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Ein unverbindliches Ja

Ein unverbindliches Ja

Titel: Ein unverbindliches Ja
Autoren: Katja Reuter
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KAPITEL 1:
ACHTUNG, VERKEHR, ICH KOMME!
    Es ist Sommer. Ein Bilderbuchtag, die Sonne scheint, Vögel zwitschern vergnügt in den Baumkronen und zwei übermütige Eichhörnchen toben durch den Garten und vollführen Luftsprünge von Ast zu Ast.
    Ach, wäre da doch bloß nicht in einer Stunde diese verdammte Führerscheinprüfung, ich würde den Tag auf einer Liege verbringen und in der Sonne brutzeln. Mittlerweile ist es mein dritter Versuch. Meine Mitbewohnerin hat mir vorhin zwei Schlaftabletten gegeben, damit ich ruhiger werde und nicht wieder zu rasant fahre. Bin gespannt, ob das etwas hilft …
    Dass ich nicht gleich nach dem Abi meinen Führerschein gemacht habe, bereue ich sehr, denn mit Anfang dreißig gelte ich ja schon als Fossil unter den Fahrschülerinnen. Aber ich, nie um eine Ausrede verlegen, schob dieses Projekt immer vor mir her, Jahr für Jahr. Beweggründe, keinen Führerschein zu machen, gab es immer: So war ich z.B. der Meinung, mein hart erarbeitetes Geld, das ich während des Psychologiestudiums in einer Herrenboutique verdiente, wäre in Partys sinnvoller investiert. Schließlich hätte ich mir damals kein Auto leisten können, was hätte mir da ein Führerschein gebracht? Und dann lernte ich Harry kennen. Wir wurden ein Paar. Anfänglich war ich zu verliebt und später zu bequem, um mich zur Fahrschule zu schleppen. Außerdem machte Harry seinem Namen alle Ehre und chauffierte mich die letzten sechs Jahre, also seit Beginn unserer Beziehung, tapfer durch die Gegend. Aber letztes Jahr, als wir eine siebenmonatige Auszeit hatten, vermisste ich vor allem diese grenzenlose Mobilität, es überkam mich ein Anflug von Selbstverwirklichung und ich meldete mich bei der Fahrschule an. Tja, und jetzt hab ich den Salat!
    Prüfungsangst ist nicht schön – glauben Sie mir!
    Mit Magenschmerzen und weichen Knien mache ich mich auf den Weg. Bei der Prüfstelle angekommen, trifft mich der Schlag: Schon wieder, nun bereits zum dritten Mal, stehe ich demselben Prüfer gegenüber. Na Prost Mahlzeit und das in Berlin, wo allein diese Prüfstelle zig Mitarbeiter hat. Wie in einem schlechten Film. Nein, schlechter als ein schlechter Film.
    Auf geht’s. Reinsetzen. Anschnallen. Spiegel einstellen. Korrektes Anfangsverhalten kann nicht schaden, denke ich noch ganz konzentriert. Doch schon nach den ersten Metern des Fahrens beginnen die Schlaftabletten zu wirken. Leider, denn es fällt mir unglaublich schwer die Augen offen zu halten. Bei jeder 50er-Zone fahre ich gerade mal 40 und den 30-km/h-Bereich passiere ich mit 20. Zum Glück sind nicht so viele andere Autofahrer unterwegs, der eine oder andere hätte sich sonst bestimmt schon aufgeregt.
    Eisern kämpfe ich gegen das Müdigkeitsgefühl an. Filmriss. Augen aufhalten. Sekundenschlaf. Dann vernehme ich von weit her die unerwartete Bemerkung des Prüfers: »Bestanden.«
    Er scheint einen gnädigen Tag zu haben, denn er nuschelt noch hinterher, dass er so einem ›Verkehrshindernis wie mir‹ den Führerschein eigentlich wieder nicht geben dürfte. Vielleicht will er sich auch nur ein weiteres Treffen mit mir ersparen. Jedenfalls händigt er die Papiere mürrisch an meinen Fahrlehrer aus und verlässt fix den Wagen. Mich würdigt er keines Blickes. Egal, ich freue mich, glücklich halte ich meinen Führerschein in den Händen. Jetzt aber schnell nach Hause ins Bett, diese verdammten Schlaftabletten.
    Am nächsten Tag kann ich meinen Freund Harry überzeugen, mir seinen roten Mini für einen kurzen Arztbesuch zu leihen. Es hat fast eine Stunde gedauert, ihn zu überreden, und erst als ich anbot, den Wagen auf dem Rückweg durch die Waschanlage zu kutschieren, willigte er ein. Männer!
    Hinterm Steuer fühle ich mich großartig. Wie in Ekstase heize ich durch die Straßen. Cro (bis zum Anschlag aufgedreht) hallt mit seinem Ohrwurm Einmal um die Welt aus den runden stilechten Mini-Boxen. Die richtige Musik für meine Jungfernfahrt. Beim Doc angekommen biege ich auf den großen Parkplatz ein. Es ist kaum zu glauben, auf der riesigen Fläche steht nur ein einziges Auto. Eigenartig, immer wenn Harry mich herbrachte, waren meist nur drei oder vier Plätze frei. Vielleicht liegt es an den Ferien. Keine Ahnung.
    Rasant fahre ich dicht neben diesen einen parkenden Wagen. So nah, dass ich aus der Beifahrertür aussteigen muss. Aber egal, ich hole ja nur schnell das bestellte Rezept ab. Irgendwie ist es auch ein lustiges Bild: auf dem großen Parkplatz nur zwei dicht
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