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Ein unsittliches Angebot (German Edition)

Ein unsittliches Angebot (German Edition)

Titel: Ein unsittliches Angebot (German Edition)
Autoren: Cecilia Grant
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es zwischen Gemeindeglied und Pfarrer üblich war. »Ich komme schon zurecht.« Sie beschattete ihr Gesicht mit einer Hand und blickte der sich entfernenden Gestalt Mr Mirkwoods nach. »Danke der Nachfrage. Kann ich Ihnen beim Aufräumen helfen?«
    »Sehr gern.« Auch jetzt bewies er Feingefühl. Er verstand Zurückhaltung und begegnete ihr mit gütigem Respekt.
    Wieder in der Kirche wandte Mr Atkins sich einigen Papieren auf seinem Pult zu, während Martha die Bücher einsammelte. Mr Russell war der Meinung gewesen, es schicke sich nicht für die Herrin von Seton Park, derlei Arbeiten zu verrichten. Doch nun konnte sie sich ganz nach ihren eigenen Wünschen richten.
    Als sie das Gesangbuch aufgehoben hatte, das Mr Mirkwood benutzt hatte, verschränkte sie die Arme um den Stapel. »Ich muss gestehen, dass ich Ihnen meine Hilfe mit einem Hintergedanken angeboten habe.« Entschlossen wandte sie sich der Kanzel zu. »Ich hatte gehofft, wir könnten über die Schule sprechen.«
    Seine Hände hielten für ein oder zwei Sekunden inne. »Ah ja. Ich dachte es mir.« Er legte die Papiere beiseite und hob den Kopf. »Setzen Sie sich.« Er bedeutete ihr, in der ersten Reihe Platz zu nehmen, und stieg von der Kanzel herab. Dann lehnte er sich mit verschränkten Armen an die gegenüberliegende Bank. »Ich habe gehört, Mr Keene ist gestern bei Ihnen gewesen.«
    »So ist es.« Sie hielt den Stapel Gesangbücher auf dem Schoß. »Es sieht so aus, als würde der Besitz an Mr Russells Bruder James fallen. Ich werde vermutlich nur noch einige Wochen hier sein.«
    »Aber es besteht die Möglichkeit, dass er Ihnen zufällt?« Er lehnte sich leicht vor.
    »Das ist sehr unwahrscheinlich.« Langsam wurden die Dinge kompliziert. Das hatten Lügen so an sich. »Die Angelegenheit sollte sich innerhalb des nächsten Monats entscheiden.«
    »Oh.« Als er den Sinn ihrer Worte verstand, errötete er und betrachtete eindringlich den Boden.
    »Jedenfalls müssen wir von meiner Abreise ausgehen.« Weiter. Keine Zeit, sich zu genieren. »Und in Anbetracht dessen würde ich gern gewisse Vorgehensweisen empfehlen, was die Schule angeht.«
    »Selbstverständlich.« Er nickte, den Blick immer noch gesenkt, so als erwarte er, sie würde gleich mit etwas sehr Ernstem herausrücken.
    »Die Anmeldungen für die Mädchenklasse sind nicht so zahlreich, wie wir gehofft hatten. Aber ich habe eine Idee.« Die hatte sie überraschenderweise tatsächlich. »Wenn Sie auf die Stellen in der Heiligen Schrift hinweisen würden, die man als Argumente für die Bildung von Frauen anführen kann, müssen diese Familien zuhören, will ich doch meinen, und sie werden die Vorzüge der Idee in einem ganz neuen Licht sehen.« Mr Atkins hatte langsam den Kopf gehoben und erwiderte Marthas Blick mit zusammengezogenen Augenbrauen. Was sie veranlasste, ihre Anliegen noch dringlicher zu formulieren. »Nehmen wir Ihren Text von heute. Christus fordert die beiden Schwestern auf, ihre Frauenarbeit aufzugeben, nicht wahr, und genauso von ihm zu lernen wie die anderen Jünger. Wenn Sie bei Ihrem nächsten Besuch die Familie Farris oder die Familie Cheatham daran erinnern, dass –«
    »Verzeihen Sie, Mrs Russell.« Der Pfarrer hob die Hand, und aus seiner Miene sprachen Resignation und Bedauern. »Aber Sie müssen doch einsehen, dass es mit der Schule unter diesen Umständen nicht weitergehen kann.«
    »Nicht weitergehen?« Ihr klopfte das Herz bis zum Hals. »Aber warum?«
    »Ob es eine Schule geben wird, hat Mr Russell zu entscheiden, wenn Sie uns tatsächlich verlassen werden, und er betrachtet es vielleicht nicht als lohnenswerte Investition.«
    Wie konnte er so schnell aufgeben, wofür er so lange gekämpft hatte? »Aber wenn Sie die Schule bereits eröffnet hätten? Ich könnte mir vorstellen, dass noch einige Monate vergehen werden, bevor er einzieht. Dann akzeptiert er sie vielleicht als etwas, das bereits existiert.«
    »Vielleicht aber auch nicht.« Mr Atkins’ Tonfall war wie sein Blick verständnisvoll und doch völlig unnachgiebig. »Stellen Sie sich vor, was es für eine Enttäuschung wäre, wenn ich die Schule eröffnen würde, nur um sie wenige Monate später wieder schließen zu müssen. Das kann ich den Pächtern nicht antun.«
    Da hatte er recht. Doch der Trotz wallte wieder in ihr auf. Sie hatte ihr Herzblut in diese Schule gesteckt. So etwas tat man nicht umsonst. »Was wäre, wenn …« Sie schaute zu Boden, als wäre dort eine Eingebung zu finden. »Was wäre,
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