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Ein toedlicher Plan

Titel: Ein toedlicher Plan
Autoren: Jeffrey Deaver
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Macht aus, und Taylor konnte sich einfach nicht damit anfreunden.
    Sie lag auf Reeces Bett, hinter sich auf dem Kopfende die stolzen Ritter und Wasserspeier spürend. Jetzt beugte sie sich vor und atmete flach, so als wartete sie auf etwas – einen Vorfall, eine Erscheinung, irgendjemanden, den sie bis jetzt noch nicht identifiziert hatte. Sie entspannte sich für ein paar Minuten, um dann wieder angestrengt zu warten, während sich alles in ihr verkrampfte. Nicht abwarten, sondern erwarten. Eine viktorianische Uhr schlug zur vollen Stunde. Taylor zählte nicht mit. Sie wusste, dass es siebzehn Uhr geworden war.
    Feierabend in der Kanzlei.
    Das Ende eines weiteren Tages bei Hubbard, White & Willis. Aktenordner wurden in die Schränke zurückgestellt, die guten Schuhe gegen Erzeugnisse von Adidas, Puma oder Reebok ausgetauscht, Lesezeichen in die dicken Wälzer gesteckt, Texte in die Ablage für die Schreibkräfte gelegt, die in der Nacht arbeiteten.
    Taylor griff nach dem verschrammten grauen Revolver. Sie roch das Öl, das Holz und das von ihrer Hand erwärmte Metall. Die Waffe war schwerer, als sie angenommen hatte.
    Sie steckte die Pistole in ihre Handtasche und ging auf noch wackligen Beinen zu Reeces Schreibtisch, wo sie sich einen Stift und einen Block nahm. Sie hatte geglaubt, sich die Nachricht fix und fertig in ihrem Kopf zurechtgelegt zu haben, doch als sie zu schreiben begann, musste sie feststellen, dass es ihr doch entschieden schwerer fiel als erwartet. Sie brauchte fast eine halbe Stunde, um nach etlichen Fehlversuchen endlich die paar Zeilen zu Papier gebracht zu haben. Ihr war klar, dass sie sich nicht von der Uhr drängen lassen durfte. Es war für sie ungeheuer wichtig, Mitchell genau darzulegen, warum sie in dieser Nacht in die Kanzlei gehen wollte, um Donald Burdick zu erschießen.

…Zweiunddreißig
    »Ist es dringend?«, kam Burdicks blecherne Stimme aus der Gegensprechanlage.
    Carol nahm den manikürten Finger vom Knopf und sah Sebastian an. »Er möchte wissen, ob es …«
    »Ja, ist es.«
    »Mr. Sebastian sagt, es sei dringend.«
    »Also gut«, knurrte Burdick.
    Die Sekretärin wandte sich wieder Sebastian zu. »Sie können zu ihm reingehen.«
    »Vielen Dank.«
    Sebastian trat ein und fragte sich, wie oft er schon in diesem Büro gewesen war. Hundertfünfzigmal, zweihundertmal?
    Er versuchte sich an das erste Mal zu erinnern. Das musste jetzt sechseinhalb Jahre her sein, als ein junger Anwalt, der vor Eifer platzte und dessen Träume sich noch nicht an der Realität gemessen hatten, zu Donald Burdick vorgedrungen war.
    Wie viele Arbeitsstunden hatte er seitdem abgerechnet?
    Tausende, Zehntausende, Abertausende …
    »Hallo, Thomas, kommen Sie doch herein.« Burdick wirkte ruhig und freundlich.
    Sebastian nahm in einem der Ledersessel Platz und schlug die Beine übereinander. Die Blicke der beiden Männer trafen sich. Zum ersten Mal in all den Jahren, die er für Hubbard, White & Willis tätig war, fühlte Thom Sebastian sich seinem Gegenüber ebenbürtig. Er musste jetzt nicht mehr ehrfürchtig jedes Wort aufsaugen, das über Burdicks Lippen kam. Er musste nicht ständig nicken, sich eifrig Notizen machen und danach zu seinem Schreibtisch zurückeilen, um Verträge aufzusetzen oder Gutachten zu verfassen, die für den nächsten Arbeitstag vorzuliegen hatten. Er konnte ihn jetzt sogar mit Don anreden, wenn ihm danach zumute war. Allerdings würde Burdick das sicher als anmaßend empfinden, und nach einem kurzen Moment des Abwägens kam Sebastian zu dem Schluss, ihn nicht über Gebühr aufbringen zu wollen.
    Sebastian lächelte freundlich und sagte: »Ich möchte Ihnen etwas mitteilen, Donald. Ich werde die Kanzlei verlassen.«
    Burdick nickte. »Nun, ich bin froh zu hören, dass Sie so rasch etwas Neues gefunden haben. Mir ist natürlich bekannt, dass das Partnerschaftskomitee sich zu Ihren Ungunsten entschieden hat, aber ich möchte Ihnen hier mit allem Nachdruck versichern, dass diese Ablehnung nichts mit Ihren Qualitäten als Anwalt zu tun hatte. Im Gegenteil, wir haben Ihre Arbeit stets sehr geschätzt.«
    Tja, wenn nur die dummen Kosteneinsparungen nicht wären.
    »Ich wünschte, ich könnte Ihnen entgegnen, Donald, dass ich das verstehe. Um ehrlich zu sein, es verwirrt mich, so etwas aus Ihrem Mund zu hören. Ich weiß, dass ich ein guter Anwalt bin. Ich habe der Kanzlei eine Menge Geld eingebracht und unsere Klienten davor bewahrt, etliche Millionen zu verlieren. Trotzdem bin ich
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