verliere mich in Hendricks Augen, wir starren uns an, wie hypnotisiert sitzen wir einander gegenüber. Wir schweigen, schauen uns nur an. Die Funken sprühen, ein Feuerwerk – ich drohe zu explodieren, hoffentlich reißt es mich nicht in Stücke. Jeder, der schon einmal so verliebt war wie ich, weiß, wovon ich spreche, denn Worte gibt dafür es nicht. Die Magie des Augenblicks verzaubert mich, wie immer, wenn ich in seiner Nähe bin. Sein verschmitztes Lächeln treibt mich beinahe in die Ohnmacht.
    Ich bin von Sinnen, es fällt mir schwer klare Gedanken zu fassen. Hoffentlich gelingt es mir gleich tiefe Reue zu heucheln, damit die restliche Nacht nur Hendrik und mir gehört.
    »Sie kennen sich?«, fragt einer der Polizisten.
    Wir nicken synchron, brechen dabei unser Schweigen nicht.
    »Na, dann schnallen Sie sich mal an.« Von den Handschellen hat uns der Beamte bereits befreit. »Wir fahren zur Wache.«
    Hoffentlich kommen wir zusammen in eine Zelle.
    Wohin auch immer, es ist mir egal. Einzig wichtig, ich bin bei Hendrik, das ist es, was mich interessiert. Der lang ersehnte Moment ist gekommen. Jetzt wird endlich alles gut. Das Leben kann soooooooooooo schön sein.
    Auf der Wache nehmen dann fünfzig Jahre schlechte Laune mit Prinz-Eisenherz-Frisur unsere Daten auf. Können wir durch eine Anzeige wegen unbefugten Betretens eines Friedhofs tatsächlich ernsthafte Probleme bekommen? Kann ihm der Entzug seiner Zulassung als Anwalt drohen? Wenn ich ihn so ansehe, tangiert ihn das just in diesem Moment gar nicht. Denn auf die nächste Frage seines Griesgram-Gegenübers, was er mitten in der Nacht auf einem Friedhof verloren habe, schaut er ihn nur herausfordernd an, fällt vor mir auf die Knie und hält um meine Hand an: »Makrele, willst du meine Frau werden?«
    »Jaaaaaaaaaaaaaaaa – ich will!«
    Er nimmt meine Hand und steckt mir einen wunderschönen goldenen Ring an den Finger. Ich bin im siebten Himmel, höre Geigen, sehe Engel um mich herum tanzen, strahle ihn nur an.
    Der Griesgram-Polizist verlässt den Raum. Wahrscheinlich doch zu viel Romantik für einen echten Bullen.
    Das ist unsere Chance, die Gelegenheit zu fliehen. Wir gucken uns kurz an. Hendrik nimmt mich an die Hand und wir schleichen zur Tür hinaus. Der Polizist auf dem Flur macht keinerlei Anstalten, uns aufzuhalten. Vielleicht war er selbst in seinem Leben schon einmal verliebt, wer weiß das schon.
    Wir jedenfalls beschleunigen kontinuierlich unseren Schritt und rennen schließlich Hand in Hand aus dem Gebäude, die Straße entlang. Denn: Wir haben es eilig, wollen uns genießen, wollen unsere in Las Vegas geschlossene Ehe anmelden, am liebsten jetzt sofort,
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