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Ein tüchtiges Mädchen

Ein tüchtiges Mädchen

Titel: Ein tüchtiges Mädchen
Autoren: Berte Bratt
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Gedanken, Sie würden mir mitteilen, daß Sie die Erwählte sind und ich Sie als Mitarbeiterin verlieren müsse. Na, dann bleiben Sie mir erhalten.“
    „Da muß ich Sie nun leider enttäuschen, Herr Direktor. Zum Frühjahr werde ich nämlich kündigen müssen.“
    „Was sagen Sie da? Herrgott, war denn da noch ein Baron?“
    „Nein. Trotzdem werde ich auch heiraten, und das ist alles Ihre Schuld, Herr Direktor: Ich wurde mit ihm auf dem Flug nach Hamburg bekannt und traf ihn dann an Bord der ,Babette’ wieder. Hätten Sie mich also nicht auf diese Reisen geschickt…“
    „Wenn ich das geahnt hätte!“ seufzte Myrseth. „Sie haben mir zwar zwei ausgezeichnete Geschäftsverträge verschafft, Fräulein Elstö, aber die sind wahrhaftig auch teuer genug erkauft. Trotzdem“- und ein freundliches Lächeln flog über sein Gesicht – „trotzdem wünsche ich Ihnen von Herzen Glück!“
    Fräulein Genz konnte sich glücklich preisen.
    Als Gerd Rechenschaft von ihr forderte und ihr zeigte, daß selbst die Typen einer Schreibmaschine verräterisch sein können, da bekam Fräulein Genz eine Angst wie nie zuvor. Tränen stürzten aus ihren Augen, und sie stammelte, von stoßweisem Schluchzen unterbrochen, daß sie wirklich, wirklich, auf Ehrenwort, den Brief nicht gelesen, sondern ihn sofort nach Oslo weitergeschickt habe, um ihn dort befördern zu lassen. Sie habe sich aber nicht getraut, dies Fräulein Elstö zu beichten, denn… Der Rest erstickte in Weinen.
    Gerd blickte auf das elende Häufchen Unglück, und ihr Zorn verrauchte. Wie konnte sie auch einen anderen Menschen unglücklich machen, wenn sie selbst ein so grenzenloses, ein so unfaßbares Glück von einem gütigen Schicksal als Geschenk erhalten hatte?
    Sie strich leicht über den kleinen, zerzausten Kopf, und ihre Stimme war ganz mild, als sie sagte:
    „Hören Sie mal zu, Kleine. Es ist menschlich, Fehler zu begehen, das tun wir alle. Und Sie werden sicher noch viele Fehler begehen. Aber die sollen Sie dann auch zugeben. Lassen Sie sich ausschelten, das haben Sie verdient. Sie machen nämlich einen Fehler tausendmal schlimmer, wenn Sie ihn zu vertuschen suchen. Ich glaube Ihnen, wenn Sie sagen, daß Sie den Brief nicht gelesen haben. Aber soviel sollen Sie wissen, daß die Verspätung, die durch Ihre Feigheit verursacht wurde, mich mein Lebensglück hätte kosten können. Versprechen Sie mir, Fräulein Genz, daß Sie sich in Zukunft nie mehr vor den Folgen Ihrer Fehler drücken werden.“
    „Ja“, schnüffelte Intelli-Genzchen. Sie stand auf, trocknete Augen und Finger ungeschickt und kleinmädchenhaft mit dem Taschentuch und hielt Gerd schüchtern ihre Hand hin.
    „Verzeihung!“
    Die Post war gekommen. Sie lag und wartete auf Gerd, als sie in ihr Zimmer heimkam. Aus guten Gründen hatte sie die ihr Nächststehenden gebeten, Briefe an ihre Privatadresse zu senden.
    Ein Schreiben von Mutti! Mutti war überwältigt und glücklich. Nicht genug damit, daß Solveig ein Telegramm über ihre Verlobung mit Michael gesandt hatte, war am gleichen Tage auch noch Gerd aufgetaucht in Begleitung eines sehr sympathischen jungen Kapitäns, den sie als ihren Zukünftigen vorstellte. Für eine Mutter war das ja ein bißchen viel an einem Tag! Darum mußte sie jetzt schreiben, aus ihrem übervollen, glücklichen Mutterherzen heraus schreiben.
    Gerd las die warmen, liebevollen Worte mit einem Lächeln und legte das Schreiben dann beiseite.
    Das nächste kam von Solveig. Ein strahlender Brief, voller Zukunftspläne, voll jugendlicher Entschlußkraft, voll jungen Glücks.
     
    - „Und weißt Du, ich kritisiere Michaels Bilder nach Strich und Faden; er sagt, das sei gesund für ihn. Jeder Künstler brauche Kritik. Und Schwiegerpapa ist froh, weil ich soviel Interesse für den Besitz habe. Er meint, Michael könne ruhig malen, seine Pflichten werde er schon nicht vergessen, denn dafür würde ich sorgen.
    Ach, Gerd, wie freue ich mich darauf, hier ordentlich zupacken zu können. Stelle Dir vor, mein Glück! Es erfüllt ja geradezu den Wunschtraum eines jeden Architekten, dieses schöne alte Schloß zu modernisieren, ohne etwas an seinem Stil zu verderben. Wir sind uns ganz einig darin, daß wir moderne Bequemlichkeit in das klassische Innere einbauen müssen, und das soll so geschehen, daß dabei nichts verdorben wird. Ich sitze bis über beide Ohren in Zeichnungen und Entwürfen, und der Himmel mag wissen, wann wir die Zeit zum Heiraten finden sollen. Es wird wohl mal
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