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Das Verhör

Das Verhör

Titel: Das Verhör
Autoren: Robert Cormier
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Eine persönliche Erinnerung
    Das ist Bobs letztes Buch. Es widerstrebte ihm immer sehr, seine Bücher abzuschließen, und er flickte liebend gern noch in ihnen herum, auch wenn sie schon fertig waren - er grübelte über sie nach, suchte das perfekte Wort, die perfekte Wendung. Tragischerweise starb er am 2. November 2000, bevor er das auch mit Das Verhör tun konnte.
    Er hat oft gesagt, dass er ein Mensch ist, der nichts bereut. Er liebte das Leben, liebte seine Familie und liebte seine Heimatstadt Leominster in Massachusetts. Und jeden Tag setzte er sich hin und machte das, was für ihn das Schönste war - schreiben.
    Natürlich liebte Bob auch Bücher. Manchmal suchte er an ein und demselben Tag mehrere Büchereien auf und er kam nie mit leeren Händen wieder heraus. Es machte ihm Freude, seine Freunde und Schulkameraden zu treffen, wenn er in der Innenstadt etwas zu erledigen hatte. Er konnte alle möglichen Filme und Musikrichtungen in vollen Zügen genießen und er hatte eine Schwäche für alte Witze. Er war ein immer währender Optimist, stets voller Hoffnung, konnte jeder Situation eine komische Seite abgewinnen. Mit ihm machte das Leben so viel Spaß.
    Er pflegte oft zu sagen, dass er in der Schuld von Lehrerinnen und Lehrern, Bibliothekarinnen und Bibliothekaren stand, weil sie junge Menschen mit seinen Büchern bekannt  machten. Er traf sich gern mit ihnen und liebte die Gespräche auf Tagungen und bei Workshops. Danach kam er aufgekratzt nach Hause zurück, mit neuer Energie geladen, und war voller Eifer, wieder an die Schreibmaschine zurückzukehren. Hätte er noch die Möglichkeit gehabt, sein letztes Buch jemandem zu widmen, hätte er bestimmt voller Dankbarkeit all jene erwähnt, die seine Bücher über die Jahre hinweg gelesen und seine schriftstellerische Arbeit unterstützt haben.
    Meine Kinder und ich sind überwältigt von der Zuneigung und Anteilnahme, die uns seit seinem Tod entgegenströmt. Wir wissen die vielen Karten und Briefe von Freunden und Fans aus der ganzen Welt zutiefst zu schätzen. Viele Menschen haben sein sanftes Wesen erwähnt, seine Großzügigkeit, seine Freundlichkeit. Und wir können ihnen nur beipflichten. Er war ein wunderbarer Ehemann, Vater, Großvater und Freund.
    Sein Vermächtnis lebt in seinen Werken weiter. Dafür sind wir dankbar, aber wir werden den Menschen hinter dem Text immer vermissen. Und wir wissen, dass es seinen Leserinnen und Lesern genauso gehen wird.
    Constance Cormier

 
Erster Teil

 
     
    Geht's dir jetzt besser?«
    »Ich glaub schon. Meine Kopfschmerzen sind weg. Besteht da ein Zusammenhang?«
    »Vielleicht. Es heißt, dass ein Schuldbekenntnis gut für die Seele ist. Aber ich weiß nicht, ob es Kopfschmerzen beseitigen kann.«
    »Und ich soll jetzt wohl sagen, dass es mir Leid tut?«
    »Dass du gestanden hast, weist bereits auf einen gewissen Grad des Bedauerns hin.«
    »Reicht das?«
    »Das liegt an dir, Carl. Was du getan hast, lässt sich allerdings nicht auslöschen.«
    »Ich weiß. Sie sind tot. Weg. Nichts bringt sie mehr zurück. Aber - kann die Sünde ausgelöscht werden?«
    »Das kann ich dir nicht sagen. Ich bin kein Priester.«
    »Aber ich hab Ihnen doch alles gebeichtet.«
    »Ja, aber ich kann dir keine Absolution erteilen.«
    Pause.
    »Kommt jetzt die Polizei?«
    »Die wartet schon draußen.«
    Trent stellte den Kassettenrekorder ab, lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und massierte sich die Stelle über den Augenbrauen. In der Stille des Büros hörte er immer noch Carl Seatons Stimme, aus der alle Verschlagenheit verschwunden war. Zerknirscht, voller Reue. Vier Stunden lang hatte Trent ihm in dem kleinen, unordentlich voll gestopften Büro unter dem grellen Licht der Hundertwattglühbirne gegenübergesessen. Die unerbittlichen Fragen und Antworten, das Ausweichen und Rechtfertigen, allmählich das erste Einräumen (noch lange kein Geständnis) und schließlich dann doch ein Geständnis.
    Trents Zauberkunst wieder am Werk, so hatte die Schlagzeile einer Zeitung einmal verkündet. Aber Trent fühlte sich jetzt gar nicht so sehr als Zauberkünstler, empfand keine freudige Erregung des Erfolgs. Zu viele Geständnisse? Wie das von Carl Seaton? Nachdem er Carl zu einem Geständnis bewegt hatte (der bewährte Zaubertrick schlägt dich in seinen Bann), hatte Trent sich anhören müssen, wie der kaltblütige Mord an drei Menschen heruntergebetet wurde. Die Opfer waren eine fünfunddreißigjährige Frau, ihr
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