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Ein Traum in roter Seide

Ein Traum in roter Seide

Titel: Ein Traum in roter Seide
Autoren: Miranda Lee
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beurteilen und sich über seine Gefühle klar zu werden.
    Am Freitagmorgen gestand sie sich ein, dass sie von seiner an
    geblichen Liebe nicht überzeugt war. Die Gründe, weshalb er sie heiraten wollte, fand sie nicht plausibel. Sie konnte sich nicht 111
    vorstellen, dass er sich praktisch über Nacht von einem Casanova in einen Mann verwandelt hatte, der heiraten und Verantwortung für Frau und Kinder übernehmen wollte. Egal, von welcher Seite sie es betrachtete, es klang nicht überzeugend.
    Harry begleitete seine Mitarbeiter nicht in die City zur Präsentation, was Michelle nur recht war. Sie brauchte an diesem Morgen keinen zusätzlichen Stress.
    Der Hauptsitz von Packard Foods befand sich in einem großen, modernen Bür ogebäude in der Nähe des Hafens. Der Empfangsbereich war ausgesprochen großzügig und sehr aufwendig gestaltet.
    „Es sieht zumindest so aus, als könnten sie sich so eine be kannte Werbeagentur wie unsere erlauben", sagte Michelle leise, während sie mit ihren beiden Kollegen darauf wartete, dass man sie hereinbat.
    Obwohl sie wusste, dass sie gute Arbeit geleistet hatte, war Michelle sehr nervös. Sie waren um zehn gekommen, um nicht zu spät zu sein.
    Um halb elf war sie das reinste Nervenbündel. Und um Viertel vor elf hatte sie das Gefühl, sie müsse sich übergeben.
    Als um fünf Minuten vor elf die Tür zum Sitzungszimmer aufging und die Leute von der Konkurrenz herauskamen, konnte Michelle ihre Überraschung kaum verbergen.
    Kevin kam nicht als Erster heraus, aber er war dabei. Dass seine Firma sich auch um den Auftrag beworben hatte, wäre ihr nie in den Sinn gekommen. Sie hatte angenommen, der einzige Konkurrent sei eine kleine, noch unbekannte Werbeagentur. An Kevins internationales Unternehmen, das für sein rücksichtslo ses und rabiates Geschäftsgebaren bekannt war, hatte sie nicht gedacht.
    Sekundenlang war Kevin schockiert. Dann verzog er das Ge sicht.
    „Hallo, Michelle", begrüßte er sie. „Ich hätte mir denken können, dass ihr unser Konkurrent seid. Viel Glück, abe r das hast du ja sowieso immer."
    Sie ignorierte ihn einfach. Seltsamerweise verschwand durch sein unerwartetes Erscheinen ihre Nervosität. Stattdessen breitete sich Zorn in ihr aus. Ich werde es Kevin und seiner Firma zeigen, den Auftrag kann er vergessen, darauf kann er sich verlassen, nahm sie sich voller Energie vor.
    Nach der Präsentation war ihr klar, dass sie sich selbst übertroffen 112
    hatte. Als sie sah, wie die Leute von Packard Foods lächelten und sogar über ihre Ideen für die Werbekampagne lacht en, wusste sie, dass Wild Ideas den Auftrag bekommen würde.
    Harry wartete vor der Tür auf Michelle und ihre Kollegen, als sie herauskamen, und freute sich. „Ihr braucht gar nichts zu sagen. Ich habe das Lachen gehört. Wir haben es geschafft. Dafür dürft ih r am Monatsende mit einer Prämie rechnen."
    „Danke, Harry", antworteten alle drei gleichzeitig.
    „Und heute Nachmittag habt ihr frei", fügte Harry großzügig hinzu.
    Sie sahen sich verblüfft an. Dass Harry seinen Mitarbeitern einen Nachmittag freigab, war bein ah so unglaublich, als hätte ein Politiker seine Wahlversprechen gehalten.
    Die beiden anderen wollten das Ereignis in einer Bar in der Nähe feiern. Doch Michelle hatte keine Lust mitzugehen.
    „Es tut mir Leid", erklärte sie, während sie im Aufzug nach unten fuhren. „Ich bin zum Lunch verabredet. Wir sehen uns dann Montag."
    Natürlich war sie nicht verabredet, sondern wollte einfach nur allein sein und nachdenken, statt zu trinken. Nachdem sie sich nicht mehr auf die Arbeit und die Präsentation zu konzentrieren brauchte, rückten ihre persönlichen Probleme wieder in den Vordergrund.
    Wie sollte sie auf Tylers Heiratsantrag reagieren? Sie liebte ihn, aber wollte sie ihn heiraten, obwohl sie sich nicht sicher war, was er für sie empfand? Sie würde es nicht ertrage n können, wenn er sie nicht wirklich liebte oder wenn er ihr untreu würde.
    Michelle wanderte am Circular Quay entlang und hinunter in das Hafenviertel. Es war wunderbar warm, und vom Meer her wehte eine leichte Brise. Schließlich setzte sie sich in ein Straßencafe und bestellte sich einen Kaffee. Plötzlich zog jemand den Stuhl neben ihr hervor.
    „Was soll das?" protestierte sie und beschattete die Augen mit der Hand, während sie aufblickte. Ausgerechnet der Mann, den sie nicht mehr sehen wollte, stand an ih rem Tisch.
    „Wag es nicht, dich zu mir zu setzen", fuhr sie Kevin an. „Bist du
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