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Ein unverbindliches Ja

Ein unverbindliches Ja

Titel: Ein unverbindliches Ja
Autoren: Katja Reuter
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Kunden bei einer Tasse Kaffee durchgeschaut. Aus Spaß hatte ich das Heft mit einer Sicherung versehen.
    Zwei Tage später ging dann das Alarmsystem los, als ein Kunde zusammen mit seiner Frau den Laden verließ. Die Untersuchung des Hausdetektivs ergab, dass der Herr Michaelis dieses Magazin in seiner Aktentasche mit sich führte. Weil es sich um einen sehr netten Stammkunden handelte, entsicherte ich ihm das Heft und sagte, um ihm die peinliche Situation zu erleichtern, dass er nicht der erste Kunde sei, der davon ausging, dass es sich um eine Gratisausgabe handele.
    Dann beging ich den großen Fehler, ihm das Heft zu schenken. Seine Frau hielt ganz und gar nichts davon, ihren Mann für diesen ›peinlichen‹ Diebstahl zu belohnen. Sie riss ihm den Playboy aus den Händen und schlug so lange damit auf ihn ein, bis nicht mehr viel von dem Magazin übrig blieb. Wozu so eine chronisch untervögelte Fregatte im Stande ist.
    So gesehen hätte ich heute eh zum Zeitungsladen gehen müssen. Als ich nach der FAZ für Hendrik greife, sehe ich links von mir einen großen Ständer mit unanständigen Magazinen. Die gewünschte Playboy -Ausgabe ist nicht zu übersehen. Ich nehme eine heraus und stelle mich an der Kasse an. Sehr schön, zwei Fliegen mit einer Klappe, denke ich mir.
    Der Zeitungsverkäufer kennt mich seit längerem und lässt nie einen Flirtversuch aus. Beim Kassieren schaut er schmunzelnd auf den Playboy : »Sieh mal einer an, was die Dame von heute so liest. Eine Tüte?«
    »Nein, danke schön, das geht so.«
    Schnell lasse ich meinen Einkauf in der Tasche verschwinden, verlasse den Kiosk und schreibe auf eine Genesungskarte: Hier ist deine Zeitung, die habe ich wie üblich reingeholt. PS: Keine Bange, dein Zelt steht noch. Gute Besserung – deine Elster.
    Blumen lasse ich weg. Das wird zu viel, schließlich bin ich ja nur ein ungebetener Gast. So, jetzt keine Zeit verschwenden. Ich möchte so früh wie möglich dort eintreffen, um nicht auf die Familie oder Bekannte von Hendrik zu treffen. Die kommen bestimmt zu den regulären Besuchszeiten.
    Im Krankenhaus schleiche ich durch die Station drei, um nach einer Schwester Ausschau zu halten. Hendrik darf mich jetzt bloß nicht sehen. Zu spät, ich höre seine Stimme hinter mir: »Na, mein Herzchen, wohin des Weges?«
    Er war wohl gerade auf dem Weg zurück zu seinem Zimmer. Er hat schon die Türklinke in der Hand und bittet mich herein. Ich fühle mich sehr unwohl. Er lehnt seine Gehstütze an die Seite des Bettes und schiebt mir einen Stuhl entgegen.
    »Der ist zwar nicht so bequem wie der Viersitzer, den ich einmal besaß, reicht aber hoffentlich aus.«
    Jetzt betritt sein Bettnachbar das Zimmer. Ein attraktiver Endfünfziger mit grauem Haar. Er begrüßt mich sehr freundlich und lässt sich dann auf seinem Bett nieder, um sich ein Glas Selters einzuschenken. Hendrik fragt, was er mir anbieten kann: »Wasser, Saft oder Schorle?«
    »Nichts, danke. Ich habe gerade zu Hause ausgiebig gefrühstückt. Ich wollte dir nur kurz was zu lesen vorbeibringen. Ich muss doch um elf den Laden aufschließen«, lüge ich.
    Bei dem Griff in die Tasche sehe ich bereits die FAZ auf seinem Nachtisch liegen. So ein Mist! Hätte ich mich doch bloß für die Blumen entschieden. Da kommt mir eine Idee. Selbstbewusst ziehe ich den Playboy anstelle der FAZ heraus und überreiche ihn Hendrik mit den Worten: »Damit du mal auf andere Gedanken kommst.«
    Hendrik ist ganz und gar nicht erfreut über meine nett gemeinte Geste. Unsicher und etwas verärgert nimmt er das Magazin entgegen und lässt es sogleich in der Schublade seines Nachttisches verschwinden. Er hat sich doch sonst nicht so. Seinem Zimmergenossen scheint mein Mitbringsel zu gefallen. Er reagiert mit einem sympathisch breiten Lächeln, steht auf und verlässt das Zimmer. Anscheinend möchte er uns allein lassen.
    Kaum hat er die Tür hinter sich zugezogen, fährt mich Hendrik erbost an: »Sag mal, Mareike, spinnst du? Das kannst du doch echt nicht bringen. Es ist mir vor meinem Bettnachbarn so was von peinlich. Mann, ey, das ist der Direktor der Commerzbank. Den kenne ich persönlich.«
    »Ja und? Wo liegt dein Problem? Meinst du etwa, nur weil er ein Bankdirektor ist, liest er keine Magazine?«
    Hendrik hört mir gar nicht zu. »Annelise und ich hatten damals eine Finanzierung für eine Wohnung über ihn abgeschlossen. Mensch, und die Schwestern? Was sollen die denn denken, wenn die beim Saubermachen den Playboy bei mir
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