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Ein toedlicher Plan

Titel: Ein toedlicher Plan
Autoren: Jeffrey Deaver
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Musik, deren Noten vor ihr lagen. Oben auf der ersten Seite stand:
Der König der Wall Street –
eine Oper in einem Akt. Sie summte in Gedanken die ersten Takte.
    »Haben wirklich Sie das komponiert?«
    Lillick hatte keine Ahnung, worauf sie hinauswollte. Zögernd antwortete er: »Es ist noch nicht fertig.«
    Sie schrieb ihm einen Namen und eine Telefonnummer auf einen Zettel.
    »Wer soll das denn sein, Willy Landsdowne?«
    »Eine Art Karriereberater.«
    »Wie bitte?«
    »Rufen Sie ihn einfach an. Sagen Sie ihm, dass ich Sie geschickt habe, und zeigen Sie ihm diese Noten. Er wird sich dann um alles kümmern.«
    »Okay, das mache ich.«
    »Und tun Sie das, bevor Sie sich an der juristischen Fakultät einschreiben.«
    Er zuckte mit den Schultern. »Und was passiert dann?«
    »Sie werden schon sehen.«
    Erst jetzt bemerkte sie einen Umschlag, der an der Lampe lehnte. Ihr Name stand darauf. Sie öffnete ihn und stellte als Erstes fest, dass die Mitteilung von Thom Sebastian stammte. Nachdem sie die Zeilen gelesen hatte, fing sie so laut zu lachen an, dass Lillick sie ganz verwirrt anblickte.
    »Was ist denn los?«
    »Man hat mir gerade einen Heiratsantrag gemacht.«
    »So richtig mit allem Drum und Dran?«
    »Mit Hochzeitskuchen, Ring und Flitterwochen in Europa.«
    »Ohne Scheiß? Alles in einem Brief?«
    »Wenigstens hat er mir nicht nur ein Fax geschickt«, sagte sie grinsend.
    »Und wer ist der Glückliche?«
    Taylor prustete, sah Lillick an und schüttelte den Kopf.
    »Also gut, wer ist der Trottel, dem das Herz übergeht?«
    »Das behalte ich lieber für mich.«
    Er beugte sich vor, um einen Blick auf den Brief zu werfen, aber sie faltete ihn rasch zusammen und steckte ihn in ihre Handtasche.
    »Bei Ihnen sind Geheimnisse bestimmt sicher.«
    »Seit wann sind Geheimnisse in einer Kanzlei sicher?«, sagte sie, doch mehr zu sich selbst als zu ihm. Lillick hielt das für einen Witz, auch wenn sie nicht lachte.
    Er zog seine abgewetzte Bob-Dylan-Lederjacke an. »Ich bin heute Abend im Plastic Respect … sollte Ihnen zu Hause die Decke auf den Kopf fallen.«
    »Das glaube ich kaum«, entgegnete sie und sah ihm hinterher, als er fortging. Danach schlüpfte sie in ihren Regenmantel und lief durch die stillen, nur gelegentlich beleuchteten Flure. Die slawischen Reinemachefrauen in ihren blauen Kitteln zogen mit ihren Wagen von Büro zu Büro. Das Heulen der Staubsauger drang aus verschiedenen Richtungen an Taylors Ohr. Es kam ihr so vor, als würde sie Pulverdampf riechen, als hätte Reece tatsächlich echte Patronen verschossen. Doch als sie an einem der Konferenzräume vorbeiging, wurde ihr klar, dass es sich nur um Zigarrenqualm handelte. Vor Stunden war hier ein Vertrag aufgesetzt worden – oder auch geplatzt. Oder man hatte die Unterzeichnung auf morgen verschoben. Irgendein Klient war jetzt um einiges reicher oder ärmer oder musste bis zum nächsten Tag ausharren.
    Sie drückte auf den Knopf des Fahrstuhls und lehnte den Kopf an die kühle Marmorwand.
    Draußen auf der Wall Street ging es fast so ruhig zu wie in den Räumlichkeiten von Hubbard, White & Willis. An diesem Ort herrschte nur tagsüber Leben und Treiben, am Abend war hier nichts mehr los. Die meisten Fenster der Bürogebäude waren dunkel, und in den Clubs hatten die Barkeeper aufgehört, Getränke zu mixen. Hier und da waren ein paar Taxis und andere Autos auf den Straßen zu sehen. Ein steifer Wind schob dicke Schneewolken über den Hafen.
    Gelegentlich tauchte jemand in einem dunklen Mantel auf, um in ein Taxi zu steigen oder in eine U-Bahn-Station hinunterzueilen. Wohin mochten sie unterwegs sein? Vielleicht zu einem der Clubs, in denen Thom Sebastian zu finden war, oder auf der Suche nach einer besonderen Befriedigung, wie sie Ralph Dudley schätzte, oder einfach nur zur Upper East Side, um sich dort in ihr Apartment zurückzuziehen und ein paar Stunden Schlaf zu bekommen, ehe die Tretmühle morgen von neuem begann?
    Die Polizei war wieder fort und Donald Burdick nach Hause gefahren. Er brauchte dringend Ruhe, denn am nächsten Tag erwartete ihn eine Menge Arbeit. Er würde weitere Gefallen einfordern und sich seinerseits in die Schuld anderer begeben müssen. Taylor vermutete jedoch, dass ihm das keine übermäßigen Kopfschmerzen bereitete und er noch über einen ausreichenden Fundus verfügte.
    Ein Uhr nachts.
    Taylor hielt ein Taxi an und nannte dem Fahrer ihre Adresse. Sie sank auf dem Sitz zusammen und starrte auf die verschmierte
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