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Hornblower 08 - Der Kommodore

Hornblower 08 - Der Kommodore

Titel: Hornblower 08 - Der Kommodore
Autoren: C. S. Forester
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1. Kapitel
    Kapitän zur See Horatio Hornblower saß in seiner Sitzbadewanne und betrachtete angewidert seine über den Rand hängenden Beine. Sie waren dünn und behaart und erinnerten ihn an die Beine der Spinnen, die er in Mittelamerika gesehen hatte. Es fiel ihm schwer, seinen Gedanken eine andere, erfreulichere Richtung zu geben, während er in dieser lächerlichen Badewanne saß und seine Beine so aufdringlich dicht vor der Nase hatte - sie hingen unten heraus, oben ragte sein Oberkörper aus dem Wasser, so daß eigentlich nur die Mitte von den Hüften bis oberhalb der Knie eingetaucht war. Dabei mußte man sich fast wie ein Taschenmesser zusammenklappen.
    Hornblower fand es aufreizend, auf diese Weise baden zu müssen, wollte aber seiner Gereiztheit nicht nachgeben. Nicht mehr denken! Keine Vergleiche mehr mit den unzähligen herrlichen Bädern an Bord, wo ihn die Deckwaschpumpe mit unbegrenzten Mengen erfrischenden Seewassers übersprudelt hatte! Er griff zu Seife und Waschfleck und begann sich heftig abzuseifen, soweit sich sein Körper über Wasser befand. Dabei schwappte eine Menge über und spritzte auf die gewichsten eichenen Dielen seines Ankleidezimmers. Nicht schön für das Dienstmädchen! Nun, wenn schon - in seiner augenblicklichen Stimmung fand Hornblower geradezu einen Genuß darin, anderen Unannehmlichkeiten zu bereiten.
    Ungeschickt stand er in seiner Badewanne auf und spritzte dabei wieder nach allen Seiten um sich. Er seifte und wusch noch die Körpermitte, dann rief er nach Brown, der sofort aus dem Schlafzimmer erschien. Ein Diener mit größerer Erfahrung hätte vielleicht die Laune seines Herrn erraten und in diesem Fall eine oder zwei Sekunden gezögert, um ihm Gelegenheit zu einem herzhaften Donnerwetter zu geben. Brown legte Hornblower ein angewärmtes Handtuch um die Schultern und verhinderte geschickt, daß die Zipfel eintauchten, als sein Herr nun aus dem schmutzigen Seifenwasser herausstieg und unter Hinterlassung einer Spur von Tropfen und nassen Fußstapfen durchs Zimmer schritt. Hornblower trocknete sich ab und starrte dabei finsteren Blicks ins Schlafzimmer hinüber auf den Anzug, den Brown dort für ihn bereitgelegt hatte.
    »Herrlicher Morgen, Sir«, bemerkte Brown. »Rutsch mir den Buckel herunter!« erwiderte Hornblower. Jetzt mußte er sich in diese verfluchten braunblauen Klamotten und in die Lackstiefel hineinzwängen und dazu den dummen goldenen Uhranhänger tragen. Er hatte den Anzug noch nie angehabt, schon bei der Anprobe war er ihm zuwider gewesen. Seine Frau war begeistert, aber das verschlug nichts; ihm, Hornblower, war dieses Zeug nun einmal ein Greuel, und daran konnte sich seiner Lebtage nichts ändern. Es half nichts - er mußte hinein! Sein Widerwillen hatte ein doppeltes Gesicht, einmal war es ein einfaches, blindes Gefühl ohne jede Überlegung, zum anderen wurde er von der Vorstellung genährt, daß ihm der Anzug miserabel zu Gesicht stand, daß er darin nicht nur gewöhnlich, sondern geradezu albern aussah. Mit Todesverachtung zog er das Zwei-Guineen-Hemd über den Kopf und schlüpfte dann mit unendlicher Mühe in die engen braunen Hosen, die ihm an den Beinen saßen wie eine Haut. Endlich war er drin, und Brown war eben hinter ihn getreten, um die Gürtelschnalle anzuziehen, da merkte er, daß er die Strümpfe vergessen hatte. Die Hosen wieder ausziehen hieß seinen Fehler eingestehen, das aber wollte er unter keinen Umständen. Als ihm daher Brown diesen Vorschlag machte, erntete er nur einen neuen, kräftigen Fluch, der diesen aber nicht aus seiner philosophischen Ruhe bringen konnte. Er ließ sich ergeben auf die Knie nieder und begann, seinem Herrn die Hosenbeine aufzurollen, kam aber damit beim besten Willen nicht weiter als bis zum Knie. Es erwies sich als hoffnungsloses Beginnen, die langen Strümpfe auf diese Weise anziehen zu wollen. »Schneid die verdammten Dinger oben ab«, fuhr ihn Hornblower an. Der kniende Brown schlug in stummem Protest die Augen zu seinem Herrn auf, Hornblowers Gesichtsausdruck erstickte ihm aber das Wort im Munde.
    Schweigend und beherrscht gehorchte er dem Befehl und holte die Schere vom Toilettentisch. Klippklapp, klippklapp, und schon fielen die oberen Enden der Strümpfe zu Boden. Nun fuhr Hornblower in die verstümmelten Fußteile und empfand heute zum erstenmal eine Art Genugtuung, als ihm Brown die Hosen darüber zog. Mochten sich alle bösen Gewalten gegen ihn verschworen haben, bei Gott, er wollte ihnen zeigen,
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