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Ein tüchtiges Mädchen

Ein tüchtiges Mädchen

Titel: Ein tüchtiges Mädchen
Autoren: Berte Bratt
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jetzt das Bett für Fräulein Elstö – und wenn Fräulein Elstö etwas wünscht, lassen Sie es mich wissen.“
    Das Zimmer war hell und luftig, das Bett so gut, alle waren lieb und nett. Nach und nach vergaß Gerd, unglücklich darüber zu sein, daß sie vielleicht zur Last fiel. Sie lag still im Bett und war nur schrecklich müde. Das Fieber war zwar gesunken, aber als der Arzt kam, gab er ihr noch eine Penicillinspritze.
    Klara brachte Hühnersuppe und Fruchtsalat. „Daß ich so etwas erlebe“, dachte Gerd mit einem kleinen müden Lächeln. So feine Tabletts mit kleinen Füßen, auf denen man das Essen im Bett servieren konnte, hatte sie bisher nur im Film gesehen. Das leichte Essen schmeckte ihr, aber sie war so müde, daß ihre Finger zitterten und Klara helfen und sie füttern mußte.
    Dann kam die Baronin, um zu sehen, wie es ging, und nun übernahm sie das Füttern.
    „Nein, so etwas! Von einer leibhaftigen Baronin gefüttert zu werden!“ flüsterte Gerd mit dem Versuch eines Lächelns.
    Elin Silfverkranz lachte.
    „Imponiert Ihnen das so? Sind Sie weniger beeindruckt, wenn ich Ihnen erzähle, daß meine Wiege in einer Dreizimmerwohnung in Östermalm in Stockholm stand? Und daß ich ganz einfach Elin Bergquist hieß?“
    „Ach…“, sagte Gerd.
    „Ja, sehen Sie, so ein Baroninnentitel sieht ja gut aus und ist sehr praktisch, wenn man Theaterkarten bestellt und gern gut bedient sein will. Die Leute sind nun mal komisch, die lassen sich dadurch imponieren, aber die Menschen sind doch die gleichen, ob sie nun ein ,von’ vor ihrem Namen haben oder nicht.“
    „Ja, aber, Frau Baronin wirken so - ja also, ich hätte geglaubt, daß Sie aus Adelskreisen stammen.“
    „Nachkommen des einen oder anderen Herzogs vielleicht?“ lachte Elin Silfverkranz. „Liebes Kind, man kann doch aus guter Familie sein, auch wenn man nicht gerade ein Wappen auf dem Silber hat. Sehen Sie sich doch selbst an.“
    „Ich bin ganz gewöhnlich“, sagte Gerd.
    „Ich auch. So, jetzt ist nur noch ein bißchen da vom Fruchtsalat. Machen Sie den Mund auf - so ist’s brav!“
    „Wie soll ich nur jemals all Ihre Güte vergelten?“ flüsterte Gerd.
    „Sie reden Unsinn, meine Liebe. Jetzt sollen Sie die Augen schließen und versuchen, ein bißchen zu schlafen. Dann werden Sie schon sehen, wie frisch und munter Sie morgen wieder sind.“
    Gerd schloß gehorsam die Augen, und sie schlief auch ein Weilchen. Sie hatte das Gefühl, einen fürchterlichen Schlag auf den Kopf bekommen zu haben und nicht imstande zu sein, logisch zu denken. All dieses Schreckliche mit Helge und Erna, die ganze Tragödie, rumorte in ihrem Unterbewußtsein, es tat weh wie ein angegriffener Zahn, aber ohne die wilden, messerscharfen Schmerzen, die ein entzündeter Zahn verursacht.
    Es war besser, an Michael zu denken, den guten, hübschen, höflichen Michael.
    Wenn sie sich vorstellte, Elin Silfverkranz zur Schwiegermutter zu bekommen! Das allein könnte Gerd genug sein, um ja zu sagen.
    Wenn die Frage käme…
    „Sind Sie wach, kleine Gerd?“
    Daß die korrekte Baronin Silfverkranz sie beim Vornamen nannte, ließ Gerds Herz schneller schlagen.
    „Es ist Besuch für Sie da.“
    Gerd riß die Augen auf: In der Tür stand eine wohlbekannte Gestalt. Gerd versuchte, sich im Bett aufzurichten. „Aber Solveig, liebe Solveig…“
    „Na, bleib nur ruhig liegen. Der Berg kommt zu Mohammed. Was fällt dir denn ein, Schwesterchen, was soll das bedeuten?“
    „Frag die Baronin. Sie hat mir Klapse versprochen, weil ich so unvorsichtig war.“
    „Also das habe ich doch gleich gesehen, daß die Baronin ein vernünftiger Mensch ist. Aber im Ernst, armes Mädel, das ist ja scheußlich für dich.“
    „Ach nein. Es geht ja schon besser, viel besser. Ich bin bloß so müde.“
    „Ja, du siehst auch aus wie ein ausgewrungener Waschlappen, aber das geht schon vorüber. Ich höre, daß das Fieber fort ist. Da wirst du bald wieder auf der Höhe sein. Nein Gerd, was sind das doch für bezaubernde Menschen, bei denen du gelandet bist! Zuerst bekam ich gestern ein Telegramm, aber es war zu spät für den Nachtzug. Dann rief ich hier an. Mutti war glücklicherweise nicht daheim, so blieb ihr der Schrecken erspart. Ich sprach mit der Baronin, und das beruhigte mich ein bißchen. Aber sie verlangte unbedingt, ich solle kommen. Sie sagte, du hättest so oft nach mir gerufen, als du im Fieber lagst und phantasiertest.“
    „Habe ich das? Davon habe ich keine Ahnung.“
    „Doch.
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