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Cujo

Cujo

Titel: Cujo
Autoren: Stephen King
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Da draußen ist er, höre ich die Großmutter flüstern, wenn der Wind durch den Schornstein fährt und pfeifend über den alten Topfdeckel streicht, den jemand in das Ofenloch geklemmt hat.
    Da draußen ist er, und wenn du nicht brav bist, ist es vielleicht sein Gesicht, das durch das Schlafzimmerfenster schaut, wenn außer dir alle im Hause schlafen; vielleicht starrt sein lächelndes Gesicht dich mitten in der Nacht aus dem Schrank an, in der einen Hand das Stop-Schild, das er hochhielt, wenn er kleine Kinder traf, in der anderen das Rasiermesser, mit dem er sich umbrachte … deshalb seid schön ruhig, Kinder … pssst… pssst….
    Aber für die meisten war Dodds Ende auch das Ende der Geschichte. Gewiß gab es Alpträume, und gewiß lagen Kinder nachts wach, und das leere Haus der Dodds (denn seine Mutter erlitt wenig später einen Schlaganfall und starb) wurde bald als Spukhaus gefürchtet, und man mied es; aber das waren vorübergehende Phänomene - die wahrscheinlich unvermeidlichen Nebenwirkungen einer Serie sinnloser Morde.
    Aber die Zeit verging. Fünf Jahre.
    Das Ungeheuer war weg, das Ungeheuer war tot. Frank Dodd vermoderte in seinem Sarg.
    Aber das Ungeheuer stirbt nie. Werwolf, Vampir, Gespenst, namenlose Kreatur aus den Schneewüsten. Das Ungeheuer stirbt nie.
    Im Sommer 1980 kam es wieder nach Castle Rock.

    Tad Trenton, vier Jahre alt, wachte im Mai jenes Jahres kurz nach Mitternacht auf und mußte auf die Toilette. Er stand auf und ging im Halbschlaf auf den weißen Lichtstreifen zu, der durch die angelehnte Tür hereinfiel, wobei er schon die Pyjamahose herunterzog. Er urinierte eine Ewigkeit, spülte und ging wieder ins Bett. Er zog die Decke hoch, und in diesem .Augenblick sah er die Kreatur in seinem Schrank.
    Sie hockte ganz unten, und der Kopf saß zwischen riesigen Schultern. Die Augen waren bernsteinfarbene Höhlen. Das Ding hätte halb Mensch, halb Wolf sein können. Seine Augen rollten und folgten Tads Bewegungen, als dieser sich im Bett aufrichtete; er spürte ein Kribbeln zwischen den Beinen, seine
    Haare sträubten sich, und er wagte kaum zu atmen: Irre Augen lachten ihn an, Augen, die ihm mit einem grauenhaften Tod drohten, mit Schreien, die ungehört verhallten; etwas war im Schrank.
    Er hörte sein leises Knurren; er roch seinen süßen Leichenatem.
    Tad Trenton riß die Hände vor die Augen, holte tief Luft und stieß einen langgezogenen Schrei aus.
    Ein undeutlicher Ausruf in einem anderen Zimmer - sein Vater.
    Ein ängstlicher Schrei »Was war das?« aus demselben Zimmer - seine Mutter.
    Das Geräusch ihrer eiligen Schritte. Als sie hereinkamen, schaute er zwischen seinen Fingern hindurch und sah es dort im Schrank, und es fletschte drohend die Zähne: sie kamen vielleicht, aber sie würden auch wieder gehen, und dann -
    Das Licht ging an. Vic und Donna Trenton kamen an sein Bett und warfen sich einen besorgten Blick zu, als sie sein kreideweißes Gesicht und seine entsetzten Augen sahen, und seine Mutter sagte - nein schimpfte: »Ich habe doch gleich gesagt, daß drei Hot Dogs zuviel sind, Vic!«
    Und dann saß Daddy an seinem Bett, legte ihm den Arm um die Schultern und wollte wissen, was passiert war.
    Tad wagte es, noch einmal in den Schrank zu schauen.
    Das Ungeheuer war verschwunden. Statt der blutdürstigen Bestie, die er gesehen hatte, sah er nur noch zwei unordentliche Stapel Wolldecken, das Bettzeug für den Winter, das Donna noch nicht nach oben gebracht hatte. Statt des zottigen, raubgierig erhobenen Kopfes sah er auf dem größeren Stapel seinen Teddy sitzen. Statt der tiefliegenden, bösartigen Bernsteinaugen sah er die freundlichen braunen Glasknöpfe, aus denen sein Teddy die Welt betrachtete.
    »Was ist denn los, Tadder?« fragte sein Daddy ihn noch einmal.
    »Da war ein Ungeheuer!« rief Tadder. »In meinem Schrank!« Und er brach in Tränen aus.
    Seine Mommy saß bei ihm; sie hatten ihn zwischen sich genommen und trösteten ihn, so gut sie konnten. Sie folgten dem Ritual aller Eltern. Sie erklärten, daß es keine Ungeheuer gebe; daß er nur schlecht geträumt hätte. Seine Mommy erklärte ihm, daß Schatten manchmal so aussehen konnten wie die gruseligen Dinge, die man manchmal im Fernsehen oder in den Comics sieht. Und Daddy sagte ihm, daß alles in bester Ordnung sei, daß nichts in diesem schönen Haus ihm gefählich werden könnte. Tad nickte und stimmte ihm zu, aber er war vom Gegenteil überzeugt.
    Sein Vater erklärte ihm, daß zwei Stapel Wolldecken
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