Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein unsittliches Angebot (German Edition)

Ein unsittliches Angebot (German Edition)

Titel: Ein unsittliches Angebot (German Edition)
Autoren: Cecilia Grant
Vom Netzwerk:
abzuwarten. »Wenn wir aufs Land fahren, kannst du sogar dein altes Zimmer wiederhaben.«
    Und wieder das Leben eines abhängigen Kindes führen, mit einundzwanzig. Eine Bürde für ihn und seine Frau. In ihrem Magen rumorte es: Winzige Fetzen der Rebellion jagten sinnlos umher wie altes Laub in einem Wirbelsturm.
    Mr Keene neigte den Kopf und präsentierte ihr erneut die kahle Stelle. »In solchen Fällen führen wir die Angelegenheit für gewöhnlich erst fort, wenn die Witwe uns versichert, dass die Möglichkeit der Geburt eines Sohnes ausgeschlossen ist.«
    Diese Möglichkeit war absolut ausgeschlossen. Ihr Körper hatte das drei Tage zuvor auf die übliche Weise kundgetan. Trotz aller noch so energischen Bemühungen ihres Mannes, mit ihr – und vermutlich auch mit seiner vorherigen Frau –, einen Erben zu zeugen, war es nicht zu einer Schwangerschaft gekommen.
    Doch sollte sie das etwa hier auf der Stelle verkünden? Trotzig schwieg sie. Wenn sie die Angelegenheit offenließ, würde sie ein paar Wochen gewinnen. Vielleicht sogar einen Monat.
    Und wenn sie ihnen wirklich trotzen wollte … nun, man hörte so manches darüber, was verzweifelte kinderlose Witwen mitunter taten. Schaurige Geschichten, schwer zu glauben. Konnte eine Frau wirklich so verzweifelt sein? Wahrscheinlich waren es nur Ammenmärchen, dem Wunschdenken der Männer entsprungen.
    Sie reckte das Kinn. »Ich werde es Sie wissen lassen, wenn es so weit ist.« Wenigstens würde sie sich um die Dienstboten kümmern können. Mr und Mrs James Russell würden ihr eigenes Gesinde mitbringen, was einen Teil der Dienerschaft von Seton Park überflüssig machen würde. Sie würde sich so viel Zeit nehmen, wie nötig war, um die Leute anderweitig unterzubringen.
    Andrew rutschte unruhig auf seinem Sessel hin und her, während Mr Keene minutenlang seine Papiere zusammenpackte und höfliche Konversation betrieb. Als der Anwalt endlich verabschiedet worden war, stand Andrew vehement auf. »Herrgott, Schwesterchen, kannst du denn nie den Mund aufmachen und für dich selbst eintreten?« Er schritt ans andere Ende des Tisches. »Es ist nicht recht, wie du in dieser ganzen Sache behandelt wirst. Warum nur bin ich der Einzige, der den Mut hat, das zu sagen?«
    Eine altbekannte Gelassenheit breitete sich in ihrer Brust aus. »Ich verstehe nicht, was das mit Mut zu tun haben soll .« Vorsichtig erwog sie ihre Worte und faltete die Hände wieder auf dem Tisch. »Vermutlich könnte ich von Ungerechtigkeit sprechen und mich einem Wutausbruch hingeben, doch das würde nichts an meiner derzeitigen Situation ändern, oder?« Ihre Stimme wurde dünner und dünner, wie Teig unter einem unnachgiebigen Nudelholz.
    »Jetzt nicht mehr.« Er machte eine ausladende Geste der Ungeduld. »Aber dieses ganze Unglück hätte verhindert werden können! Ich werde beim besten Willen nie verstehen, weshalb du den Kerl überhaupt geheiratet hast! Weshalb sollte ein junges Mädchen einen Witwer heiraten, der doppelt so alt ist wie sie, wo sie doch –«
    »Er war neununddreißig. Nicht gerade scheintot. Und nein, du wirst es vermutlich nie verstehen.« Älteste Söhne verstanden so etwas nicht. Ein Schmarotzerdasein würde Andrew nie drohen. Er würde nie in die Verlegenheit geraten, Alternativen abwägen zu müssen, die nichts mit den Träumen eines jungen Mädchens zu tun hatten. Er schüttelte lediglich mitleidig den Kopf – provozierend – ob ihrer starrköpfigen Entscheidung.
    Als ob eine Liebesheirat die einzig legitime Form der Ehe wäre. Als ob die Menschheit nicht seit Generationen von Verbindungen ganz anderer Art profitieren würde, von respektablen Eheschließungen zwischen Leuten, die nun einmal nicht in erster Linie an zügellosen Emotionen interessiert waren.
    Ihre Finger hatten sich gelöst und strichen immer wieder über ein Stück Lochstickerei im Tischtuch. Dann hielt sie die Hände still und verschränkte sie wieder fest. Und schwieg.
    Ihr Bruder seufzte abrupt. »Es tut mir leid, Martha.« Sie hörte die Veränderung in seiner Stimme, während sie den Blick fest auf das Tischtuch geheftet hielt.
    Er kam um den Tisch herum, stellte sich hinter ihren Sessel und legte eine Hand auf ihre Schulter. Sie hob den Kopf und starrte die Tapete an, auf der Pfingstrosen in einem fröhlichen rot-weißen Muster umhermarschierten.
    »Ich wollte dich nicht kränken.« Mit einem Mal war er unsicher und suchte ratlos nach einer Möglichkeit, seine verquere kleine Schwester zu trösten.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher