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Ein toter Lehrer / Roman

Ein toter Lehrer / Roman

Titel: Ein toter Lehrer / Roman
Autoren: Simon Lelic
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sind sie nicht die Einzigen.«
    »Das ist verständlich«, sagte Cole noch einmal. »Ich fühle mit ihnen. Wir alle fühlen mit ihnen. Selbst Mr. Travis, egal wie schwer es Ihnen fällt, das zu glauben.«
    Lucia versuchte noch einmal, ihn zu unterbrechen, doch Cole ließ sich nicht beirren. »Aber was wäre, wenn man irgendetwas arrangieren würde? Ich meine, darum geht es doch, oder etwa nicht? Vergeltung. Rache. Eine Abrechnung für das, was Elliot widerfahren ist.«
    Endlich gab Cole Lucia die Gelegenheit zu sprechen, doch in ihrer Kehle steckten zu viele Wörter.
    »Arrangieren?«, brachte sie heraus. »Was soll das heißen, etwas arrangieren?«
    Cole zuckte mit den Schultern. Er tippte mit dem Finger gegen die Kante eines Aktenstapels auf seinem Schreibtisch.
    »Gideon, so hieß er doch, oder? Seine Freunde. Diejenigen, die Elliot angegriffen haben. Wir konnten nichts tun, wie Sie wissen. Die Ermittlungen sind abgeschlossen. Aber wenn Mr. Travis sie vielleicht … Na ja. Es ist schließlich seine Schule.«
    »Verzeihen Sie, Chief Inspector, aber ich dachte, unsere Position – die Position des Direktors wäre, dass es keine Zeugen für den Angriff gab. Hat man das nicht auch den Samsons so gesagt?«
    »Wir reden doch hier offen, Lucia. Ich dachte, wir reden offen.«
    Lucia schüttelte den Kopf. Unwillkürlich musste sie lächeln.
    »Niemand will doch diesen Fall«, sagte Cole, jetzt in schrofferem Ton. »Ich weiß, Sie haben ein Problem mit Travis, und vielleicht können Sie damit leben, einem Mann die Karriere zu ruinieren, aber was ist mit der Schule? Was ist mit den anderen Lehrern, den Schülern?«
    »Sie begreifen nicht, worum es geht. Sie begreifen überhaupt nicht, worum es geht. Die Samsons tun das gerade wegen der Lehrer und der anderen Schüler.«
    »Und die Polizei, Lucia? Was ist mit der Polizei? Glauben Sie bloß nicht, dass diese Sache spurlos an uns vorübergehen wird. Glauben Sie nicht, dass wir da nicht auch mit reingezogen werden. Ihre Freunde werden nämlich vor Gericht aussagen und der ganzen Welt erzählen, dass die Polizei sie im Stich gelassen hat. Dass die Polizei ihren Sohn im Stich gelassen hat. Glauben Sie, das macht Ihre Arbeit beim nächsten Mal leichter? Glauben Sie, das Land wird dadurch sicherer? Ich nicht. Ich glaube das nicht.«
    Lucia stand auf. »Das reicht jetzt. Ich glaube wirklich, ich habe genug gehört.« Sie drehte sich um und ging einen Schritt Richtung Tür.
    »Okay, Lucia. Okay.«
    Lucia drehte sich kurz um. Cole stand da mit erhobenen Armen, weniger eine Geste der Kapitulation, vielmehr hieß es: Sie haben es ja nicht anders gewollt.
    »Vergessen Sie die Schule«, sagte Cole. »Vergessen Sie Travis. Vergessen Sie meinetwegen auch Ihre eigenen Kollegen, verdammt noch mal. Was ist mit Ihnen? Was glauben Sie, was mit Ihnen passiert, wenn Sie diese Sache wirklich durchziehen?«
    »Ich sagte bereits, das ist nicht meine Entscheidung. Die Samsons haben ihre Wahl selbst getroffen. Ich habe ihnen nur die Informationen gegeben, die ihnen sonst niemand geben wollte. Die Informationen, die ihnen zustehen.«
    »Genau, Detective. Genau. Sie sind bereits vom Dienst suspendiert. Was glauben Sie wohl, was all das hier für Ihre Karriere bedeuten wird?«
    »Ach ja, meine Karriere«, wiederholte Lucia. »Das hätte ich fast vergessen.« Sie zog einen Umschlag aus ihrer Tasche und hielt ihn dem Chief Inspector hin. »Das ist für Sie. Der Grund, weshalb ich hier bin. Es sind nur ein oder zwei Zeilen, aber das Wesentliche steht drin.«
    Cole runzelte die Stirn. Er nahm den Umschlag und betrachtete ihn von allen Seiten, als wüsste er nicht genau, was er da in der Hand hielt. »Sie kündigen?«
    »Ich kündige.«
    »Sie geben also auf. Sie werfen das Handtuch.«
    »Nennen Sie es, wie Sie wollen. Dieser Job ist nicht das, was ich erwartet hatte. Er ist nicht das, was er sein sollte.«
    »Das ist doch Blödsinn, Lucia. Idealistischer Blödsinn. Und damit«, sagte er und wedelte drohend mit dem Umschlag, »können Sie sich nicht so einfach aus der Affäre ziehen.« Er warf Lucias Brief auf den Schreibtisch. Er rutschte darüber und fiel auf der anderen Seite hinunter. »Was Sie getan haben, dafür kann man Sie belangen. Man kann Sie vor Gericht stellen. Sie haben vertrauliche Informationen aus der Szajkowski-Ermittlung genutzt, um die Eltern von Elliot Samson dazu anzustiften, dass sie einen Zivilprozess gegen die Schule anstrengen. Das ist Amtsmissbrauch, Lucia. Mr. Travis hat jedes
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